Angriffe auf Politiker: Besserer Schutz gegen Gewalt geplant

    Angriffe rund um Wahlen:Wie Politiker besser geschützt werden sollen

    von Bennet Brinkmann und Jakob Thies
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    Das Superwahljahr 2024 war ein Jahr der Übergriffe und Gewalt gegen politische Amtsträger und Wahlkampfhelfer. Jetzt sollen neue gesetzliche Regelungen Politiker besser schützen.

    Beschmierte Wahlplakate
    Zuletzt kam es im Wahlkampf immer wieder zu Angriffen auf Helfer und Politiker. (Symbolbild)
    Quelle: Imago

    Die CDU-Politikerin und gebürtige Kamerunerin Adeline Abimnwi Awemo wurde Ende Juli Opfer eines rassistischen Angriffs. Zusammen mit ihren Kindern hängte sie in Cottbus Wahlplakate auf, als eine junge Frau völlig unvermittelt mit einem Wahlplakat auf sie einschlug und schrie: "Ihr seid keine Menschen!" Awemo kam in die Notaufnahme, der Schock sitzt bis heute tief.

    Wie viele politisch motivierte Straftaten sind erfasst?

    Awemos Fall reiht sich ein in eine Serie von Übergriffen im Zusammenhang mit den diesjährigen Wahlen. Neueste Zahlen vom sächsischen Innenministerium, die der ZDF-Redaktion frontal vorliegen, zeigen allein in Sachsen 897 politisch motivierte Straftaten, davon 14 Gewaltdelikte.
    In Brandenburg ergab die kleine Anfrage der Linken-Politikerin Andrea Johlige, dass es in den ersten beiden Quartalen zu 214 politisch motivierten Straftaten kam. Dazu zählen Sachbeschädigung, Nötigung und Körperverletzung. Die Ermittlungen laufen teilweise noch. In Thüringen zählte das Landeskriminalamt allein 1.675 beschädigte Wahlplakate in diesem Jahr.
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    Gewalt gegen Politiker: Was wollen die Täter erreichen?

    Viktoria Kamuf ist Soziologin und forscht zu rechtsextremer Gewalt am Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena. Sie stellt fest, dass Täter immer offener und selbstbewusster auftreten.
    Dabei gehe es ihnen seltener darum, gegen einen konkreten politischen Amtsträger einer Partei vorzugehen. Die Taten zeigten dagegen öfter "einen Botschaftscharakter und sollen ein Zeichen an die Gruppen hinter den Opfern sein."

    Wie soll politische motivierte Gewalt eingedämmt werden?

    Jetzt sollen neue Regelungen für mehr Schutz für politische Amtsträger sorgen. Politiker, die für den Bundestag kandidieren, müssen ab sofort nicht mehr ihre komplette Adresse preisgeben. Bislang war eine genaue Angabe dieser Teil der Kandidatur, zukünftig reicht nur der Wohnort. Dadurch soll das Risiko minimiert werden, dass Politiker zu Hause aufgesucht und Opfer politisch motivierter Gewalt werden. Die geplante Änderung der Wahlordnung wurde den Fraktionen diese Woche vorgelegt.
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    Eine weitere Maßnahme ist die Verlängerung einer Auskunftssperre von zwei auf vier Jahre. Eine solche Sperre können laut Bundesmeldegesetz Menschen beantragen, die einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sind. Dazu zählen zum Beispiel Journalisten oder eben Politiker.
    Bislang müssen die Personen nach Ablauf der zwei Jahre erneut einen Antrag stellen. Ohne die Auskunftssperre können Adressen anderer beim Einwohnermeldeamt erfragt werden, ohne dabei Gründe nennen zu müssen.

    Reichen die geplanten Maßnahmen zum Schutz?

    Die Grünen-Innenpolitikerin Misbah Khan begrüßt die Maßnahmen, allerdings reichten sie im ländlichen Raum, wo sich jeder kenne und wo der Wohnort von Politikern meist bekannt sei, nicht aus. Nachbesserungsbedarf sieht sie auch bei digitaler Gewalt. "Es braucht daher dringend Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bekämpfung von politisch motivierter Kriminalität, schnellere Gerichtsverfahren und eine konsequente Vollstreckung von offenen Haftbefehlen."

    Wer demokratisch Engagierte bedroht, oder angreift, muss auch die rechtsstaatlich möglichen Konsequenzen zu spüren bekommen.

    Misbah Khan, Innenpolitikerin der Grünen

    Adeline Abimnwi Awemo steht nebem einem CDU-Wahlplakat, auf welchem sie abgebildet ist.
    CDU-Politikerin Adeline Abimnwi Awemo wurde beim Anbringen von Wahlplakaten rassistisch beleidigt.
    Quelle: dpa

    Die CDU-Politikerin Awemo hat nach dem Übergriff beschlossen weiter in der Politik aktiv zu sein - mit einer Änderung. Ihre öffentlichen Termine spricht sie mittlerweile immer mit der Polizei ab.
    Bennet Brinkmann und Jakob Thies arbeiten im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.

    Angriffe, Stalking und Co.
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    Ein beschädigtes Wahlplakat hängt am Platz der Demokratie in Weimar, aufgenommen am 29.04.2024
    FAQ

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