Neue Grenzkontrollen: Was sie gegen Schleuser bringen
Grenzen zu Tschechien und Polen:Was bringen die neuen Grenzkontrollen?
von Nils Metzger
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Deutschland verstärkt Grenzkontrollen gegen illegale Migration und Schleuser entlang der Grenzen zu Tschechien und Polen. Sind das wirksame Maßnahmen in der Migrationskrise?
Mehr Bundespolizisten an den Grenzen zu Polen und Tschechien geplant: Was bringen die angekündigten Kontrollen? (Archivbild)
Dafür sollen "ab sofort" zusätzliche Bundespolizisten an den Grenzen zu Polen und Tschechien eingesetzt werden. Sie sollten auch "auf der Grenzlinie" zu den Nachbarstaaten stattfinden und die bisher praktizierte Schleierfahndung ergänzen. Auf dauerhafte Kontrollen an den Grenzübergängen verzichtet Faeser bislang, anders als von der Union gefordert.
Erlauben die Schengen-Regeln solche Kontrollen?
Eigentlich sind innerhalb des Schengen-Raums im Regelfall keine Grenzkontrollen mehr vorgesehen. Befristete Ausnahmen können bei der Europäischen Kommission begründet angemeldet werden. Da es sich - anders als bei den deutschen Grenzkontrollen zu Österreich seit 2015 - nicht um stationäre, sondern um mobile Kontrollen handele, müsse die EU diesmal nicht notifiziert werden, so Faeser.
Seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 setzen verschiedene EU-Staaten verstärkt auf Grenzkontrollen. Fabian Gülzau, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR), sagt dazu ZDFheute:
"Auch wenn Maßnahmen in Richtung Tschechien und Polen jetzt als befristet angekündigt werden, kann es gut sein, dass auch sie dennoch lange andauern werden", so Gülzau.
Wie viele Straftaten decken die Ermittler auf?
Grundsätzlich ist Grenzschutz Angelegenheit des Bundes. Bayern setzt jedoch auf einen Sonderweg und unterhält als einziges Bundesland eine eigene, rechtlich umstrittene Grenzpolizei mit 820 Kräften. Sie ist schwerpunktmäßig in der Schleierfahndung tätig. Seit ihrer Gründung 2018 habe die Bayerische Grenzpolizei fast 88.000 Fahndungstreffer erzielt, darunter nahezu 4.400 Haftbefehle, so Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im August.
Illegale Migration macht davon aber nur einen Bruchteil aus. Im vergangenen Jahr seien rund 3.000 Fälle unerlaubter Einreise festgestellt worden und 191 Schleuserfälle. Im laufenden Jahr sind die Migrationszahlen deutlich angestiegen. An den festen Kontrollstellen an der Grenze zu Österreich wurden im ersten Halbjahr 2023 nach Angaben der Bundesregierung 4.489 Menschen zurückgewiesen, etwa weil sie sich nicht ausweisen konnten.
Der Experte Gülzau kritisiert dabei, dass viele EU-Staaten nur sehr ungenau begründeten, was sie genau mit den temporären Grenzkontrollen erreichen wollten: "Je länger die Kontrollen beibehalten werden, desto mehr werden Rechtfertigungen vermischt: es geht von Migration über organisierte Kriminalität bis hin zu Terrorismus", sagt Gülzau. Eine Überprüfung, ob diese Ziele erreicht werden, sei schwer, da nur selten Mess- und Zielgrößen definiert würden.
Welche Grenzkontrollen sind sinnvoll gegen Schleuser?
Bei Grenzkontrollen gibt es verschiedene Methoden mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen, darunter Kosten und Personalbedarf.
"Anfangs können vielleicht Schleuser gefasst werden. Die nächsten werden aber schnell darüber informiert, wo Kontrollen stattfinden", betont Gülzau. Auch würden lange Schlangen an den Grenzen ökonomische Kosten bedeuten. "Eine Schleierfahndung im Hinterland hat deutlich weniger Auswirkungen auf Reisende und den freien Warenverkehr", so der Soziologe, der zu Grenzanlagen in Europa und weltweit forscht.
Ist mehr Grenzschutz die Lösung, um dem wachsenden Migrationsdruck zu begegnen? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, CSU, kündigt in seinem Wahlkampf mehr Grenzpolizisten an.21.09.2023 | 2:27 min
Was bringen mehr Kontrollen langfristig gegen die Migrationskrise?
Die Lage im Jahr 2023 ist angespannt wie lange nicht. Viele Länder und Gemeinden haben signalisiert, dass sie keine weiteren Migranten aufnehmen könnten. Selbst wenn die zusätzlichen Kontrollen zu Polen und Tschechien den kurzfristigen Migrationsdruck auf Deutschland reduzieren sollten, verlagern sie das Problem zunächst nur.
Gülzau verweist etwa auf die Rolle von Belarus beim gezielten Schleusen von Migranten in Richtung EU. "Die Kontrollen im Schengen-Raum lösen das eigentliche Problem nicht. Der Migrationsdruck an den Außengrenzen hat durch die temporären Kontrollen bislang nicht abgenommen. Die Lage bleibt dramatisch. Die Politik sollte Aktionismus vermeiden und lieber ein gemeinsames Vorgehen in der EU abstimmen."