Stegner bei "Lanz": Diskutieren wie Papst über Zölibat

    "Lanz"-Talk über Schuldenbremse:Stegner: Diskutieren wie Papst über Zölibat

    von Felix Rappsilber
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    Mehr Inhalte statt Gezänk fordert FDP-Politiker Dürr – und verhakt sich doch mit Ralf Stegner (SPD). Ökonomin Malmendier plädiert für Mindestquoten bei staatlichen Investitionen.

    Ralf Stegner zu Gast bei "Markus Lanz".
    Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 13. November 2024 in voller Länge.13.11.2024 | 76:09 min
    Was am Vormittag im Bundestag begonnen hatte, sollte sich am Mittwochabend bei "Markus Lanz" fortsetzen. Nach der Regierungserklärung des Bundeskanzlers im Parlament äußerte FDP-Fraktionschef Christian Dürr abends im TV-Studio eine kleine Stilkritik. Vielen Rednern sei es "zu wenig um die Sache" gegangen:

    Wir haben in den letzten Tagen sehr viel [...] über Verhalten gestritten und uns Vorwürfe gegenseitig angehört. Dazu haben die Menschen im Wahlkampf weniger Lust. Die wollen wissen: Was sind die Konzepte der Parteien?

    Christian Dürr, FDP-Fraktionschef

    Die anschließenden Wortgefechte zwischen Ralf Stegner (SPD) und Christian Dürr standen dann im offenen Widerspruch zum selbstgesetzten Anspruch: Sie fielen sich gegenseitig ins Wort. Sie wurden laut. Sie lagen durchgehend über Kreuz.
    German Chancellor Olaf Scholz attends a session on November 13, 2024 at the Bundestag
    Der Bundeskanzler hat eine Regierungserklärung abgegeben. Es folgte eine Bundestagsdebatte, voller Angriffe und Schuldzuweisungen – ein Vorgeschmack auf den kommenden Wahlkampf?13.11.2024 | 2:56 min

    Schwarzer-Peter-Spiel unter Ex-Koalitionären

    Mit Blick auf das vergangene Ampel-Jahr schob Stegner seinem ehemaligen Koalitionspartner den Schwarzen Peter zu:

    Ich habe fast jeden Tag, jeden Morgen den Generalsekretär der FDP gehört: 'Eigentlich würden wir lieber in einer anderen Konstellation regieren [...].'

    Ralf Stegner, SPD-Politiker

    Dürr konterte, dass die heutige Debattenlage eine ganz andere wäre, "wenn der Bundeskanzler gesagt hätte: 'Diese Regierung ist zu Ende gegangen, weil sie in der Wirtschafts- und Finanzpolitik sehr unterschiedliche Auffassungen haben [...].'" Die stattdessen gefallenen Vorwürfe in Richtung FDP bezeichnete Dürr als "bemerkenswert".
    SGS/ Ines Tram/Berlin/ 13.11.2024
    Olaf Scholz hat in seiner Regierungserklärung im Bundestag das Ampel-Aus erneut verteidigt. Wie seine Erklärung angekommen ist, berichtet ZDF-Korrespondentin Ines Trams. 13.11.2024 | 1:56 min

    Dürr-Vorwurf: SPD nimmt Ukraine als Alibi

    Beim Thema Ukraine-Hilfen fiel er dann - der Spaltbegriff der Koalition: Schuldenbremse. Wenige Stunden vor dem Ampel-Aus hatte Bundeskanzler Olaf Scholz von Bundesfinanzminister Christian Lindner ultimativ verlangt, die im Grundgesetz verankerte Regelung auszusetzen.
    Lindner sollte einen "Überschreitungsbeschluss" mittragen. Dürr warf der SPD vor:

    Man kann nicht, um die Schuldenbremse zu brechen, die Ukraine quasi als Alibi nehmen.

