Schülerin bei "Lanz": "Demokratie in Schule nicht gelebt"

    Schülervertreterin bei "Lanz":"Großer Missstand in Demokratiebildung"

    von Michael C. Starke
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    Für Schülervertreterin Maja Zaubitzer versagen die Parteien der Mitte dabei, die Jugend für sich zu gewinnen. Die AfD sieht sie dabei klar im Vorteil - auch durch TikTok.

    Markus Lanz vom 10. Oktober 2024: Markus Lanz, Katharina Dröge, Philip Amthor, Maja Zaubitzer und Michael Bröcker
    Sehen Sie hier die Sendung Markus Lanz vom 10. Oktober 2024.10.10.2024 | 75:33 min
    Gut eine halbe Stunde lief die Diskussion am Donnerstagabend bei "Markus Lanz", als Maja Zaubitzer erstmals zu Wort kam. Die 16-jährige Schülervertreterin aus Thüringen stellte dem, was sie bis dahin gehört hatte, ein eher vernichtendes Urteil aus:

    Was wir hier sehen, ist typische Politik. Wir sehen, dass die Parteien sich gegenseitig die Schuld zuweisen.

    Maja Zaubitzer, stellvertretende Vorsitzende der Landesschülervertretung Thüringen

    16-Jährige geht hart mit Politik ins Gericht

    Die Weimarerin holte noch weiter aus, womit ihre Generation hadert: "Wenn immer nur über theoretische Sachen geschwafelt wird, wenn darüber geredet wird, dass Migration viel zu viel ist und dass Asyl nicht mehr gehändelt werden kann - und dass, obwohl Asyl und Migration zwei ganz unterschiedliche Themen sind."
    Alles Sätze, die Katharina Dröge (Grüne) und Philipp Amthor (CDU) sicher nicht gefallen konnten. Vor Zaubitzers Einwurf standen nämlich genau diese Themen im Fokus der beiden Politiker.
    Ein Polizist stoppt an der deutsch-polnischen Grenze einen Wagen.
    Bei der Migration sind Ampel und Union zu Getriebenen geworden - von der AfD, aber auch von Attentaten wie dem in Solingen. Schnelle Lösungen sind gefragt, aber schwer umsetzbar.15.09.2024 | 4:03 min

    Dröge und Amthor über Kreuz

    Während CSU-Chef Markus Söder im Bund eine mögliche künftige schwarz-grüne Koalition für "ein No-Go" hält, zeigte der Austausch zwischen Dröge und Amthor auch, dass beide Parteien nicht nur persönliche Hürden überwinden müssen - auch inhaltlich scheint es einige Gräben zu geben.
    Danach gefragt, was ihre Partei nach dem angekündigten Rückzug des Parteivorstandes nun anders macht, entgegnete die Fraktionsvorsitzende im Bundestag: "Wir müssen mehr in den Angriff."

    Dröge: Grüne brauchen mehr Klarheit

    Auch brauche es mehr Klarheit bei bestimmten Themen, zum Beispiel bei innerer Sicherheit. Dazu Dröge: "Wir müssen diejenigen sein, die die anderen treiben mit unseren Vorschlägen."
    Was die Asyl- und Migrationspolitik der Grünen innerhalb der Ampel-Koalition angeht, zeigte sich Dröge selbstkritisch:

    Ein Thema, wo wir manchmal sehr defensiv darauf reagiert haben und ein bisschen sprachlos waren.

    Katharina Dröge, Grünen-Politikerin

    sgs faas
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    Amthor: Union hält Sicherheit auf Agenda

    Dröges Ausführungen quittierte CDU-Mann Amthor spöttisch: "Bei den Grünen ist richtig viel durcheinander." Der 31-Jährige warf Dröges Partei vor, eher auf große Ankündigen zu setzen - statt zu handeln.
    Mit Verweis auf das Sicherheitspaket der Ampel, sagte Amthor: "Es wird Woche um Woche vertagt. Wenn wir als Union das nicht jede Woche zum Thema machen würden, würden wir darüber gar nicht diskutieren."
    Kann sich Amthor ein Bündnis mit den Grünen vorstellen? Seine Replik:

    Schwarz-Grün, Schwarz-Rot, beide Optionen lösen wenig Freude aus.

    Philipp Amthor, CDU-Politiker

    Dröge: Grüne offen für Optionen

    Eine Liebesheirat wäre die Union auch für die Grünen nicht, trotzdem zeigte Dröge sich gesprächsbereit: "Wir haben die Haltung, dass man nach der Bundestagswahl mit jeder demokratischen Partei reden können muss." Allerdings hinge das auch von Inhalten ab.
    In Richtung von CDU-Chef Friedrich Merz sagte die Grünen-Politikerin: "Er interessiert sich im Kern gerade überhaupt nicht dafür, funktionierende Vorschläge zu machen." Merz' Vorschlag wäre "ein Verstoß gegen unser Grundgesetz, gegen europäisches Recht, gegen Völkerrecht."
    Rückansicht einer jungen Frau beim Ausfüllen eines Wahlzettels, in einem Klassenzimmer
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    "Großer Missstand in Demokratiebildung"

    Aber zurück zu Maja Zaubitzer. Denn die Delegierte in der Bundesschülerkonferenz vermisste in der Talkrunde genau diese konkreten Ideen und Lösungen, mit denen man die Jugend erreichen will.
    Zaubitzer betonte aber, dass sich die Sorgen der Jugend nicht allzu sehr von denen Erwachsener abheben würden:

    Das sind Zukunftsängste. (…) Wir reden hier über Wohnraum. (…) Wir reden darüber, dass Jugendliche Angst haben, dass sie sich gegebenenfalls ihre Wohnung nicht leisten können, keinen Job mehr haben und dass ihre Oma und Opa eine schlechte Rente haben.

    Maja Zaubitzer, stellvertretende Vorsitzende der Landesschülervertretung Thüringen

    Allerdings monierte die 16-jährige Schülerin auch eine fehlende Demokratiebildung: "Wir haben in Thüringen eine Stunde Sozialkunde in der neunten Klasse. Das Ganze sollte zum Teil sogar gestrichen werden." Woran es an Schulen ihr zufolge vor allem fehle: an gelebter Selbstwirksamkeit.
    Rechtsextrem tiktok
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    AfD-Dominanz auf TikTok

    Insbesondere TikTok hielt Zaubitzer für einen der wichtigsten Faktoren, um Wahlerfolge der AfD bei jungen Wählern zu erklären. Auf der Social-Media-Plattform habe die Partei "die dreifache Reichweite wie alle anderen Bundestagsfraktionen".
    Zudem sei die AfD im Vorteil, weil die Partei "populistische Antworten auf sehr komplexe Fragen" parat habe - und diese würden aufgrund "einer fluiden Denkweise" auch bei der Jugend verfangen.
    Wenig abgewinnen konnte Zaubitzer hingegen den Versuchen anderer Parteien, jetzt ebenfalls auf TikTok Fuß zu fassen und Boden gegenüber der AfD gut zu machen. Ihre Diagnose: "Das ist nichts, was die Jugendlichen fesselt." Das ging auch an die Adresse von Philip Amthor, der in Zaubitzers Augen mit "Aktentaschen-Videos" und Berichten aus dem Politikeralltag eher dazu beitrage, "dass Politikverdrossenheit größer" werde.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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