Grüne Intrige? Frau soll Belästigungsvorwürfe erfunden haben
Intrige bei Grünen um Gelbhaar?:Frau soll Belästigungsvorwürfe erfunden haben
von Oliver Klein
|
Der Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar ist Belästigungsvorwürfen ausgesetzt. Ein wesentlicher Teil ist davon ist offenbar frei erfunden. Sie kosten ihn wohl trotzdem die Karriere.
Stefan Gelbhaar, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, steht im Fokus einer möglichen Intrige.
Quelle: dpa
Mitten im Wahlkampf erschüttert eine mögliche Intrige die Berliner Grünen. Der Bundestagsabgeordnete und verkehrspolitische Sprecher der Grünen Stefan Gelbhaar sieht sich massiven Vorwürfen ausgesetzt - er soll mehrere Frauen belästigt haben. Insbesondere der rbb berichtete detailliert über die mutmaßlichen Fälle, dem Sender lagen sogar eidesstattliche Versicherungen der angeblich betroffenen Frauen vor.
Gelbhaar sprach stets von "Lügen", zog aber im Dezember seine Kandidatur für die Landesliste der Partei zurück. Er wird nach der kommenden Wahl wohl nicht mehr im Bundestag vertreten sein.
Hauptzeugin existiert wohl nicht
Jetzt zeigt sich: Eine der Hauptzeuginnen, die sich gegenüber dem rbb als "Anne K." ausgegeben hatte, gibt es in Wirklichkeit wohl nicht. Der rbb schreibt: "Anne K. war nicht diejenige, für die sie sich ausgab. Mit hoher Wahrscheinlichkeit existiert diese Frau gar nicht."
Der Bundeswahlausschuss hat entschieden, dass 41 Parteien an der Wahl teilnehmen dürfen. Viele Parteien müssen allerdings noch kräftig Unterstützungs-Unterschriften sammeln. 14.01.2025 | 1:37 min
Reporter des "Tagesspiegel" fanden heraus: An der Adresse, die in der eidesstattlichen Versicherung von Anne K. angegeben war, ist niemand mit dem Namen gemeldet. Vor Ort fand sich der Name weder an der Klingel noch an Briefkästen. Auch Nachbarn können sich nicht an eine Anne K. erinnern.
Grüne Bezirkspolitikerin unter Verdacht
Weitere Recherchen hätten laut rbb zu einer grünen Bezirkspolitikerin geführt - sie soll sich als Anne K. ausgegeben und unter diesem Namen die brisante eidesstattliche Versicherung abgegeben haben. Es gebe sogar Anhaltspunkte dafür, dass auch weitere anonyme Beschwerden über Gelbhaar, die bei der Ombudsstelle der Berliner Grünen eingegangen waren, von der Frau stammen könnten, heißt es beim rbb.
Seit heute werden an über 60 Millionen Bürger Wahlbenachrichtigungen für die Bundestagswahl in sechs Wochen verschickt. Es warten diverse Herausforderungen auf die Behörden.13.01.2025 | 1:33 min
Der Sender stellte nun Strafanzeige gegen die grüne Bezirkspolitikerin und löschte einige seiner Berichte zu dem Fall. "Wir haben deshalb entschieden, sämtliche Beiträge, in denen es um konkrete Vorwürfe geht, aus dem Netz zu nehmen", heißt es. Warum der Sender die Identität der entscheidenden Belastungszeugin nicht besser prüfte, ist unklar.
Insgesamt hält der rbb aber grundsätzlich an seiner Berichterstattung fest: "Nicht alle Vorwürfe, über die wir berichtet haben, sind damit automatisch nichtig – ein wesentlicher Vorwurf allerdings schon", heißt es in einem aktuellen Beitrag.
Gelbhaar: "Das ist schlichtweg kriminell"
Für Stefan Gelbhaar ist die neue Entwicklung zwar eine gute Nachricht, aber die entlastenden Berichte kommen zu spät. Auf seiner Website schrieb er bereits an Silvester: "Die Vorwürfe sind gelogen." Bei dem Vorgang müsse es sich "um eine in Teilen geplante Aktion" handeln.
Das alles sei "schlichtweg kriminell".
Der Rücktritt der Grünen-Spitze 2024 sei ein "sehr drastischer Schritt", so Thorsten Faas. Eine Lösung für die Krise der Partei sei jedoch "alles andere als klar", sagt der Politologe.26.09.2024 | 4:33 min
Politischer Schaden für die Grünen
Auch in seiner Partei werten es manche als ein Indiz für eine Intrige gegen Gelbhaar, dass die Vorwürfe kurz vor der umkämpften Listenaufstellung bekannt geworden waren. So sagte Kerstin Müller, die ehemalige Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND), dass da vermutlich "eine nicht genehme Person beschädigt und aus dem Verkehr gezogen werden sollte". Denn: Um den aussichtsreichen Listenplatz zwei stand eine Kampfkandidatur zwischen Gelbhaar und dem Parteilinken Andreas Audretsch an, der Wahlkampfmanager von Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck ist. Dazu kam es aber nicht mehr, nachdem sich Gelbhaar aufgrund der Vorwürfe zurückgezogen hatte.
Der politische Schaden ist riesig - für Gelbhaar selbst, aber auch für die Partei. Die Bundesvorsitzenden der Grünen drohen mit einem Parteiausschlussverfahren, sollte sich der Verdacht einer parteiinternen Intrige gegen den Berliner Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar bestätigen.
Parteispitze kündigt mögliche Konsequenzen an
"Der Verdacht, dass gegenüber der Presse eine falsche Erklärung gegen ein anderes Parteimitglied mit schweren Vorwürfen erhoben wurde, ist gravierend", erklärten Franziska Brantner und Felix Banaszak auf Anfrage der dpa und der "Welt am Sonntag". Dass der RBB strafrechtliche Schritte eingeleitet habe, halte man für richtig.
Auch die Spitze der Berliner Grünen forderte, etwaige Falschaussagen im Zusammenhang mit Belästigungsvorwürfen gegen den Grünen-Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar konsequent zu ahnden.
Migration, Menschenrechte, Rüstungspolitik: Die Berliner Grünen-Abgeordnete Canan Bayram versteht ihre eigene Partei nicht mehr. Sie will nicht mehr kandidieren.
"Eine falsche eidesstattliche Erklärung abzugeben ist eine Straftat", erklärten die Landesvorsitzenden Nina Stahr und Philmon Ghirmai auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Auch parteirechtlich könnte es Folgen geben:
Quelle: ZDF
Sie wollen stets auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie bei unserem ZDFheute-WhatsApp-Channel genau richtig. Egal ob morgens zum Kaffee, mittags zum Lunch oder zum Feierabend - erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Mini-Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Melden Sie sich hier ganz einfach für unseren WhatsApp-Channel an: ZDFheute-WhatsApp-Channel.