    Christian Dürr, FDP-Fraktionschef

    Für das kommende Jahr habe Scholz der Ukraine drei zusätzliche Milliarden bereitstellen wollen. Dafür, so Dürr, habe der Bundeskanzler die Überschreitung der Schuldenbremse um 15 Milliarden Euro gefordert. Die restlichen 12 Milliarden "sollten für konsumtive Ausgaben, die die SPD gerne gehabt hätte, reserviert werden".
    sgs neuhann hayali
    Das Gremium empfiehlt eine Anpassung der Schuldenbremse. "Wenn diese Reform bereits in Kraft gewesen wäre, hätte sich die Ampel auf einen Haushalt einigen können", so Neuhann.13.11.2024 | 1:43 min

    Stegner: FDP hat Vereinbarungen aufgekündigt

    Stegner dementierte. Die SPD habe die Einhaltung des Koalitionsvertrages gefordert:

    Es war die FDP, die immer wieder Dinge, die wir vereinbart haben, in Frage gestellt hat, die Dinge, auf die wir uns geeinigt haben, nicht mehr gelten lassen wollte.

    Ralf Stegner, SPD-Politiker

    Er warf der FDP vor, Vereinbarungen zur Tariftreue, zur Mietpreisbremse und zur Rente aufgekündigt zu haben. "Bitte bei den Fakten bleiben, Herr Stegner!", mahnte Dürr. Die Forderung der SPD wäre "unter Umständen ein Bruch der Schuldenbremse" gewesen.
    Die Schuldenbremse sei nicht gleichbedeutend mit Einsparungen, so Finanzminister Lindner. Man müsse allerdings priorisieren: "Wir entscheiden also: Was ist wirklich erforderlich?"
    Die Schuldenbremse sei nicht gleichbedeutend mit Einsparungen, so Finanzminister Lindner. Man müsse allerdings priorisieren: "Wir entscheiden also: Was ist wirklich erforderlich?"05.09.2023 | 5:41 min

    Wirtschaftsweise: Schuldenbremse nicht smart designt

    Dürrs Forderung nach konkreten Inhalten schien angesichts dieser hitzigen Kontroverse zwischen beiden Politikern dann nur Ulrike Malmendier nachzukommen. Die Wirtschaftsweise kritisierte das "nicht so smarte Design der Schuldenbremse". Diese löse zwar das "politökonomische Problem" der "Gegenwartspräferenz":

    Man wird immer einen sehr guten Grund finden, wofür man jetzt vielleicht noch ein bisschen mehr Kredit aufnehmen könnte.

    Ulrike Malmendier, Wirtschaftsweise

    Dennoch könne man "fiskalische Spielräume schaffen". Daraus ergebe sich die Frage: "Wird das ausgegeben, um Löcher zu stopfen, um Begehrlichkeiten der eigenen Klientel zu füllen? [...] Oder wird es in diese langfristigen Infrastrukturausgaben, für Bildung, für Verteidigung, für Verkehr ausgegeben?"
    100-Euro-Banknoten
    Reizthema Schuldenbremse - ein Pro & Contra: Die Schuldenbremse verhindere eine zukunftsorientierte Politik, sagt Ökonom Sebastian Dullien. Das sieht Ifo-Präsident Clemens Fuest anders.14.08.2024 | 3:26 min
    Malmendier forderte eine "Kurzsichtigkeitsbremse", die festschreibe, dass langfristige Projekte "nicht immer hintenangestellt werden" - beispielsweise durch Mindestquoten in Bildung und Verteidigung. Ralf Stegner pflichtete bei:

    Wir diskutieren über die Schuldenbremse wie der Papst über das Zölibat.

    Ralf Stegner, SPD-Politiker

    "Was haben wir davon, wenn wir den Kindern und Enkeln keine Geldschulden vermachen, aber marode Infrastruktur, schlechte Bildung, mangelnde Digitalisierung?"
    Die Ampel-Koalition ist Geschichte, am 23. Februar soll ein neuer Bundestag gewählt werden. Alle Entwicklungen im Liveblog.

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