Die 27 EU-Mitgliedstaaten haben neue europäische Regeln zur schnelleren Abschiebung illegaler Migranten gefordert. Gesetze sollen überarbeitet werden. Doch das kann dauern.
Die Regierungschefs der 27 EU-Staaten haben sich auf schnellere Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber verständigt. Die EU-Kommission soll die Regeln nun überarbeiten.18.10.2024 | 0:27 min
Die EU-Staaten wollen die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern beschleunigen. Dafür soll die Europäische Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen schnellstmöglich eine Überarbeitung der aktuellen Gesetze vorlegen. Das haben die 27 Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel beschlossen.
"Die Europäische Union ruft auf allen Ebenen zu entschlossenem Handeln auf, um Rückführungen (...) zu erleichtern und zu beschleunigen", hieß es in der am Donnerstag veröffentlichten Gipfelerklärung.
Die Staaten bekräftigten darin ihre Entschlossenheit, die Instrumentalisierung von Einwanderung zu politischen Zwecken zu bekämpfen und die EU-Außengrenzen "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und unter Respektierung des europäischen und internationalen Rechts zu schützen", hieß es weiter.
Die EU-Länder einigten sich auf schnellere Abschiebungen und erschwerte Einreisen für Asylbewerber. Und: Scholz lehnte die "Taurus-Forderung" der Ukraine ab, so Ulf Röller (ZDF).18.10.2024 | 2:34 min
ZDF-Korrespondent: Zeitenwende in EU
Laut ZDF-Korrespondent Ulf Röller heißt das konkret, man wolle schneller abschieben und dafür sorgen, dass Asylbewerber gar nicht mehr nach Europa kommen, "sondern gleich in sogenannte sichere Drittstaaten gebracht werden". Von dort sollen sie dann ihr Verfahren vorantreiben, so Röller.
Italien ist der erste EU-Staat, der Flüchtlinge in Lagern außerhalb der EU unterbringt. Dort sollen ihre Anträge von italienischen Beamten im Schnellverfahren geprüft werden: Wer Anspruch auf Asyl hat, darf weiter nach Italien; wer abgelehnt wird, muss zurück.
In den Beschlüssen des Gipfels sieht Röller demnach eine "Zeitenwende". Der Wille der EU-Staaten sei ganz klar:
Die Praxis der Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der EU, wie sie seit dieser Woche von Italien in Albanien durchgeführt werden, wurde bei den Beratungen kontrovers diskutiert.
Italien hat zum ersten Mal Migranten in Aufnahmelager in Albanien gebracht. Das Abkommen der beiden Länder soll Asylanträge im Schnellverfahren und außerhalb der EU ermöglichen.16.10.2024 | 1:40 min
Polen: Tusk will Asylrecht aussetzen
Die EU-Staaten verständigten sich in Brüssel auch darauf, dass Ausnahmesituationen angemessene Maßnahmen erfordern würden. Man bekundete in dem Zusammenhang Solidarität mit Polen und den Mitgliedstaaten, die sich Herausforderungen bei der Migration stellen würden.
Polens Regierungschef Donald Tusk hatte vor dem Gipfel angekündigt, als Reaktion auf von Russland und Belarus in Richtung EU geschleuste Migranten, vorübergehend das Recht auf Zugang zu Asylverfahren aussetzen zu wollen.
Kommissionspräsidentin Von der Leyen merkte an, dass solche Maßnahmen in den Rechtsrahmen passen würden, wenn sie "vorübergehender Natur" und verhältnismäßig seien.
Die Staats- und Regierungschefs der EU treffen sich heute zu Beratungen über den Ukraine-Krieg, die Krise in Nahost und die Migration, bei der es wenig Einigkeit gibt.17.10.2024 | 2:33 min
Scholz: Außerordentliche Anstrengungen nötig
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte, man könne nicht darüber hinwegsehen, dass an diesen Grenzen schlimme Dinge passierten und deshalb auch außerordentliche Anstrengungen nötig seien. "Und wer der polnischen Regierung abspricht, sich mit dem Problem beschäftigen zu dürfen, der handelt nicht verantwortlich", sagte Scholz in einer Pressekonferenz nach dem Gipfel.
Zugleich schränkte der SPD-Politiker ein, dass man sich in dem rechtlichen Rahmen der Europäischen Union bewegen müsse.
Lässt sich das europäische Asylsystem ändern? Rechtsexpertin Sarah Tacke darüber bei "maybrit illner".17.10.2024 | 1:20 min
Umsetzung der Asylreform wird wohl dauern
Hintergrund der aktuellen Debatte ist, dass die im Frühjahr beschlossene EU-Asylreform von etlichen Mitgliedstaaten als unzureichend angesehen wird. Viele bezweifeln, dass die Pläne die aktuellen Probleme lösen können.
Bei vielen Aspekten zur Eindämmung der irregulären Migration konnten sich die EU-Staaten auch diesmal nicht auf eine gemeinsame Sprache einigen. Bis die Pläne in die Tat umgesetzt werden, dürfte sowieso noch dauern.
So dürfte es schwierig sein, Länder für das Drittstaatensystem zu finden, die im Einklang mit den europäischen Gesetzen stehen. Hinzu kommt, dass die Umsetzung der EU-Asylreform sich wegen der Übergangsfrist noch bis Juni 2026 hinziehen könnte.