Lindners Kritik an Corona-Eingriffen: "Das war zu viel"

    Aufarbeitung gefordert:Lindner zu Corona-Maßnahmen: "Das war zu viel"

    von D. Rzepka, B. Spiekermann
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    Waren die Corona-Maßnahmen angemessen? Nach Olaf Scholz fordert auch Christian Lindner eine Aufarbeitung. Er kritisiert "Eingriffe in Grundrechte, die nicht gerechtfertigt waren".

    Christian Lindner sitzt im Bundestag auf einem Stuhl. Er trägt eine FFP2-Maske und schaut nach rechts. Er hat die Hände gefaltet.
    Archivbild von Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit Maske. Er fordert eine parlamentarische Aufarbeitung der Corona-Zeit.
    Quelle: dpa/Bernd von Jutrczenka

    Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat einige der Corona-Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie kritisiert. Lindner sagte Welt TV:

    Dass man unter freiem Himmel sich nicht mehr bewegen konnte, das war zu viel. Das waren Eingriffe in Grundrechte, die nicht gerechtfertigt waren.

    Christian Lindner, FDP

    Lindner übte indirekt auch Kritik an der damaligen Großen Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU). "Es ist ja bekannt, dass die FDP viele der Maßnahmen, die CDU, CSU und SPD seinerzeit auf den Weg gebracht haben, sehr kritisch gesehen hat."
    Als Konsequenz sprach sich Lindner für eine Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen aus: "Ich meine, wir müssen das parlamentarisch machen."
    Inside-PolitiX-Folge von ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Britta Spiekermann zur Corona-Aufarbeitung
    Corona spaltet - bis heute. Die Pandemie hat schmerzhaft aufgedeckt, dass viele nicht vertrauen, weder der Politik noch den Experten.11.05.2024 | 9:08 min

    Scholz für Aufarbeitung mit Bürgern

    Damit geht Lindner ein Stück weit auf Distanz zu Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Dieser hatte sich in der ARD für einen Bürgerrat zur Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen ausgesprochen.

    Da sind dann nicht nur Experten und Abgeordnete und all die, die man schon kennt, dabei, sondern eben auch Bürgerinnen und Bürger.

    Olaf Scholz, SPD

    Scholz gestand ein, dass einige Corona-Maßnahmen "drüber" gewesen seien - zum Beispiel, dass man nicht auf Beerdigungen von Angehörigen habe gehen können. Kritisch sieht er auch das Verbot von Waldspaziergängen mit Maske. Scholz sagt rückblickend: "Das hätte nicht sein müssen."
    Das Bild zeigt eine Person, die eine FFP2-Maske in der Hand hält.
    Schulschließungen oder Ausgangssperren - war das verhältnismäßig? Die Regierung diskutiert, wann und wie die Corona-Zeit aufgearbeitet wird.07.04.2024 | 4:08 min

    Kimmich und das Impfen

    Wie einschneidend die Corona-Maßnahmen waren, hatte zuletzt Fußball-Profi Joshua Kimmich deutlich gemacht. Kimmich hatte eine Impfung verweigert und in einer ZDF-Dokumentation mit stockender Stimme gesagt:

    Ein Kumpel sagt mir, dass weniger Menschen gestorben wären, wenn ich mich hätte impfen lassen. Das ist brutal.

    Joshua Kimmich, Fußball-Profi

    Nach dem EM-Spiel Deutschlands gegen die Schweiz hatte Kimmich seine Äußerung eingeordnet: "Generell ist es zwei, drei Jahre her, zu einer Zeit, wo natürlich auch andere Leute da die Verantwortung hatten."

    Aufarbeitung kommt näher

    Wie genau die Pandemie politisch aufgearbeitet wird - das ist noch nicht endgültig klar. Nach ZDFheute-Informationen wird eine Enquete-Kommission aus Abgeordneten und Sachverständigen wahrscheinlicher. Sie wird seit längerem von CDU, AfD und FDP gefordert.
    Auch ein Bürgerrat ist im konkreten Gespräch, ein aus der Bevölkerung gelostes Gremium, das Vorschläge für ein besseres Management bei einer neuen Pandemie erarbeiten könnte.

    Bundestags-Kommission
    :Corona-Aufarbeitung rückt näher

    In die politische Debatte über die Aufarbeitung der Corona-Pandemie scheint Bewegung zu kommen. Ein möglicher Grund: das katastrophale Abschneiden der Ampel bei der Europawahl.
    von Britta Spiekermann
    ein schild fordert am viktualienmarkt in der münchner innenstadt zum tragen einer mund und nasen bedeckung auf
    mit Video

    Patientenschützer kritisiert späte Aufarbeitung

    Laut Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, geht es bei der Aufarbeitung darum, die Fehler der Vergangenheit aufzuklären. "Und wer möchte schon Fehler zugeben in der Politik?"
    Man müsse sich aber bewusst machen, was falsch gelaufen sei, um in Zukunft die gleichen Fehler nicht zu wiederholen. "Wir warten zu lange, um aus den Fehlern zu lernen", sagt Brysch ZDFheute.

    Es wundert schon sehr, dass wir in Deutschland so lange brauchen, um eine vernünftige Aufarbeitung, die die Bürgerinnen und Bürger mitnimmt, zu realisieren.

    Eugen Brysch, Patientenschützer

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