Markus Söder stellt CSU auf knallharten Migrationskurs ein

    Analyse

    Söder auf dem CSU-Parteitag:Der Angstmacher von der CSU

    Mathis-Feldhoff
    von Mathis Feldhoff
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    Markus Söder trimmt seine Partei auf einen knallharten Migrationskurs. Die CSU positioniert sich am rechten Rand und wird so zum Risiko für den künftigen Koalitionskurs der Union.

    Besucher des CSU-Parteitags stehen an einem «Söder-Kebab»-Stand an, um einen «Special CSU-Döner» für drei Euro zu kaufen
    Auf dem CSU-Parteitag in Augsburg muss CSU-Chef Söder erklären, warum der Kanzlerkandidat wieder von der CDU kommt. Friedrich Merz wird versuchen, um Unterstützung zu werben. 11.10.2024 | 1:40 min
    Deutschland ist überfordert, Deutschland braucht eine echte Wende in der Migrationspolitik - es sind kurze und auch klare Sätze aus dem Leitantrag, mit denen die CSU für massive Änderungen bei der Asylpolitik wirbt.
    Parteichef Markus Söder nutzt seine Rede auf dem Parteitag, die hart am Rande des Populismus kratzt, um seine Partei auf eine harte Migrationspolitik einzuschwören. Abschiebungen, auch nach Syrien und Afghanistan, sollen nicht nur möglich, sondern zur Regel werden. "Solche Leute" wie die Attentäter von Solingen und Mannheim, so Söder, "müssen sofort aus dem Land, egal wie schlimm die Gefängnisse in ihrem Land sind."
    Friedrich Merz (l), CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender, und Markus Söder, CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, geben eine Pressekonferenz zur Frage um die Kanzlerkandidatur der Union.
    Söder wird nicht Kanzlerkandidat der Union. Das gaben er und Merz im September bekannt.17.09.2024 | 3:09 min
    Es sind überwiegend bekannte und schon lange vorgetragene Positionen der CSU, die in zehn Punkte zusammengefasst sind. Ausreisearrest für Straftäter, Grenzkontrollen und Zurückweisungen gehören zum bekannten Instrumentarium. Mit Punkt 9 "Asylrecht der Realität anpassen" beschließt die CSU allerdings eine Programmatik, die das deutsche Asylrecht de facto zum Papiertiger schrumpfen lassen würde. Eine Position, die es in der Union bisher nur als Einzelmeinung gab, wird zum Parteitagsbeschluss bei der CSU.
    So viele Flüchtlinge leben in Deutschland
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    Asylrecht durch eine "institutionelle Garantie" ersetzen

    Das bisher geltende "individuelle subjektive Recht auf Asyl" soll nach dem Willen der CSU durch eine sogenannte "institutionelle Garantie" ersetzt werden. Das deutsche Asylrecht wäre damit auf den Kopf gestellt. Die CSU argumentiert in ihrem Leitantrag "der Zuzug ist zu viel und nicht mehr stemmbar. Eine strikte Begrenzung der Migration ist dringend nötig. Insgesamt muss daher die Zahl der Asylanträge auf weit unter 100.000 im Jahr reduziert werden."
    Wie diese Garantie umgesetzt werden könnte, beantwortet die CSU zunächst nicht. Eins scheint klar: Asyl soll, wenn es nach der CSU geht, künftig nicht mehr "ein individuell einklagbarer Rechtsanspruch" sein.

    Söder: "Nicht immer nur achselzuckend dastehen"

    Das wäre ein fundamentaler Richtungswechsel im deutschen Rechtsstaat. Auch wenn Söder verspricht: "Natürlich helfen wir in der Not, natürlich bleiben wir human, wir bleiben natürlich christlich." Und er wie zur Entschuldigung hinzufügt:

    Aber wir müssen doch am Ende als Staat und Demokratie den Bürgern auch sagen können, dass wir selber entscheiden können, wer wie oft, wie lang zu uns kommt.

