2,3 Milliarden Euro Schaden?:Spahn verteidigt milliardenteuren Maskenkauf
von D. Rzepka, B. Spiekermann
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Ex-Gesundheitsminister Spahn verteidigt den milliardenfachen Maskenkauf zu Pandemiebeginn: "Wir hatten eine Notlage", sagt er. Dem Bund drohen Zahlungen von 2,3 Milliarden Euro.
2020 bestellte der damalige Gesundheitsminister mehrere Milliarden Masken. Bezahlt wurde nur teils, mit Verweis auf Qualitätsmangel. Nun muss sich Spahn im Bundestag rechtfertigen.27.06.2024 | 2:45 min
Es ist eine der seltenen Gelegenheiten, zu denen sich Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) noch einmal zu Corona äußert. Eigentlich ist das Thema für ihn abgeräumt. Eigentlich redet Spahn, einer der prägendsten Politiker der Corona-Zeit überhaupt, inzwischen lieber über Wirtschaft und Atomkraft.
Doch am Mittwochabend muss sich Spahn vor dem Haushaltsausschuss des Bundestags erklären. Es geht um den Kauf von Masken zu Beginn der Pandemie. Spahns Ministerium hat seinerzeit Masken zu festen Preisen gekauft, ohne weitere Verhandlungen.
Vielfach verweigerte sein Haus die Bezahlung, machte unter anderem Qualitätsmängel geltend.
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Darum geht's: 2,3 Milliarden Euro
Lieferanten reichten Klagen ein. Der aktuelle Streitwert: 2,3 Milliarden Euro - potentielle Kosten für den Steuerzahler, die Spahn und sein Ministerium zu verantworten haben könnten. Es wäre ein größerer Schaden als durch das Maut-Debakel von Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln hatte vor wenigen Tagen den Lieferanten Recht gegeben.
Spahn verteidigt den Kauf von Masken. Und auch die Art und Weise, wie die Deals seinerzeit zustande gekommen sind. Natürlich habe man "in großer Eile" Masken gekauft, aber:
Damals hätten unter anderem Klinikdirektoren bei ihm angerufen. Sie hätten Masken gebraucht - sofort, nicht erst nächste Woche. Natürlich habe man also unter großem Zeitdruck Masken gekauft. Auch auf Vorrat.
Der Bund ist wegen der Beschaffung von Masken zu Festpreisen in der Corona-Frühphase einem Milliardenrisiko ausgesetzt. Es gab mehrere Rechtsstreits - etwa 100 Klagen laufen noch.
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Spahn: Verfahren "nicht perfekt"
Spahn argumentiert, einige dieser Masken seien minderwertig gewesen. Deswegen habe man dafür auch nicht bezahlt. "Schäden wären entstanden für den deutschen Steuerzahler, wenn wir Masken von schlechter Qualität bezahlt hätten", sagt Spahn.
Er räumt aber ein, dass das Verfahren mit Festpreisen aus heutiger Sicht nicht perfekt sei. Er würde es für die Zukunft "nicht empfehlen". Mit dem Wissen von heute würde er auch weniger Masken bestellen.
Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat den Kauf von Masken zu Beginn der Pandemie verteidigt: "Wir hatten eine Notlage." Dem Bund drohen Zahlungen von 2,3 Milliarden Euro.27.06.2024 | 1:06 min
Das ist die Kritik an Spahns Ministerium
Genau das kritisiert der Bundesrechnungshof. Spahns Ministerium habe zu Beginn der Pandemie 5,7 Milliarden Schutzmasken beschafft im Wert von 5,9 Milliarden Euro.
Der Nutzen für die Pandemiebekämpfung sei entsprechend gering gewesen. Bis heute fehle im Gesundheitsministerium eine kritische Aufarbeitung. Das aber wäre wichtig, um Lehren für künftige Pandemien und Krisen ziehen zu können, moniert der Bundesrechnungshof.
Grünen-Politikerin Paula Pichotta kritisiert, Spahns Ministerium habe die Maskenkäufe gar nicht dokumentiert. Es sei nicht klar gewesen, wer was bestellt und wer darüber entschieden habe.
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Bundestag debattiert Maskenkäufe
Die Grünen erhöhen in der Maskenbeschaffung den Druck auf den ehemaligen Gesundheitsminister. Das dürfte auch eine Retourkutsche sein. Denn Spahn hat sich gerade erst für einen Untersuchungsausschuss gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wegen des Atomausstiegs eingesetzt.
Die Frage der Grünen, wer wann was bestellt hat und zu welchen Konditionen, will Spahn nicht beantworten. "Sehen Sie mir nach, ich bin nicht mehr im Ministerium. Im Detail kann ich zu den Verfahren nichts sagen", so Spahn.
Auf Antrag von Grünen, SPD und FDP hat sich der Bundestag am Donnerstagnachmittag dann mit dem Thema beschäftigt. Am Ende der Debatte meldet sich auch Jens Spahn zu Wort. Er verteidigt sich, räumt aber auch Fehler ein: