Klinikreform: Kliniken warnen vor Leistungseinschränkungen
Vor Krankenhausgipfel:Kliniken warnen vor Leistungseinschränkungen
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Kurz vor dem Krankenhausgipfel warnen Kliniken angesichts wachsender Milliardendefizite vor Einschränkungen in der Patientenversorgung. Die Lage sei ernst, sagt DKG-Chef Gaß.
Bei dem Treffen der Deutschen Krankenhausgesellschaft gibt es Kritik an Lauterbachs Krankenhausreform. In NRW wird das zentrale Element, die Spezialisierung, schon angewendet.09.09.2024 | 1:39 min
Angesichts steigender Kosten und wachsender Defizite warnen die Kliniken vor Einschränkungen in der Patientenversorgung. "Die finanzielle Lage der deutschen Kliniken ist so ernst wie noch nie", sagte der Vorstandschef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, der "Augsburger Allgemeinen" vor einer Veranstaltung zur Klinikreform in Berlin.
Auf dem Krankenhausgipfel 2024 der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) soll an diesem Montag in Berlin insbesondere über die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) diskutiert werden. Der Minister wird am Nachmittag als Redner erwartet. Die Reform war im Mai vom Bundeskabinett beschlossen worden und wird nun vom Bundestag beraten.
DKG erwartet Defizit von sechs Milliarden Euro
Der Chef des Krankenhausträgerverbands rief Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dazu auf, die Vergütungen der Krankenkassen an die gestiegene Inflation und Lohnerhöhungen anzupassen. "Seit den Jahren 2022 und 2023 laufen den Kliniken die Kosten davon", erklärte Gaß. "Ohne einen Ausgleich für diese Inflationsfolgen sind immer mehr Häuser in ihrer Existenz bedroht."
Seit Monaten wird hart um Neuerungen im Klinikwesen gerungen, vor allem in Bezug auf Finanzierung und Qualitätsstandards. Die geplante Reform ist stark umstritten.17.04.2024 | 2:46 min
Die DKG erwartet im laufenden Jahr ein Defizit der Kliniken von insgesamt sechs Milliarden Euro. Sollte die Vergütung der Krankenhäuser nicht verbessert werden, drohen nach Einschätzung von Gaß Einschränkungen in der Patientenversorgung. So könnten Wartelisten für planbare Operationen eingeführt werden.
Die von der Ampel-Koalition geplante Krankenhausreform bringe keine echte Verbesserung. Gaß forderte die Länder auf, das Gesetz im Bundesrat zu blockieren und dann in einem Vermittlungsverfahren grundlegend zu verbessern.
Patientenschützer: Kein Geld für Reform eingeplant
Auch Patientenschützer kritisieren die geplante Reform. Weder Bund noch Länder hätten dafür ausreichend Geld eingeplant, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Lauterbach habe für die Umstrukturierung "nichts im Bundeshaushalt zurückgelegt", kritisierte Brysch. Stattdessen greift er "ungeniert in den Gesundheitsfonds der Versicherten". Auch die Finanzpläne der Bundesländer für die Kliniken kritisierte der Verbandsvorsitzende als "dürftig".
Zudem fehle bei dem Reformvorhaben die Perspektive der Patientinnen und die Patienten, kritisierte Brysch. "Qualität und Fehlermanagement spielen weiterhin keine Rolle in der stationären Patientenversorgung", sagte er dem RND. "Am Ende werden Ärzte und Pflegekräften das Hamsterrad immer schneller drehen."
"Wir haben das Problem, dass auch komplizierte Eingriffe nicht in Spezialkliniken gemacht werden", so Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Krankenhausreform sei eine "einmalige Chance, Defizite zu beseitigen".27.06.2024 | 6:39 min
Expertenanhörung zu Klinikreform geplant
Die vom rot-grün-gelben Kabinett auf den Weg gebrachten Gesetzespläne sollen finanziellen Druck für die Kliniken mindern und einheitliche Qualitätsregeln verankern. Dafür soll die Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen.
Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte "Leistungsgruppen" sein, die Mindestvoraussetzungen festlegen. Zur Krankenhausreform, die vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht wurde, ist am 25. September eine Expertenanhörung im Parlament geplant.
Eckpunkte der geplanten Krankenhausreform
Der Bundes-Klinik-Atlas ist ein kleiner Baustein umfassender Reformen im Klinikbereich. Geplant ist außerdem, die Kliniken in bestimmte Gruppen einzuteilen, nicht mehr alle Kliniken sollen alle Behandlungen machen dürfen und einige könnten womöglich auch geschlossen werden.
Ziel ist ein Abbau von Doppelstrukturen, eine stärkere Spezialisierung und eine bessere finanzielle Ausstattung der Kliniken. Fallpauschalen sollen künftig nur noch 40 Prozent der Finanzierung im laufenden Betrieb ausmachen, 60 Prozent des Geldes sollen Kliniken für die Vorhaltung bestimmter medizinischer Angebote erhalten.
Allerdings löse das die Finanzprobleme und Fehlanreize im System nicht, so Fachleute wie Gerald Gaß und Wolfgang Greiner: Dafür müssten die Kosten der Kliniken für das Vorhalten ihres medizinischen Angebots unabhängig und abgekoppelt von den Fallzahlen vergütet werden.