Angriffe auf Politiker: So gefährlich kann Wahlkampf sein
Angriffe auf Politiker:So gefährlich kann Wahlkampf sein
von Jan Schneider
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Der Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke ist nur ein Fall in einer langen Reihe von Attacken. Besonders die Grünen und die AfD stehen im Fokus der Angriffe.
Der Wahlkampf für die Europawahl am 9. Juni ist eröffnet. Die Parteien haben ihre Spitzenkandidaten ins Rennen geschickt und buhlen nun um die Aufmerksamkeit und die Gunst der Wahlberechtigten.
Genau das wollte auch der SPD-Politiker Matthias Ecke tun, als er am Freitagabend im Dresdener Stadtteil Striesen Wahlplakate aufhängen wollte. Gegen 22:30 Uhr wird er jedoch von vier Personen auf der Schandauer Straße angegriffen. Eine Augenzeugin berichtet, dass ihm zuerst "scheiß Grüne" zugerufen wurde, dann soll er unvermittelt hart geschlagen und getreten worden sein. Er wurde dabei so schwer verletzt, dass er später im Krankenhaus operiert werden musste.
Wenige Minuten zuvor war auf derselben Straße auch ein Wahlhelfer der Grünen attackiert worden. Aufgrund der übereinstimmenden Personenbeschreibungen und auch der zeitlichen und örtlichen Nähe der Taten geht die Polizei davon aus, dass es sich um dieselben Angreifer wie bei Ecke handelt.
Politisches Engagement birgt Gefahren
Die Angriffe sorgen bei vielen für Entsetzen. Für Sonntagnachmittag sind spontane Solidaritätskundgebungen angekündigt. Die Taten sind aber bei weitem keine Einzelfälle. Alleine in den vergangenen Tagen gab es mehrere Attacken auf Mitglieder unterschiedlicher Parteien.
Am Donnerstag wurden der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kai Gehring und sein Parteikollege Rolf Fliß in Essen nach einer Parteiveranstaltung attackiert. Dabei kam es laut Gehrings Schilderung bei einem "zufälligen und zunächst freundlichen Bürgergespräch" unvermittelt zu Beleidigungen und einer "spontanen körperlichen Attacke".
In Nordhorn in Niedersachsen hat ein Mann einen AfD-Landtagsabgeordneten an einem Wahlkampfstand mit einem Ei abgeworfen und ihn zudem ins Gesicht geschlagen. Auch in Dresden wurde am Samstag ein Stand der AfD angegriffen und beschädigt. Der 54-jährige Betreiber des Info-Standes wurde nicht verletzt.
Die AfD hat kürzlich bei der Bundesregierung nachgefragt, wie viele Angriffe auf Politiker dort gezählt wurden - nicht speziell zu Kommunalpolitiker*innen, sondern gemünzt auf alle politischen Ebenen. Dabei fällt auf: Waren noch 2019 vor allem Vertreter*innen der AfD Ziel von Anfeindungen, verlagerte sich der Hass 2023 vermehrt auf die Grünen. Für die AfD wurden 2023 nach vorläufigen Zahlen bundesweit 478 Fälle aktenkundig, für die Grünen 1.219. Insgesamt sind die registrierten Straftaten seit 2019 für alle Parteien zusammen gestiegen - von 2.267 in 2019 auf 2.790 in 2023.
Nicht jeder dieser Fälle war eine körperliche Attacke auf einen Menschen. In der Aufzählung sind auch Sachbeschädigungen, Angriffe etwa auf Parteizentralen- oder Büros oder Beleidigungen eingeschlossen.
Die meisten Gewaltdelikte gab es in jedem Jahr gegen die AfD.
Mehr Angriffe in Zeiten des Wahlkampfs
Man sehe bei Angriffen dieser Art durchaus "Wellenbewegungen", berichtet der Extremismusforscher David Begrich von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus des Miteinander e.V. in Magdeburg . "Immer in Wahlkämpfen nehmen diese Angriffe zu." Besorgniserregend sei aber, dass die Gewaltbereitschaft zunimmt.
Also verbale Entgleisungen oder rethorische Zuspitzungen, das hat es immer gegeben, aber was uns wirklich Sorgen bereitet, ist diese zunehmende Gewaltbereitschaft.
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David Begrich, Extremismusforscher
Was ist über die Täter bekannt?
Die Polizei bzw. der Staatsschutz unterscheidet bei der Ermittlung zu den Angriffen nach verschiedenen Motivlagen: "Ausländische Ideologie", "Links", "Rechts", "Religiöse Ideologie" oder "Sonstige Zuordnung". Die meisten Fälle in 2023 fallen in die letzte Kategorie. Angriffe auf die AfD werden größtenteils Tätern aus dem linken Spektrum zugeordnet, knapp die Hälfte der Attacken gegen Grüne werden rechten Tätern zugesprochen.
Im Fall von Matthias Ecke hat sich am Sonntagmorgen ein 17-Jähriger bei der Polizei gestellt und zu dem Angriff bekannt. Sachsens Innenminister führte das auf den hohen "Ermittlungsdruck des Landeskriminalamtes" zurück und appellierte auch an die anderen Täter, sich zu stellen.
Post des Innenministeriums Sachsen auf X
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Die SPD-Bundestagsabgeordnete Rasha Nasr aus Dresden wird vermehrt angefeindet, bedroht und angegriffen. Deshalb hat sie einen Selbstverteidigungskurs gebucht - für sich und ihre Mitarbeiter.02.11.2023 | 4:09 min
Druck auf Amts- und Mandatsträger allgemein hoch
Wie groß der Druck allgemein auf Politiker und Politikerinnen ist, hat im letzten Herbst das Bundeskriminalamt in Zusammenarbeit mit dem Städtetag, dem Landkreistag und dem Städte- und Gemeindebund mit der motra-Erhebung (Kommunales Monitoring) abgefragt:
Demnach erlebten 38 Prozent der Amts- und Mandatsträger wie zum Beispiel Landräte oder Bürgermeister vermehrt Anfeindungen und Angriffe. Konkret bestanden die Anfeindungen hauptsächlich in Beleidigungen, Verleumdungen, Bedrohungen und Diskriminierungen. In zwei Prozent der Fälle berichteten die Amtsträger von körperlichen Angriffen.
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