Wahl in Österreich: Könnte Hochwasser die Wahl entscheiden?
Parlamentswahlen in Österreich:Könnte das Hochwasser die Wahl entscheiden?
von Laura Meyer, Wien
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Lange gab es im österreichischen Wahlkampf nur zwei Themen: Migration und gestiegene Preise. Nun kam ein drittes Thema auf: das Hochwasser. Es ist vielleicht das Entscheidende.
Kann den Wahlausgang entscheiden: Die Kanzlerpartei ÖVP kann vom Hochwasser in Österreich profitieren.
Quelle: dpa
Ohne diese beiden Themen kommt kein österreichisches Wahlprogramm vor der Nationalratswahl am 29. September aus, unterschiedlich ist nur der Umgang: Migration - das geht von "Festung Österreich" bei der FPÖ bis hin zu "Menschlichkeit und Ordnung" bei der SPÖ - und Teuerung.
Anstehende Wahlen in Österreich. So ist die politische Ausgangslage vor den Wahlen.27.09.2024 | 2:37 min
Österreich wählt am 29. September einen neuen Nationalrat, die Abgeordnetenkammer des österreichischen Parlaments. Das politische System funktioniert ähnlich wie in Deutschland und der Bundespräsident ernennt den Bundeskanzler. Seit der letzten Nationalratswahl 2019 regierte eine Koalition der konservativen ÖVP und der Grünen. Vorwahlumfragen zufolge wird es für diese Koalition rechnerisch nicht mehr reichen.
Diese Legislaturperiode ist aber auch markiert durch den Wiederaufstieg der FPÖ nach der - ebenfalls skandalträchtigen - Ibiza-Affäre im Jahr 2019. An dieser Affäre war die letzte österreichische Bundesregierung zerbrochen. Unter der Führung von Herbert Kickl liegt die rechtspopulistische FPÖ seit Monaten in den Umfragen vorn. Spitzenkandidat Kickl stemmte sich gegen die Impfpflicht und treibt die schwarz-grüne Koalition in der Migrationsdebatte vor sich her.
Wer in Österreich Asyl erhält, darf seine Familie nachholen. Nun, so die regierende ÖVP, kämen zu viele. Mehr DNA-Tests sollen das Problem lösen - das könnte aber teuer werden.
Christian von Rechenberg, Wien
mit Video
Inflation und Migration bestimmen Wahlkampf
Die Inflation betrifft die Österreicherinnen und Österreicher mittlerweile seit Jahren. Sowohl die Preise im Supermarkt als auch die Mieten sind seit der Corona-Krise massiv angestiegen und für Teile der Bevölkerung problematisch hoch. Galt vor allem Wien lange als Hochburg für bezahlbare Mieten, ist es mittlerweile auch in Österreichs Hauptstadt zunehmend schwieriger eine Wohnung zu einem bezahlbaren Preis zu finden.
Laut Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle habe auch das Thema Sicherheit den Wahlkampf dominiert. Dieses rückte auch durch die Absage der Konzerte von Popstar Taylor Swift vermehrt in die Öffentlichkeit, nachdem Terrorpläne bekannt wurden. Insgesamt sei der Wahlkampf sehr polarisiert, so die Expertin.
Migration spielte im Wahlkampf auch eine große Rolle. Insbesondere die FPÖ habe das Thema immer wieder eingebracht. Das sei laut der Politikwissenschaftlerin Stainer-Hämmerle ohnehin das Thema, mit dem die Parteien jegliches Thema verknüpfen.
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Unterschiedliche Schwerpunkte in Wahlprogrammen
Ein Blick in die Wahlprogramme zeigt: Zu diesen Themen haben sich die Parteistrategen Gedanken gemacht. Insbesondere die FPÖ und die ÖVP werben mit einer strikteren Migrations- und Sicherheitspolitik.
Die Sozialdemokraten (SPÖ) setzen in ihrem Wahlkampf auf Maßnahmen gegen die Teuerung, ebenso die Grünen, die zusätzlich auch ihre Kernthemen Natur- und Klimaschutz in den Fokus rücken. Die liberalen NEOs setzen ihren Schwerpunkt auf Bildung und Transparenz, die Bierpartei richtet ihren Blick vor allem auf soziale Fragen.
Vor Nationalratswahl: Hochwasser könnte entscheiden
Doch nun hat das Hochwasser Themen hochgespült, das bisher nur die Grünen und die liberalen NEOs auf den Plakaten hatten: Klimaschutz und Klimawandel. Jetzt sprechen die politischen Entscheidungsträger*innen vor allem über nötige Nothilfen. Der Kanzler versprach Millionen an unkomplizierter Hochwasserhilfe. Deshalb profitiere die Regierungspartei ÖVP noch mehr als die Grünen von der Situation.
Am Sonntag wird in Österreich gewählt. Dass die rechtspopulistische FPÖ den Kanzler stellt, ist unwahrscheinlich. Nur die ÖVP ist unter Bedingungen zu einer Zusammenarbeit bereit.27.09.2024 | 2:44 min
Wegen der Hochwasserereignisse in vielen Teilen des Landes habe sich nun die Stimmung innerhalb des Landes geändert, sagt Stainer-Hämmerle. Die Erzählung der FPÖ, dass die Regierung die Bevölkerung im Stich lasse, könne nicht mehr erzählt werden. Insbesondere für die ÖVP sei deshalb wieder alles offen.
Dem aktuellen Wahltrend der österreichischen Nachrichtenagentur APA (Stand 22.09.2024) zufolge wird die rechtspopulistische FPÖ mit rund 27,2 Prozent als stärkste Kraft aus den Parlamentswahlen hervorgehen. Der konservativen ÖVP, die derzeit den Kanzler stellt, drohen massive Verluste im Vergleich zu 2019 und sie erreicht der Umfrage zufolge derzeit mit rund 24,7 Prozent Platz zwei.
Auf Platz drei folgen mit rund 20,6 Prozent die Sozialdemokraten (SPÖ), gefolgt von den liberalen NEOS mit 9,8 Prozent. Die Grünen als bisheriger kleiner Koalitionspartner in der österreichischen Bundesregierung verlieren ebenso wie die ÖVP an Stimmen und liegen mit 8,3 Prozent auf Rang fünf. Die BIER-Partei, die bisher nicht im Parlament vertreten ist, kommt auf 3,8 Prozent in den Vorwahlumfragen und ist damit knapp unter der 4-Prozent-Hürde.
Vorwahlumfragen bestätigen, dass der Abstand zwischen FPÖ und ÖVP nach den Hochwassermeldungen geringer wurde. Expertin Stainer-Hämmerle schließt nicht aus, dass am Ende das Hochwasser für die ÖVP den entscheidenden Unterschied machen wird.
Mehrere europäische Länder haben wegen Überschwemmungen große Schäden und Tote zu beklagen. In Deutschland bangen vor allem Sachsen, Bayern und Brandenburg. Die Entwicklungen live.
Liveblog
Quelle: ZDF
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