Lars Klingbeil: Was Schwarz-Rot für den SPD-Chef bedeutet

Analyse

SPD-Votum zum Koalitionsvertrag:Was Schwarz-Rot für Klingbeils Karriere bedeutet

Wulf Schmiese
von Wulf Schmiese
|

Nun können 358.000 SPD-Mitglieder entscheiden, ob bald Schwarz-Rot regiert. Es geht um Deutschland, die SPD - und um Parteichef Lars Klingbeil. Nur: in welcher Reihenfolge?

Hubertus Heil, Lars Klingbeil, Manuela Schwesig, Boris Pistorius und Saskia Esken bei der Dialogkonferenz zum Start des SPD-Mitgliedervotum
Das Mitgliedervotum der SPD zum Koalitionsvertrag mit der Union hat begonnen. Mindestens 20 Prozent müssen mitmachen, mehr als die Hälfte davon muss zustimmen. 15.04.2025 | 1:43 min
Erst das Land, dann die Partei - es so zu formulieren, hat Tradition bei den Sozialdemokraten. Ihr Chef Lars Klingbeil sieht das entsprechend. Er fordert seine Genossinnen und Genossen sehr deutlich auf, der "Verantwortung für Deutschland" zuzustimmen. So heißt der Koalitionsvertrag, den SPD, CDU und CSU gemeinsam verhandelt haben.

SPD-Spitze wirbt für Koalitionsvertrag

Klar, dass Klingbeil dieses Werk für gelungen hält - denn es ist in weiten Teilen seines, das da niedergeschrieben worden ist auf 144 Seiten. Der größte SPD-Verhandlungserfolg darin ist aus Klingbeils Sicht das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz.
Eine halbe Billion Euro, auf Pump zwar und verteilt auf zwölf Jahre, aber dennoch ein Geldsegen für Bund, Länder und Kommunen. Also überall dort, wo auch die SPD regiert.
Daher gibt es keinen Widerstand von namhaften Amtsträgern. Regierende der SPD in den Ländern, Städten und Gemeinden sehen wieder Boden unter den Füßen, und zwar wortwörtlich als Straßen, Brücken, Schulhöfe. Allein deswegen sind sie für die große Koalition.
Schmiese zum SPD Mitgliedervotum
Die SPD hat ihr Mitgliedervotum zur Abstimmung über den Koalitionsvertrag mit der Union gestartet – Kritik gibt es insbesondere von den Jusos. Wulf Schmiese berichtet.15.04.2025 | 1:32 min

Welche Rolle Klingbeil übernehmen könnte

Sie stimmten somit auch für die große Rolle, die Klingbeil darin spielen wird - vermutlich als Finanzminister und Vizekanzler. Das ist so nicht verkündet, er könnte auch Fraktionsvorsitzender im Bundestag bleiben.
Dann allerdings wäre seine Funktion zwiespältig. Denn als Fraktionschef müsste er auch immer wieder zweifelnd genau das Regierungsbündnis abklopfen, welches er selbst geschmiedet hat.
Außerdem steht "Fraktionsvorsitzender" schon jetzt als Zeile in Klingbeils beachtlicher Partei-Vita. Generalsekretär war er zuvor, 2018 hatte er auch die letzte große Koalition mitverhandelt. Bundestagsabgeordneter war er schon vor 20 Jahren, damals selbst erst 27 Jahre alt und noch Parlamentarischer Linker. Längst ist er heimisch im konservativen Seeheimer Kreis der SPD.
Manuela Schwesig  SPD | Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommern
"Finanzierungsvorbehalt ist in Koalitionsverträgen normal", doch insgesamt sei mehr drin als erwartet, sagt Manuela Schwesig, SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern.15.04.2025 | 6:43 min
Klingbeil kennt also alles von links bis rechts, vorderster Platz bis Hinterbank, Hauptstadt bis Provinz. Aus Munster in Niedersachsen kommt er. Dort ist sein Wahlkreis. Sein Sohn, noch kein Jahr alt, kann Laufen lernen in der Lüneburger Heide.
Munster ist eine Kleinstadt, doch der größte Heeresstandort der Bundeswehr. Kasernen gibt es dort, zwei riesige Truppenübungsplätze und Deutschlands einziges Panzermuseum.

Vom Zivi zum Verteidigungspolitiker

Der Soldatensohn Klingbeil hat zwar Zivildienst geleistet und war mal bei der Antifa. Doch er ist seit vielen Jahren anerkannter Verteidigungspolitiker, der stets für Aufrüstung plädiert hat.
Politisch ins Straucheln kam er dennoch bei der Zeitenwende, die für die SPD ja vor allem eine Bewusstseinswende war: Russland ist brandgefährlich, Putin ein Feind unserer Freiheit. Klingbeil schien das spätestens mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine schlagartig klar geworden zu sein.
Dominik Rzepka
Die SPD stimmt über den Koalitionsvertrag ab. Am Ende dürfte die Partei Ja zu Schwarz-Rot sagen, sagt Dominik Rzepka aus dem ZDF-Hauptstadtstudio. Diese drei Gründe sprechen dafür.15.04.2025 | 1:02 min

Klingbeils ehrgeizige Pläne

Es sah allerdings gar nicht mehr gut aus im Lebenslauf, dass er während seines Politikstudiums im Wahlkreisbüro von Gerhard Schröder gearbeitet hatte. Da "Gas-Gerd" als sein Förderer galt, brauchte Klingbeil Vehemenz, um sich vom langjährigen Russland-Verständnis seiner Partei zu distanzieren.
Klingbeil kennt also alles, auch heftige Kritik an ihm. Was er nicht kennt, ist: regieren. Das allerdings zu können, wäre brauchbar für jemanden, der eines Tages Kanzler werden will. Diesen Ehrgeiz hat Lars Klingbeil. Insofern geht es bei der Abstimmung: um das Land, die Partei und auch um ihn - in dieser Reihenfolge.
Reaktionen und Entwicklungen in unserem ZDFheute-Liveblog:

CDU, CSU und SPD
:Koalitionsvertrag: Reaktionen und Entwicklungen

CDU, CSU und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Hier alle Entwicklungen zum Nachlesen. Über aktuelle Entwicklungen informieren wir Sie auf unserer Themenseite "Schwarz-rote Koalition".
Friedrich Merz und Lars Klingbeil
Liveblog

Mehr zum Koalitionsvertrag