Nach Wahlerfolgen: Die AfD - isoliert hinter der Brandmauer
Nach Wahlerfolgen im Osten:Die AfD - isoliert hinter der Brandmauer
von Nicole Diekmann
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Um die 30 Prozent holte die AfD bei den Landtagswahlen im Osten. Trotz der Wahlerfolge wird die Partei wohl an keiner Regierung beteiligt sein. Ist das undemokratisch?
Die AfD-Spitze Alice Weidel und Tino Chrupalla
Quelle: dpa
In Thüringen stärkste Kraft, in Sachsen und Brandenburg zweitstärkste Kraft. Die AfD hat bei den Landtagswahlen im Osten extrem erfolgreich abgeschnitten. Gleichzeitig aber gilt die Partei in Thüringen sowie in Sachsen als gesichert rechtsextrem und in Brandenburg als rechtsextremer Verdachtsfall. Und ist deshalb extrem isoliert: keine Regierungsbeteiligung, nirgends. Bereits im Wahlkampf machten alle anderen Parteien klar, dass sie keine Koalition mit der AfD eingehen. Die berühmte Brandmauer.
Die sei undemokratisch, behauptet die AfD immer wieder, allen voran Co-Parteichefin Alice Weidel. In Thüringen habe "der Wähler ganz klar entschieden, und der möchte eine Regierungsbeteiligung der AfD", sagte Weidel im ZDF nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen Anfang September.
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Korte: Brandmauer gegen AfD nicht undemokratisch
Eine Behauptung, die sich schwer halten lässt, sagt Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte:
Korte weiter: "Die Mehrheitsregeln sind ein hohes demokratisches Gut, und wer sich diese Mehrheit organisiert, macht das im Sinne der Verfahren einer Demokratie und nicht derjenige, der zufällig - berechtigt oder unberechtigt, wie auch immer - die stärkste Fraktion stellt. Das ist also in all den Jahrzehnten in Landtagen und im Bundestag der Fall gewesen."
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Kretschmers ungewöhnliche Wahlempfehlung
Auch die tatsächlich ungewöhnliche Wahlempfehlung des sächsischen Ministerpräsidenten vor der Landtagswahl in Brandenburg stieß auf große Kritik bei der AfD: Michael Kretschmer sprach sich nicht etwa für seinen Parteifreund, den sächsischen CDU-Spitzenkandidaten Jan Redmann aus - sondern warb für den SPD-Kandidaten, für Ministerpräsident Dietmar Woidke.
Der wiederum alles auf eine Karte setzte und für den Fall, dass er hinter der AfD landen würde, seinen Rücktritt ankündigte - oder vielmehr androhte. So zumindest seine Intention für die All-in-Strategie. Sie ging auf, die SPD landete knapp vor der AfD.
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Nur ein Pyrrhus-Sieg in Brandenburg?
Sieg für die SPD also, für die demokratischen Parteien? Oder ist das lediglich ein Pyrrhus-Sieg - also nur ein kurzfristiger Erfolg? Einer, der die AfD zwar erstmal weiter fernhält von jeglicher Regierungsverantwortung, langfristig bei den Wählern aber so schlecht ankommt, dass sie sich in noch höherer Zahl der AfD zuwenden?
Karl-Rudolf Korte will sich in dieser Frage noch nicht festlegen: "Abwehr-Koalitionen sind nicht nur legitim, sondern sie sind Teil auch einer wehrhaften Demokratie. Insofern sehe ich sie als einen Versuch der Eindämmung des Extremismus. Und wir werden sehen, ob das erfolgreich ist. Ob das das Populistische klein hält oder am Ende größer macht. Es gibt keinen empirischen Beleg, dass es funktioniert. Aber auch nicht den gegenteiligen."
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Korte: AfD keine demokratische Partei
Einen Punkt aber bezeichnet Korte im Umgang mit der AfD als demokratietheoretisch schwierig: Nämlich Verfassungsänderungen wie in Thüringen angedacht, dann aber doch verworfen, um Szenarios wie das vergangene Woche eingetretene zu verhindern:
"Die zunehmende Konstitutionalisierung der Politik im Vorgriff ist eben nicht nur Abwehr im Sinne von wehrhafter Demokratie, sondern sie ist auch problematisch, weil sie Mehrheitswillen am Ende einschränken kann und damit Parlamentarier in ihren Freiheitsrechten."
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Es gebe andere Mittel, die Wähler fernzuhalten von extremistischen Parteien, wie etwa von der AfD, denn diese sei "keine demokratische Partei. Weil sie eben das demokratische System verändern möchte. Im Kern."
Die AfD wirkt momentan geeint. Interne Papiere, dem ZDF exklusiv vorliegend, zeichnen aber ein anderes Bild: das einer Partei, in der man nach wie vor massiv gegeneinander vorgeht.