    Markus Söder, CSU-Chef

    "Und wir nicht immer nur achselzuckend dastehen und sagen, wir können nichts ändern", sagt Söder.
    Markus Söder, bayrischer Ministerpräsident im Gespräch mit Antje Pieper
    Mehr und konsequentere Abschiebungen - das fordert der bayrische Ministerpräsident Söder. 25.08.2024 | 3:23 min
    Mit dieser Programmatik droht Söder seine Partei strukturell koalitionsunfähig zu machen. Denn in mutmaßlich keiner Koalitionsoption, die die Union nach der Bundestagswahl wählen könnte, würde ein Koalitionsvertrag unterschrieben, der diese Ideen zu realer Politik machen.

    Söders Drohung: "Der Süden vergisst nicht"

    Seine Rede auf dem CSU-Parteitag nutzt Söder nicht nur für diese Neubestimmung in der Migrationspolitik, sondern vor allem auch für eine harte Abrechnung mit der Ampel und insbesondere den Grünen. "Diese Ampel ist klinisch tot", attestiert der CSU-Chef Olaf Scholz und seiner Regierung. Es ist eine tiefe, auch persönliche Enttäuschung, die Markus Söder antreibt. In Berlin regiere die "bayernfeindlichste Regierung aller Zeiten".
    CSU-Vorsitzender Markus Söder im Gespräch mit Shakuntala Banerjee.
    CSU-Chef Söder kritisierte im ZDF-Sommerinterview Faesers Ankündigung, die Grenzkontrollen nach der EM wieder zurückzufahren.14.07.2024 | 0:57 min
    Als Beispiele führt er die Strom- und Wasserstoffnetzplanungen, die Änderung des Wahlrechts zu Lasten der CSU an. Besonders ärgert ihn aber, dass der Bund sich weigere, seinem Bundesland bei der Beseitigung der Hochwasserschäden des Sommers zu helfen - obwohl das alle Vertreter der Bundesregierung von Robert Habeck, über Nancy Faeser bis zu Olaf Scholz bei ihren Besuchen in den bayerischen Hochwassergebiet versprochen hatten. "Der Süden vergisst nicht. Der Süden vergisst nicht", droht er gleich zweimal.

    Grünen-Bashing als Wahlkampfschlager

    Söder leitet daraus seit Wochen eine massive Kampagne vor allem gegen die Grünen ab. "Für mich haben die Grünen den Regierungstest nicht bestanden. Die Grünen sind nicht Mitte, sondern links. Die Grünen sind gegen Bayern", argumentiert der CSU-Vorsitzende.
    Markus Söder CSU
    Für ganz Europa sei es ein echtes Problem, dass die deutsche Regierung so schwach sei, sagte Söder zu den sich im Juni abzeichnenden Europawahl-Ergebnissen.09.06.2024 | 0:58 min
    Und damit diese Drohung auch bei der großen Schwesterpartei verfängt, versucht Söder den Mitgliedern der CDU etwas Angst zu machen "Wenn die Union auf die Grünen setzt, wird sie unter 30 Prozent landen", ruft er unter viel Jubel den Delegierten des Parteitages zu. Markus Söder gibt damit einen Vorgeschmack auf die Auseinandersetzungen, die der Union in den nächsten Monaten drohen könnten.
    In der CDU-Spitze ist man schon seit Tagen genervt von der immer wieder vorgetragenen Ausschließeritis durch Markus Söder. Wenn man in einem Jahr die Regierung übernehmen wolle, so die Haltung bei Merz und Co., dürfe man sich heute nicht festlegen. Keiner könne doch sagen, wie das Wahlergebnis in einem Jahr ausfalle. Und mancher aus der CDU-Parteiführung hat für den CSU-Vorsitzenden nur noch Spott übrig: "Am Ende wird es Markus Söder sein, der sich korrigieren muss, wenn er dann doch einen Koalitionsvertrag mit den Grünen unterschreibt."

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    Quelle: ZDF

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