Chefposten am OVG Münster: Druck auf Justizminister steigt

    Chefposten am OVG Münster:Richter gegen Minister: "Justiz-Krimi" in NRW

    von Ralph Goldmann, Düsseldorf
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    Im U-Ausschuss um die Besetzung des Chefpostens am OVG Münster setzt eine eidesstattliche Erklärung den Justizminister unter Druck. Die SPD-Obfrau spricht von einem "Justiz-Krimi".

    Benjamin Limbach
    Das Oberverwaltungsgericht in Münster ist seit dreieinhalb Jahren führungslos. NRW-Justizminister Benjamin Limbach gerät in dem Fall zunehmend unter Druck.
    Quelle: dpa

    Es ist die letzte Instanz in Verwaltungssachen in Nordrhein-Westfalen und seit dreieinhalb Jahren führungslos: das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster, das sich zuletzt mit einem Verfahren rund um die AfD und den Verfassungsschutz beschäftigen musste.
    Ein Überblick über den Gerichtssaal des Oberverwaltungsgerichtes NRW, welches darüber entscheidet ob die AfD als extremistischer Verdachstfall eingestuft werden darf.
    Vor dem OVG Münster wird verhandelt, ob die AfD und ihre Jugendorganisation als Verdachtsfälle geführt werden dürfen. Zuvor hatte die Partei gegen ein Urteil Berufung eingelegt.12.03.2024 | 1:40 min
    Geleitet wird das Gericht derzeit von Vizepräsident Sebastian Beimesche, der die Vakanz schon im März 2023 in scharfer Form kritisierte: "Dass das Spitzenamt in der nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichtsbarkeit … unbesetzt ist, stößt deshalb auf wachsendes Unverständnis und führt hier wie auch in der interessierten Öffentlichkeit zu Fragen, die andernorts beantwortet werden müssen."

    Besetzung von OVG-Leitung: Welche Rolle spielte Justizminister Limbach?

    Das zielte auf seinen Dienstherren Benjamin Limbach. Der 55-jährige Ex-SPDler und jetzige Grüne ist Justizminister im schwarz-grünen Kabinett von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und zentrale Figur in einem Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags. Der Ausschuss soll klären, welche Rolle Limbach im Verfahren um die Besetzung des obersten OVG-Postens spielte.

    Minister Limbach unter Druck
    :Vetternwirtschaft in NRW?

    Seit drei Jahren ist der Chefposten des Oberverwaltungsgerichts in Münster unbesetzt. Die Opposition wirft der Landesregierung "Mauscheleien" vor und fordert Aufklärung.
    von Ralph Goldmann
    Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
    mit Video
    Der Minister muss sich gegen Vorwürfe wehren, er habe "seiner" Bewerberin nicht aus fachlichen, sondern aus persönlichen Gründen den Vorzug geben wollen. Ein Bewerber, immerhin derzeit Richter am Bundesverwaltungsgericht, hatte im Besetzungsverfahren das Nachsehen und wehrt sich vor Gericht. Ob alles mit rechten Dingen zuging, muss jetzt ausgerechnet genau das Gericht entscheiden, um dessen Chefposten es gerade geht.

    Eidesstattliche Erklärung von Richter: Limbachs Aussagen "unwahr"

