"Lust zu kämpfen": Linke beschließt auf Parteitag Erneuerung
Parteitag beschließt Kampagne:"Lust zu kämpfen": Linke plant Erneuerung
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Es liegen stürmische Wochen hinter der Linken. Doch die Partei gibt sich entschlossen und will sich erneuern. Man habe "Lust zu kämpfen", sagt Parteichef Schirdewan im ZDF.
Nach der Abspaltung der Parteiströmung um Sahra Wagenknecht will die Linke mit einer Kampagne zur Erneuerung der Partei Wähler zurückgewinnen. Die Initiative "Eine Linke für alle" wurde von den Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan auf dem Bundesparteitag in Augsburg gestartet.
"Die Partei hat Lust zu kämpfen und wir haben auch Lust, unsere politische Aufgabe und unsere politische Rolle in der Gesellschaft wieder besser auszufüllen als es uns mit diesem Dauerkonflikt gelungen ist", sagte Schirdewan dem ZDF.
"An diesem Wochenende schlagen wir ein neues Kapitel auf", ergänzte Parteichefin Wissler. Mit der Kampagne sollen die langwierigen internen Streitigkeiten, die mit dem Austritt der zehn Bundestagsabgeordneten um Wagenknecht ihren Höhepunkt fand, beendet und aufgearbeitet werden. "Die Konflikte in den letzten Jahren haben uns zunehmend gelähmt und waren nicht mehr aufzulösen", sagte die Parteichefin.
Wissler: Linke wieder stark machen
Doch die Probleme seien nicht einfach gelöst, weil ein Streit nun beendet worden sei. Strukturelle und strategische Aufgaben seien liegen geblieben. Es gehe darum, die Linke wieder stark zu machen und sie zur Opposition der Ampel-Regierung in Berlin zu machen, sagte Wissler.
Wagenknecht und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer waren am 23. Oktober aus der Linken ausgetreten, um eine Konkurrenzpartei zu gründen. Die Linke verweist darauf, dass seitdem mehr als 700 Menschen neu in die Partei eingetreten seien. Dies sei "ein ermutigendes Signal".
Bartsch: Auflösung der Fraktion "dramatisch"
Zuvor hatte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch die zum 6. Dezember beschlossene Auflösung der Bundestagsfraktion auf dem Parteitag als "dramatisch" bezeichnet. Die Verantwortung trügen "die neun Abgeordneten, die in der zehnten eine politische Heilsbringerin sehen", fügte er mit Blick auf Sahra Wagenknecht und deren Gefolgsleute hinzu. Bartsch sagte zugleich:
Er warf den Abtrünnigen vor, sie hätten nicht das "Rückgrat" gehabt, auf Parteitagen für Mehrheiten zu kämpfen.
Linken fordern Abschaffung der Schuldenbremse im Grundgesetz
Die Delegierten einigten sich bei dem Parteitag außerdem darauf, künftig eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde sowie einen automatischen Inflationsausgleich zu fordern. Bisher vertrat die Linke eine Zielmarke von 14 Euro, wie sie auch SPD und Grüne wollen.
Außerdem forderte die Linke erneut die Abschaffung der Schuldenbremse im Grundgesetz. Ein entsprechender Antrag wurde in Augsburg angenommen. Die Linke will hingegen Vermögen besteuern, um die Einnahmesituation des Staates zu verbessern. "Unser Konzept der Vermögensteuer umfasst ein Prozent für Vermögen oberhalb von einer Million Netto-Vermögen mit progressivem Verlauf für die Superreichen", heißt es in dem Papier.
Zwischenfall bei Wahl zum Spitzenkandidaten für Europawahl
Ganz geräuschlos ging der Parteitag dann aber doch nicht zu Ende. Bei der Wahl von Schirdewan zum Spitzenkandidaten für die Europawahl kam es zum Eklat. Bevor Schirdewan mit knapp 86,9 Prozent der Stimmen gewählt wurde, sorgte sein Gegenkandidat um Platz eins der Kandidatenliste, Bijan Tavassoli, für einen Tumult.
Tavassoli nutzte seine Bewerbungsrede für eine Beschimpfung der Partei und eine Lobrede auf Wagenknecht. Zum Abschluss seiner Rede erklärte Tavassoli selbst ebenfalls seinen Parteiaustritt. Zeitweise war unklar, ob er trotzdem kandidieren darf.
Schließlich erreichte Tavassoli im Wahlgang gegen Schirdewan etwa 2 Prozent der Stimmen. Er wurde gebeten, von der Bühne zu gehen und wurde schließlich von Sicherheitsleuten aus dem Saal geleitet. Schirdewan sprach von einem "unschönen Zwischenfall".
Schirdewan und Rackete Spitzenduo für Europawahl
Neben Schirdewan geht die Linke auch mit der parteilosen Flüchtlings- und Klimaaktivistin Carola Rackete in den Europawahlkampf. Rackete wurde von den rund 440 Delegierten mit 77,8 Prozent Zustimmung auf den zweiten Platz der Europawahlliste gewählt.