ARCHIV - 05.05.2023, Sachsen-Anhalt, Klietz: Ukrainische Soldaten arbeiten im Rahmen ihrer Ausbildung an der Panzerkanone eines Kampfpanzers vom Typ Leopard 1 A5. Am Bundeswehrstandort Klietz im Norden Sachsen-Anhalts werden die Soldaten befähigt, das Waffensystem zu nutzen und instand zu setzen. Die Ostdeutschen halten seltener (4 Prozent) als die Westdeutschen (15 Prozent) eine verstärkte Unterstützung der Ukraine für eine außenpolitische Priorität. (zu dpa "Umfrage: Europa, Klima, Autokraten wichtige außenpolitische Aufgaben") Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Quelle: dpa
Ein Krater mitten in Kiew, ein ausgebranntes Mehrfamilienhaus. Es sind Bilder, wie man sie aktuell fast täglich in der
Ukraine sieht. Dahinter stehen die Geschichten von Menschen, deren Leben durch
russische Raketen vernichtet werden sollen. Das ganze Land wird seit dem Jahreswechsel von einer der heftigsten Angriffswellen erschüttert.
Dabei wird auch die Wohnung von Lyudmila Opanasenko und ihrem Mann Volodymyr in der Hauptstadt getroffen. Seit 14 Jahren lebt die Ärztin hier, niemals hatte sie geglaubt, dass sie einmal in ihrem Zuhause getroffen würde. Ihr Mann Volodymyr, auch Arzt, war gerade auf dem Weg zur Arbeit im Auto vor der Tür. Als die
Raketen auf ihre Stadt flogen, rannte er zurück.
Kostenlose Trainingscamps, umfassende Werbekampagnen: Die Ukraine ringt um Ersatz für gefallene Soldaten. Doch viele junge Ukrainer fürchten sich vor einem Einsatz.06.01.2024 | 2:47 min
Russland zielt strategisch auf Zivilisten
Er sei zurück in die Wohnung im neunten Stock gerannt, habe sie aus dem Bett geholt und sei mit ihr ins Bad gehastet, erzählt sie. Eine Minute später gab es eine laute Explosion, die Rakete schlug genau vor ihrem Haus in den Garten ein. "Wäre er im Auto geblieben und ich hier, ich wäre definitiv verletzt worden", sagt Lyudmila Opanasenko. Das Schlafzimmer ist übersät mit Glassplittern, weil die Scherben zerborsten sind, ihr Auto wurde von Trümmerteilen getroffen und ist nur noch ein Haufen Schrott.
Es sind Sekunden, manche nennen es Schicksal, andere Zufall, die darüber entscheiden, ob ein Mensch hier überlebt oder schwer verletzt wird. Vier Menschen sind in ihrem Haus gestorben.
Russland zielt seit Tagen mit unterschiedlichsten Raketen und Drohnen auf das ganze Land, auf Zivilisten. Solch
massive Angriffe müssen lange geplant und strategisch vorbereitet worden sein.
Die ukrainische Luftabwehr muss Schwerstarbeit leisten, alles aufbieten, was sie hat.
Die Ukraine sei auf westliche Unterstützung angewiesen, berichtet ZDF-Reporterin Alica Jung. Der ukrainischen Luftwaffe fehle zunehmend Munition, um russische Raketen abzufangen.10.01.2024 | 5:38 min
Kritik an den Methoden der Rekrutierungszentren
Es ist ein Kampf in der Luft, parallel zum Kampf an der Front, der im zweiten
Kriegswinter das Durchhaltevermögen der Soldaten strapaziert, die fast ohne Pause kämpfen. Während die Regierung darüber diskutiert, wie sie mehr Männer mobilisieren kann, um die erschöpften Truppen zu unterstützen, wird die Kritik der Bevölkerung an den Methoden der
Rekrutierungszentren immer lauter: Undurchsichtig, korrupt und veraltet seien sie.
Einige Männer verstecken sich zu Hause, aus Sorge vom Militär auf der Straße aufgegriffen und eingezogen zu werden. Wie Vova in Kiew, der nur mit uns spricht, weil wir seinen echten Namen nicht verraten. Er hat sich dagegen entschieden zu kämpfen, begründet das mit gesundheitlichen Problemen und seiner Haltung gegen jegliche Kampfhandlungen. Vova kritisiert, dass es keine Transparenz bei der Auswahl der Rekruten gebe und dass Männer in Bereichen eingesetzt würden, wo sie keinerlei Fähigkeiten vorweisen könnten.
Wegen der schweren russischen Raketenangriffe über Neujahr berät die Ukraine mit der Nato über einen stärkeren Schutz.10.01.2024 | 2:16 min
Soldaten melden sich freiwillig, um den Zentren zu entgehen
Selbst die, die sich nicht verstecken, sondern sich aktiv auf den Kampf vorbereiten und an der Front dienen wollen, sehen die Problematik. So gibt es Männer, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen wollen und sich gezielt bei einer bestimmten Einheit bewerben. Besonders beliebt ist die dritte Angriffsbrigade, sie gilt als besonders gut organisiert. Der Leiter für die Ausbildung der Rekruten begründet das unter anderem mit der respektvollen Beziehung zwischen den Soldaten und ihren Kommandeuren.
Auf einem Übungsgelände in Kiew trainieren sie die Außerwählten in Taktik bei Verteidigung und Angriff, aber auch in erster Hilfe auf dem Schlachtfeld. Nazar hat sich gegen den Willen seines Vaters gemeldet, der selbst Soldat ist und Sorge hat um das Leben seines einzigen Kindes. Doch Nazar wolle nicht mehr nur tatenlos zusehen, sondern "die Sache selbst anpacken, nur Spenden an die Front werden nicht ausreichen."
Alica Jung berichtet aus der Ukraine.