    Limbach hatte immer wieder betont, es gebe "kein Näheverhältnis" mit der von ihm favorisierten Bewerberin. Er sei in zehn Jahren vielleicht dreimal mit ihr essen gewesen: "Es gab keine politische Einflussnahme auf das Besetzungsverfahren." Das Verfahren sei "fair, transparent und offen" geführt worden, so Limbach. Doch im Ausschuss gerät Limbach jetzt immer mehr in Bedrängnis. Das ZDF konnte zwei eidesstattliche Versicherungen einsehen - eine des Ministers und eine weitere des unterlegenen Kandidaten.
    Letzterer bezeichnet darin zentrale Aussagen des Ministers als "unwahr". So hätte Limbach ihn aufgefordert, seine Bewerbung zurückzuziehen. Limbach stellt das Gespräch ganz anders dar. Es steht Aussage gegen Aussage. Außerdem versichert der Bundesverwaltungsrichter an Eides statt, der Minister habe ihm gegenüber schon sehr früh eine andere Bewerberin, eine alte Bekannte des Ministers, zur Favoritin erklärt, obwohl da noch nicht einmal die Beurteilung ihrer bisherigen Dienststelle vorlag. Limbach bestreitet das. Falsche eidesstattliche Erklärungen werden mit Geld- oder Freiheitsstrafen geahndet.
    SGS-Jeske
    Weil der Verfassungsschutz die AfD als Verdachtsfall überwachen darf, hat die AfD gegen das Urteil Berufung eingelegt. Jetzt prüft das Oberverwaltungsgericht Münster, ob das rechtens ist.12.03.2024 | 2:10 min

    Untersuchungsausschuss: FDP-Obmann sieht mögliches Verschleiern

    Die Opposition im Düsseldorfer Landtag wittert Vetternwirtschaft. Die Obfrau der SPD im Untersuchungsausschuss, Nadja Lüders, sagt: "Der Manipulationsverdacht weitet sich immer mehr zu einem Justiz-Krimi aus. Bei zwei sich widersprechenden eidesstattlichen Versicherungen ist die Frage: Welche stimmt?" Ein Sprecher des Ministeriums teilte auf ZDF-Anfrage mit: "Ich bitte um Verständnis, dass wir zu laufenden Gerichtsverfahren und verfahrensinternen Dokumenten keine Stellungnahme abgeben können."
    Um der Sache auf den Grund zu gehen, fordern SPD und FDP, die private Kommunikation aller Beteiligten genauer unter die Lupe zu nehmen. Zeugenbefragungen im Ausschuss hätten Anhaltspunkte für die Nutzung privater Kanäle ergeben. Werner Pfeil, Obmann der FDP, wirft dem Minister mangelnde Transparenz und mögliches Verschleiern von "Geheimkommunikation" vor: "Der Verdacht drängt sich auf, dass illegitime Absprachen getroffen wurden, die niemals ans Licht kommen sollten."
    Ein wichtiger Mann und ein Freund
    Etwas an Freunde oder Familie weitergeben, ist nicht immer so schlau. Wir erklären euch, wann Freunde und Familie zu einem Problem werden können.18.05.2023 | 1:28 min

    Koalitionspartner CDU: Limbach soll Offenlegung privater Kommunikation prüfen

    Ein Sprecher des Ministeriums betonte auf Nachfrage, dem Ausschuss seien bereits 50 Aktenordner Unterlagen übergeben worden. Die E-Mails, die über private Accounts versendet worden sind, seien "Ausnahmefälle" während eines Urlaubs bzw. einer Dienstreise gewesen. Der Inhalt einer Nachricht in einem privaten Messengerdienst sei vorgelegt worden: "Die Unterstellungen von Mitgliedern des Untersuchungsausschusses, relevante Unterlagen seien vorenthalten worden, sind auch hier unbegründet."
    Dem Ausschussvorsitzenden Klaus Voussem vom großen Koalitionspartner CDU reicht das offenbar nicht aus. Entscheidend sei, ob Inhalte der privaten Kommunikation für den Ausschuss relevant seien: "Hiervon ist dem Anschein nach auszugehen." Er hat Limbach um Prüfung gebeten, ob eine Nachlieferung erfolgen kann. Eine Antwort steht noch aus. Für den 5. November ist die nächste Ausschuss-Sitzung geplant. Wann Minister Limbach befragt werden soll, ist noch offen.
    Eine modellhafte Nachbildung der Justitia. Archivbild
    Etwa eine Million Strafverfahren sind in Deutschland unerledigt, im Staatsdienst fehlen rund 2.000 Juristen und bei der Polizei 50.000 Beamte.24.09.2024 | 10:09 min

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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