Friedrich-Bergius-Schule in Berlin kommt nicht zur Ruhe

    Schulleiterin muss gehen:Bergius-Schule in Berlin kommt nicht zur Ruhe

    von Stefanie Hayn
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    Erst ein Brandbrief des Kollegiums, dann muss die Polizei gejagte Schüler schützen, jetzt wird die Schulleitung ausgewechselt. An der Friedrich-Bergius-Schule in Berlin rumort es.

    Berlin: Die Friedrich-Bergius-Schule in Berlin-Friedenau.
    Mit einem Brandbrief hatte das Kollegium auf "besorgniserregende Bedingungen" an der Friedrich-Bergius-Schule aufmerksam gemacht. (Archivbild)
    Quelle: dpa

    Es ist die bislang letzte Wendung an der Friedrich-Bergius-Schule: Die Schulleiterin muss gehen. Offensichtlich konnte sich die Bildungsverwaltung mit ihr keine Lösung für die problemgebeutelte Schule in Berlin-Friedenau mehr vorstellen.

    Es geht darum, dass wirklich alle an einem Strang ziehen. Es geht um vertrauensvolle Zusammenarbeit und dass man auch bereit ist, notwendige Maßnahmen zu ergreifen.

    Katharina Günther-Wünsch, Schulsenatorin Berlin

    All das erhofft sich die Senatorin jetzt mit einer neuen Schulleitung, will mit Schulsozialarbeit und Psychologinnen und Psychologen Unterstützung für den Schulalltag schaffen. Dazu soll ein Wachschutz schulfremde Personen fernhalten.
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    Brandbrief: Besorgniserregende Bedingungen

    Die Friedrich-Bergius-Schule ist eine Integrierte Sekundarschule. Rund 400 Schülerinnen und Schüler lernen hier von der 7. bis zur 10. Klasse. Vor gut zwei Monaten hatte das Kollegium mit einem Brandbrief auf "die besorgniserregenden Bedingungen" an der Schule aufmerksam gemacht.
    Es vergehe kein Tag "ohne verbale Beleidigungen und Bedrohungen von Lehrkräften durch SchülerInnen, ernstzunehmende Mobbing-Fälle von SchülerInnen untereinander". Die Lehrkräfte seien größtenteils mit Erziehung beschäftigt.

    Vorherrschend sind massive Verhaltensauffälligkeiten und ungebührliches, asoziales Unterrichtsverhalten.

    Kollegium der Friedrich-Bergius-Schule im November 2024

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    Im Schnitt kämen 85 Prozent der Schülerinnen und Schüler einer Klasse aus Familien nicht-deutscher Herkunftssprache, so die Schule, in machen Klassen beträfe das fast alle Kinder.
    Der Gesamtelternsprecher der Schule, Andreas Thewalt, sieht viele Eltern, die sich wirklich gut um ihre Kinder kümmern, aber eben auch die, die kaum erreichbar sind. Er sagt, Corona habe viele Schülerinnen und Schüler schwer belastet, ihnen die Regelmäßigkeit der Schule genommen und sie sozial auffälliger gemacht.

    Letztendlich sind diese Verhaltensauffälligkeiten oft so ein Schrei, der nur sagt, kümmert euch um uns. Das würden viele Lehrer auch tun, aber die sind oft absolut am Limit und brennen aus.

    Andreas Thewalt, Gesamtelternsprecher Friedrich-Bergius-Schule

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    Polizeieinsatz an der Schule

    Vor gut einer Woche dann ein größerer Polizeieinsatz. Streitereien in der Schule hätten, so Polizeisprecher Stefan Petersen-Schümann, zu Ärger mit Schulfremden geführt. Am Ende seien 80 bis 120 Personen im Bereich der Schule versammelt gewesen. Einen Schüler musste die Polizei nach Hause bringen, damit ihm nichts passiert. Ein anderer floh vor den Schlägen und Tritten schulfremder Personen in einen Supermarkt.

    Nachdem sich der Schüler in den Supermarkt gerettet hatte, haben wir Ermittlungen vor Ort aufgenommen, haben auch noch direkt in der Nähe einen Tatverdächtigen festnehmen können.

    Stefan Petersen-Schümann, Polizei Berlin

    15 Jahre ist der Tatverdächtige alt. Die Polizei geht von mehreren Beteiligten aus.
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    Friedrich-Bergius-Schule sucht Lösungen

    Die Schule wünscht sich mehr Kolleginnen und Kollegen für den Unterricht, die schulpsychologische Betreuung und die Verwaltung. Das überraschende Aus für die Schulleiterin hat, sagt der Gesamtelternsprecher Thewalt, viele in der Schule getroffen. Kollegium und Schülerschaft seien "sehr aufgewühlt", etliche Elternsprecher "einfach nur fassungslos".

    Ich finde, so darf man mit Leuten nicht umgehen, wenn man eine Stadt hat wie Berlin, die sich einfach schwer tut, überhaupt Leute für diese Posten zu gewinnen, Schulleiter zu werden.

    Andreas Thewalt, Gesamtelternsprecher Friedrich-Bergius-Schule

    Elternsprecher Thewalt hat verschiedene Beteiligte zu einer gemeinsamen Sitzung eingeladen. Die Hoffnung ist, dass ein gemeinsamer Weg gefunden werden kann, damit es an der Schule wieder rund läuft.
    Stefanie Hayn ist Reporterin im ZDF-Landesstudio in Berlin.

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    Quelle: dpa

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