Bildungsbericht: Deutsches System "arbeitet am Anschlag"

    Nationaler Bildungsbericht 2024:Studie: Bildungssystem arbeitet am Anschlag

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    Das deutsche Bildungssystem steht - laut Bildungsbericht - weiter vor Problemen wie Lehrermangel und zu wenig Finanzierung. Das System "arbeitet am Anschlag", so die Autoren.

    Cover des nationalen Bildungsberichts
    Dem nationalen Bildungsbericht zufolge ist das Bildungssystem in Deutschland am Anschlag. Unter anderem sollen Personal sowie Geld fehlen - die soziale Ungleichheit bleibe hoch.17.06.2024 | 0:30 min
    Das Bildungssystem in Deutschland steht laut dem aktuellen nationalen Lagebericht weiterhin vor großen Herausforderungen. Dazu zählen fehlende Fachkräfte und eine unzureichende Finanzierung, wie es in der am Montag in Berlin vorgelegten Studie "Bildung in Deutschland 2024" heißt.
    Hinzu kommen demnach ein hoher Bedarf an Veränderungen durch Zuwanderung und Digitalisierung sowie sinkende Schulleistungen und eine anhaltende soziale Ungleichheit. Aus den Ergebnissen des Berichts geht hervor:
    • In Deutschland gehen anhaltend viele junge Menschen ohne Abschluss von der Schule. 2022 waren es rund 52.300 Jugendliche.
    • Der Anteil der Gleichaltrigen, die keinen Schulabschluss schafften, stieg demnach auf 6,9 Prozent. Im Vorjahr lag er nach Daten des Statistischen Bundesamtes bei 6,2 Prozent und 2020 laut Bildungsbericht bei 5,9 Prozent.
    • Die Zahl der eigentlichen Abbrecher dürfte noch höher liegen, da Jugendliche, die während eines laufenden Schuljahres die Schule verlassen, hier nicht mitgezählt werden.
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    Nationaler Bericht: Bildungssystem ist am Anschlag

    Der mehrere hundert Seiten umfassende Bildungsbericht wird auf Basis statistischer Daten und sozialwissenschaftlicher Studien alle zwei Jahre unter Federführung des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF) erstellt.
    Der Bildungsforscher und geschäftsführende DIPF-Direktor Kai Maaz stellte ihn im Beisein von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und der Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) und saarländischen Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) in Berlin vor. Das Bildungssystem arbeite am Anschlag und stehe unter großem Anpassungsdruck, hieß es von den Autoren.

    Immer mehr Quereinsteiger als Lehrer

    Beleuchtet werden in ihrem Bericht etwa die Auswirkungen der Zuwanderung und das anhaltende Personalproblem. Dieses bleibe eine Herausforderung für nahezu alle Bildungsbereiche, heißt es. Im Bereich Schule zeigt sich das den Autoren zufolge auch daran, dass verstärkt auf sogenannte Quereinsteiger zurückgegriffen wird.
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    • 2023 hatten von gut 35.000 neu eingestellten Lehrkräften demnach 12 Prozent keine klassische Lehramtsausbildung.
    • Insgesamt aber wächst das deutsche Bildungssystem und mit ihm die Bildungsausgaben: Diese sind demnach in den vergangenen zehn Jahren um 46 Prozent auf 264 Milliarden Euro im Jahr 2022 gestiegen.
    • Setzt man dies ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, sei der Anteil der Bildungsausgaben seit 2012 lediglich um 0,2 Prozentpunkte gestiegen, heißt es aber auch kritisch.
    Auch die gestiegene Zahl von Beschäftigten und Einrichtungen wie Kitas hat demnach die Lage nicht entspannt. Zwar sei die Anzahl bis 2023 mit 56.000 Einrichtungen auf einen Rekordwert gestiegen, doch da zugleich der Bedarf unter anderem an Kinderbetreuung weiter steigt, reiche das nicht aus.

    Soziale Herkunft bestimmt Bildungserfolg

    Bildungserfolg hängt in Deutschland stark von der sozialen Herkunft ab, so weit so bekannt. In ihrem Bericht verweisen die Forscher hier auch auf einzelne Aspekte im Zusammenhang mit Zuwanderung. Je älter Menschen sind, wenn sie nach Deutschland kommen, desto schlechter sind ihre Chancen auf Bildungserfolg.
    Rund die Hälfte jener, die im Alter von 14 bis 18 Jahren nach Deutschland gezogen sind, hat weder einen Berufsabschluss noch die Hochschulreife. Bei jenen, die als Kleinkinder zugezogen sind, ist nur ein Viertel gering qualifiziert.
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    Experten fordern frühkindliche Bildung

    Mit Blick auf Unterschiede im Bildungserfolg und schlechte Mathe- und Deutschleistungen empfehlen die Bildungsforscher mehr Bemühungen und eine stärkere Förderung schon im Vorschulalter, denn Unterschiede entstünden nicht erst in der Schule, wo sie später etwa bei Pisa oder anderen Vergleichstests festgestellt werden, sondern deutlich früher.
    Vor diesem Hintergrund wird in dem Bericht eine Uneinheitlichkeit in den Ländern bei Sprachstand-Tests im Vorschulalter kritisiert: Während in sieben Ländern alle Kinder vor der Einschulung mit unterschiedlichen Erhebungsverfahren getestet würden, führten weitere sieben Länder solche Erhebungen nur bei bestimmten Gruppen durch, und in zwei Ländern werde keine landesweite Diagnostik vorgenommen.
    Quelle: dpa, KNA

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