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80 Cent Stundenlohn:Hilft eine Arbeitspflicht für Asylsuchende?
von Julian Schmidt-Farrent, Traunstein
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Die CSU will in Bayern mehr Asylsuchende für gemeinnützige Jobs verpflichten. Veweigerern drohen Sanktionen. NGOs sprechen von einem Arbeitszwang, die Forschung ist skeptisch.
Der Kirchenboden ist gesprenkelt mit sauren Würmern. Überall liegen die Süßigkeiten verteilt - bis Peter Ebhodaghe sie beherzt mit seinem Kehrblech in den Mülleimer schaufelt. Vielleicht waren es Kinder, meint der 29-Jährige. Egal. "Ich bin dadurch beschäftigt." 80 Cent Stundenlohn bekommt der Asylbewerber für seine Arbeit in der Kirche - für eine eigene Packung mit sauren Würmern würde das nicht reichen.
Ebhodaghe hat keinen regulären Job, sondern eine sogenannte "Arbeitsgelegenheit". Kommunen können Asylsuchende für solche Hilfsjobs verpflichten - und wenn es nach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder geht, sollen sie das in Zukunft deutlich häufiger tun: Wer nach drei Monaten im Land keine Arbeit habe, solle gemeinnützig arbeiten. Und wer sich verweigert, der muss mit Leistungskürzungen rechnen.
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Im bayerischen Traunstein ist das seit Jahren Praxis. Die Erfahrungen? Positiv, erklärt Landrat Siegfried Walch (CSU) stolz. 400 Personen seien derzeit verpflichtet, verweigert hätten nur sieben von ihnen. Die Zahl sei "also verschwindend gering".
Arbeitspflicht für Flüchtlinge: Wieso wenige Landkreise darauf setzen
Seit rund 30 Jahren erlaubt das Asylgesetz die Arbeitspflicht, angewendet wird sie kaum. Der Verwaltungsaufwand sei schlicht zu hoch, heißt es aus anderen Kommunen. Die Behörden müssten Arbeitseinweisungen geben, die Arbeitskleidungen bereitstellen, Zeiten protokollieren. Und vor allem müssten sie erst einmal genügend Jobs finden.
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"Wir haben nicht jeden Tag Arbeit, das ist auch klar", gesteht der Traunsteiner Landrat Walch. Zwar seien momentan 400 Personen für gemeinnützige Arbeiten verpflichtet - aber nur 100 arbeiten tatsächlich in den Jobs. Traunstein versucht nun, mehr Stellen zu schaffen. Und der Freistaat Bayern setzt auf einen Flyer, mit dem mehr Kommunen für die Idee gewonnen werden sollen.
Offen bleibt, wem die Arbeitsgelegenheiten überhaupt nutzen sollen. Die 80-Cent-Jobs könnten durchaus sinnstiftend sein, erklärt Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Aber ein Schritt ins Berufsleben seien sie weniger.
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Asylbewerber: Schlechtere Deutschkenntnisse bei Arbeitspflicht?
Brücker erinnert an die 1-Euro-Jobs für Arbeitslose - und den ausbleibenden Erfolg. Die Forschung spricht vom sogenannten Lock-In-Effekt: Bei einer Arbeitsgelegenheit hätten Asylsuchende weniger Zeit, sich für reguläre Jobs zu bewerben. Jemandem einfach einen Besen in die Hand zu drücken, sei kein Ticket für die Berufswelt: Je arbeitsmarktferner eine Tätigkeit, desto unwahrscheinlicher sei eine reguläre Arbeit im Anschluss.
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Eine Studie im Auftrag für das Bundesarbeitsministerium stellte sogar eine Verschlechterung der Deutschkenntnisse durch Arbeitsgelegenheiten fest. Die Vermutung: Bei den Hilfsjobs blieben die Geflüchteten wohl oft unter sich, hätten wenig Kontakt zu Deutschsprachigen.
Auch in Traunstein beschränken sich die meisten gemeinnützigen Jobs auf Arbeiten in und um die Asylunterkunft herum, der Kontakt zu Außenstehenden: eher eingeschränkt. Dabei seien Deutschkenntnisse für die Arbeitsmarktintegration elementar, meint der Forscher Brücker.
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Studie: Immer mehr Flüchtlinge arbeiten
Der Spracherwerb brauche schließlich Zeit: Nach acht Jahren Aufenthalt sei die Erwerbstätigenquote unter geflüchteten Männern sogar höher als im Rest der Bevölkerung, heißt es in einem Bericht des Instituts für Arbeitsmarktforschung. 86 Prozent der Geflüchteten seien erwerbstätig, fünf Prozentpunkte mehr als beim deutschen Durchschnittsmann.
Die Arbeitspflicht überzeugt den Experten weniger. Eine einfache Beschäftigungstherapie könne auch demotivierend wirken - und offene reguläre Stellen gebe es ja genug. Was fehlt, seien kürzere Asylverfahren und vor allem frühzeitige Deutschkurse.
Auch Peter Ebhodaghes Kurs hat erst nach einem Jahr begonnen, fünfmal die Woche büffelt er nun. Im Anschluss hält er die Dorfkirche in Schuss. "Ich möchte nicht nur eine Belastung sein", sagt er. Für den Job hat er sich freiwillig gemeldet. Eine Pflicht fände er aber auch in Ordnung - die Leute sollten etwas zurückgeben. Er selbst will nach seinem Deutschkurs einen richtigen Job aufnehmen, vielleicht als Gabelstapler-Fahrer. Hauptsache, er bekommt einen richtigen Lohn.
Julian Schmidt-Farrent ist Reporter im ZDF-Landesstudio München.
Quelle: ZDF
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