Moskaus Ukraine-Bilanz: Hohe Verluste, kleine Geländegewinne
Analyse
Russlands Ukraine-Bilanz in 2024:Höchste Verluste, geringste Geländegewinne
von Christian Mölling und András Rácz
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Russland hat in der Ukraine 2024 weniger als 4.200 Quadratkilometer gewonnen. Die Verluste sind höher als in den zwei Vorjahren zusammen. Dennoch gehen die Kämpfe auch 2025 weiter.
Hohe Verluste bei geringen Geländegewinnen: Aus russischer Sicht war das Jahr 2024 in der Ukraine erfolgloser als die Vorjahre.
Quelle: dpa
Nach Angaben der US-Denkfabrik "Institute for the Study of War" hat Russland im vergangenen Jahr insgesamt 4.168 Quadratkilometer Land erobert, vor allem im Donbass und in der Region Kursk. Zum Vergleich: Die Ukraine hat eine Fläche von 604.000 Quadratkilometern.
Während sich der russische Vormarsch im Dezember verlangsamte, was zum Teil auf die sich verschlechternden Wetterbedingungen und die verbesserte Verteidigung der Ukraine zurückzuführen ist, blieb die Verlustquote in etwa gleich.
Quelle: DGAP
... leitet das Programm "Europas Zukunft" für die Bertelsmann Stiftung in Berlin. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.
Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Nach ukrainischen Schätzungen - die durchaus kritisch zu betrachten sind - hat Russland allein im Jahr 2024 etwa 420.000 Kämpfer verloren: Sie wurden getötet, verwundet, gefangengenommen oder gelten als vermisst. Wenn diese Größenordnung zutreffend ist, bedeutet dies, dass das vergangene Jahr für Moskau blutiger war als die beiden vorangegangenen zusammen. Im Vergleich dazu ist das Tempo des Vormarsches sehr, sehr langsam.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Geländegewinne der russischen Armee im Osten der Ukraine eingeräumt.04.01.2025 | 0:20 min
Russische Vorstöße im südlichen Donbass
Dennoch rückten die russischen Streitkräfte weiter in den südlichen Teil des Donbass vor. Westlich von Kurachowe ist auch das zerstörte Wärmekraftwerk Kurachowe unter russischer Kontrolle, die ukrainischen Verteidiger zogen sich organisiert zurück.
Dennoch konnten sie den russischen Vormarsch nicht aufhalten, und die russischen Bodentruppen rücken - unter schweren Verlusten - entlang der Straße Kurachowe-Pokrowske-Nowomykolajiwka, d.h. weiter nach Westen vor.
Auch auf Welyka Nowosilka wird Druck ausgeübt, aber die Stadt ist noch nicht eingeschlossen, und die Ukrainer führen dort eine robuste Verteidigung durch. Es bleibt jedoch wahrscheinlich, dass die noch von der Ukraine gehaltenen Teile des südlichen Donbass relativ bald fallen.
ZDFheute live blickt mit Experte Hinz auf den zunehmenden Einsatz von Drohnen im Krieg gegen die Ukraine.02.01.2025 | 30:43 min
Russische Einkesselung von Pokrowsk rückt näher
In Richtung Pokrowsk rückten die russischen Streitkräfte südlich von Pokrowsk weiter nach Westen vor. Sie nahmen die Stadt Schewtschenko vollständig ein, einschließlich der dortigen Lithium-Mine. Sie sind etwa 1-2 Kilometer von der Durchtrennung der Straße Pokrowsk-Udatschne-Mezhova entfernt.
Nach ukrainischen Angaben hat Russland einige seiner wichtigsten Einheiten in den Abschnitt südlich von Pokrowsk umgruppiert, was darauf hindeutet, dass Moskau dieser Richtung Vorrang einräumt. Sie haben die Möglichkeit, entweder Pokrowsk weiter einzukesseln oder weiter nach Westen in Richtung der Grenze der Region Dnepropetrowsk vorzustoßen.
Karte von der Ukraine, auf der die Städte Toropez, Kursk und Pokrowsk zu sehen sind.
Quelle: ZDF
Statischer Verlauf rund um Region Kursk
In der Region Kursk verliefen die Kämpfe relativ statisch, ohne dass es zu nennenswerten territorialen Veränderungen auf beiden Seiten kam. Inzwischen gibt es immer mehr Informationen über die nordkoreanischen Truppen, die offenbar sehr schwere Verluste erleiden, die sich bereits auf mindestens mehrere hundert Tote belaufen.
Die unter Druck geratenen ukrainischen Streitkräfte haben im westrussischen Gebiet Kursk überraschend eine neue Offensive gestartet. "Gebiet Kursk, gute Nachrichten: Russland erhält das, was es verdient", schreibt der Leiter des Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, auf Telegram - und bestätigt damit indirekt den Vorstoß. Zunächst hatten russische Militärblogs von den unerwarteten Angriffen der Ukrainer berichtet.
Im Gebiet Kursk seien die Russen überrascht worden, ukrainische Angriffe liefen in mehrere Richtungen, sagte auch ein anderer ukrainischer Regierungsbeamter. Das Militär in Kiew selbst machte zunächst keine Angaben. Nach Berichten russischer Staatsmedien haben die russischen Streitkräfte die ukrainische Offensive in Kursk abgewehrt
Quelle: dpa, Reuters
Russland intensiviert zuletzt auch seine Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung.27.12.2024 | 1:39 min
Marinedrohne schießt russischen Hubschrauber ab
Am 31. Dezember wurde bekannt, dass es einer ukrainischen Magura V5 Marinedrohne gelungen ist, einen russischen Hubschrauber abzuschießen und einen weiteren durch eine auf dem Deck montierte umgebaute Luft-Luft-Rakete zu beschädigen. Die Ereignisse wurden auch von russischen Quellen bestätigt. Dieser Abschuss stellt einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung der ukrainischen Marinedrohnenfähigkeiten dar.
Sobald dieses System in großem Umfang eingesetzt wird, werden die ukrainischen Marinedrohnen eine große Gefahr für alle russischen Luftstreitkräfte darstellen, die das Schwarze Meer überfliegen, und somit die operativen Möglichkeiten Russlands rund um die Krim weiter einschränken.
Von der Kamikazedrohne bis zur Marinedrohne – Russland und die Ukraine setzen verschiedenste Kampfdrohnen ein. Welcher Typ kann was? Ein Überblick. 02.01.2025 | 2:14 min
Gefangenenaustausch kurz vor dem Jahreswechsel
Am 30. Dezember fand ein großer Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine statt, der von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt wurde. Beide Seiten tauschten 189 Kriegsgefangene aus.
Einige der freigelassenen ukrainischen Soldaten waren bereits zu Beginn des Krieges auf der Schlangeninsel oder in Mariupol gefangen genommen worden, was bedeutet, dass sie mehr als zwei Jahre in Gefangenschaft verbrachten.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.