CDU will Untersuchungsausschuss:Manipulierte Habeck den Atomausstieg?
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Hat die Regierung bei der zeitweisen Verlängerung der Atomlaufzeit die Wahrheit gesagt? Die Union vermutet eine Manipulation der Akten. Ein Untersuchungsausschuss soll das klären.
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, (Archivbild)
Quelle: dpa
In ihrer Fraktionssitzung will die Union das schärfste Schwert ziehen, das es im Parlamentarismus gibt: die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Das kündigte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei an.
Die Union will die Frage klären, ob die Entscheidungen zur dreimonatigen Verlängerung der Atomlaufzeiten im Frühjahr 2023 "vorurteilsfrei geprüft wurden". Nach der Vorlage diverser Unterlagen aus dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium habe man daran erhebliche Zweifel, so Frei. Die notwendigen 184 Stimmen hat die Unionsfraktion. Insgesamt haben CDU und CSU 195 Abgeordnete. Die Einrichtung und eine erste Sitzung des Ausschusses soll noch vor der Sommerpause erfolgen, so der Plan bei den Konservativen.
CSU-Landesgruppen-Chef Dobrindt: Sind Akten manipuliert worden?
Dass dieser Untersuchungsausschuss auch ein Instrument im heraufziehenden Wahlkampf sein wird, kann man in der Union nur schwer verbergen. Schon mit der umgangssprachlichen Namensgebung macht die Union klar, auf wen dieser Ausschuss zielt.
"Habeck-Akten" haben sie dem Ausschuss als Namen verpasst, auch wenn das dann im Beamtendeutsch des Bundestages bei seiner offiziellen Einrichtung sicher etwas nüchterner klingen wird. Auch Alexander Dobrindt, Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, stellte am Morgen fest, "es sei zwingend", die Vorgänge um die Verlängerung der Atomlaufzeiten und die Prüfung durch die beiden Ministerien zu hinterfragen. Gerade Dobrindt verwendet dabei einen sehr harten Vorwurf, als er davon spricht, dass man herausfinden wolle, "ob Akten manipuliert worden sind."
Umweltministerin Lemke betont saubere Arbeit der Ampel-Regierung
Zur Erinnerung: Das Magazin Cicero hatte berichtet, dass im Frühjahr 2022, als die Energieversorgung in Deutschland wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine in die Krise schlitterte, wichtige interne Bedenken zum Ausstieg aus der Atomkraft zum Jahresende 2022 in den Ministerien unterdrückt worden sein. Unionsvize Jens Spahn sprach heute von einer "grünen Märchenwelt", in der "die Fakten verdreht wurden".
Er habe den Eindruck, so Spahn, dass Umwelt- und Wirtschaftsministerium so geführt würden, "als wären das irgendwie NGOs". Robert Habeck und Steffi Lemke wehren sich vehement. Die Umweltministerin gab sich am Morgen im Deutschlandfunk aber betont gelassen. Die Prüfung sei "transparent und öffentlich nachvollziehbar" gewesen, so Lemke. Die Regierung habe dabei "immer wieder ergebnisoffen geprüft".
Warum hat Scholz eine Verlängerung der Laufzeit verkündet?
Die Union zeigt sich nicht überzeugt. Gerade die Richtlinien-Entscheidung, die Kanzler Olaf Scholz Ende 2022 traf und die eine Verlängerung der Atomlaufzeit um drei Monate vorsah, wirft laut Thorsten Frei massive Fragen auf. Gerade diese Weisung von Scholz, sei aus der derzeit vorliegende Aktenlage nicht abzuleiten. "Auf welcher Grundlage hat er den vorläufigen Weiterbetrieb genehmigt?", fragt sich Frei.
Aber auch, wenn die Union die notwendige Mehrheit zur Einrichtung des Ausschusses hat, ist das noch kein Selbstläufer für die Christdemokraten.
Union muss mit Ampel noch Details verhandeln
Der genaue Untersuchungsgegenstand und auch die Liste der Zeugen muss jetzt mit der Ampel-Mehrheit verhandelt werden. Und dass die auch zu Verfahrenstricks fähig ist, zeigt die Posse um den Cum-Ex-Ausschuss. Die Prüfung der Rolle des Kanzlers hatte die Mehrheit der Ampel im Geschäftsordnungsausschuss des Bundestages gestoppt. Jetzt wird der Fall vor dem Verfassungsgericht verhandelt.
Mathis Feldhoff ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin.
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