Friedensdemos: "Dankesbrief Putins vereits auf dem Weg"
Kritik an Friedensdemos:"Dankesbrief Putins bereits auf dem Weg"
von Kristina Hofmann
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Frieden, aber wie? Parteien und Bündnisse demonstrieren morgen in Berlin. Ihre Aufrufe widersprechen sich. FDP und Grüne kritisieren SPD-Politiker Stegner, dass er dort spricht.
Den Aufruf zur Kundgebung in Berlin am Tag der deutschen Enheit hat SPD-Politiker Ralf Stegner nicht unterschrieben - mit Sahra Wagenknecht zusammen auf einer Bühne auftreten will er aber dennoch.
Quelle: dpa
BSW, Linke, SPD, Friedensbündnisse, Gewerkschaften, Menschen aus Israel und Palästina: Sie alle rufen am Donnerstag in Berlin zu einer Demonstration für den Frieden auf. 25.000 Menschen werden erwartet. Doch für welchen Frieden sie auf die Straßen gehen, ist nicht eindeutig. Denn es gibt mehrere Aufrufe für die Demos - und die Inhalte widersprechen sich.
Zwischen allen Stühlen: SPD-Politiker Ralf Stegner. FDP und Grüne kritisieren ihn heftig.
Strack-Zimmermann: Zynischer geht es nicht
Diese Demo, so EU-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sei keine Demonstration für den Frieden. Unter dem Label der Friedenstaube werde das "russische Morden und Vergewaltigen nicht nur hingenommen", so Strack-Zimmermann zu ZDFheute, sondern der Ukraine Gebietsverzicht zugemutet.
Grünen-Politiker Anton Hofreiter griff im "Spiegel" vor allem SPD-Politiker Stegner an, der neben BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht einer der Redner auf der Abschlusskundgebung sein wird. "Jeder, der auf dieser Demo spricht, muss sich darüber im Klaren sein - unabhängig davon, was er sagt -, dass sein Beitrag als Unterstützung für den Kriegsverbrecher interpretiert wird", so Hofreiter.
Er könne nicht verstehen, dass sich Stegner "so unverantwortlich verhält".
Mit ihrem BSW ist es Sahra Wagenknecht gelungen, binnen kürzester Zeit erfolgreich zweistellig in drei Landtage einzuziehen - ein Triumph.29.09.2024 | 3:36 min
Es sei zu befürchten, so Hofreiter zu ZDFheute, "dass die von den Organisatoren der Demo geforderte Appeasement-Politik Putin ermutigt", den Krieg gegen die Ukraine fortzusetzen und auszuweiten.
Kein Wort von Überfall oder Hamas
Ein Aufruf ist mit "Nein zu Krieg und Hochrüstung! Ja zu Frieden und internationale Solidarität" überschrieben. Darin wird die sofortige Beendigung des Krieges in der Ukraine und in Gaza verlangt. "Statt sich für Frieden einzusetzen, liefert der Westen - einschließlich der Bundesregierung - immer mehr Waffen und beschleunigt die Eskalation durch die Erlaubnis, diese auch gegen russisches Gebiet einzusetzen."
Man erlebe "einen aktiven Kampf". Es seien "immer wieder Hubschrauber" zu hören sowie "Bomben, die einschlagen". Israel sei "mitten im Krieg", so Katrin Eigendorf, ZDF-Reporterin in Kirjat Schmona.02.10.2024 | 3:47 min
Waffenlieferungen an die Ukraine, an Israel sollten sofort gestoppt werden. Das frei werdende Geld in "Bildung, Gesundheitswesen, Klimaschutz und Infrastruktur" investiert werden. Dahinter steht die Linke, das Bündnis Sahra Wagenknecht, Gewerkschaften.
Vom Überfall Russlands auf die Ukraine, vom Überfall der Hamas auf Israel steht dort nichts. Es liest sich wie ein Forderungskatalog an die Bundesregierung. Also auch an die Kanzlerpartei SPD, die ebenfalls zur Demonstration einlädt. Allerdings mit einem eigenen Aufruf.
Wagenknecht? Stegner: "Völlig schnurz"
Darin wird betont, dass die SPD eine Friedenspartei sei. Der Überfall Russlands auf die Ukraine wird verurteilt und ihr Recht auf Verteidigung betont. Trotzdem: Es brauche "mehr intensive internationale diplomatische Anstrengungen", um einen Frieden zu erreichen. Ob sich auch ihre Bundesregierung mehr anstrengen soll, steht dort nicht.
Der ukrainische Präsident Selenskyj sieht ein Ende des Krieges durch Verhandlungen skeptisch. Russland könne nur "zum Frieden gezwungen" werden, sagte er vor dem UN-Sicherheitsrat.25.09.2024 | 1:24 min
SPD-Politiker Stegner sieht auch keinen Widerspruch zwischen Regierungsgegnern und -vertretern bei einer Demo: "Die Friedensbewegung war immer heterogen. Ich halte es für falsch, sie anderen zu überlassen", so Stegner am Mittwoch im Deutschlandfunk. Dass auch Wagenknecht auf dieser Demo spreche, so Stegner, "ist mir völlig schnurz".
Eine "gewisse Meinungsvielfalt" innerhalb einer Volkspartei sei normal. Den SPD-Aufruf haben auch der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, der frühere SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans oder der Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer unterschrieben.
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Roth auf Gegendemo
Ihr SPD-Parteigenosse Michael Roth wird am Donnerstag auf der anderen Seite stehen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag ruft zur Gegendemonstration auf. "Wer Russland an den Verhandlungstisch bringen will, muss die Ukraine stärken, nicht dem Aggressor zum Fraß vorwerfen", so Roth zu ZDFheute. Wenn die Ukraine ihre Souveränität verliere, drohten weitere Kriege Russlands gegen Moldau, Georgien oder Armenien.
Roth schließt sich der Gegendemo von Vitsche, einer in Berlin ansässigen NGO zur Unterstützung der Ukraine. Warum sich die Parteien der Bundesregierung nicht an ihrer Seite demonstriert? Diese Frage beantwortet am Mittwoch niemand. Hofreiter zumindest lässt mitteilen, er ist am Donnerstag nicht in Berlin und kann deswegen nicht an der Seite Roths demonstrieren.