Wahl in Österreich: Könnte Hochwasser die Wahl entscheiden?

    Parlamentswahlen in Österreich:Könnte das Hochwasser die Wahl entscheiden?

    Laura Mayer
    von Laura Meyer, Wien
    |

    Lange gab es im österreichischen Wahlkampf nur zwei Themen: Migration und gestiegene Preise. Nun kam ein drittes Thema auf: das Hochwasser. Es ist vielleicht das Entscheidende.

    Hochwasser in Österreich
    Kann den Wahlausgang entscheiden: Die Kanzlerpartei ÖVP kann vom Hochwasser in Österreich profitieren.
    Quelle: dpa

    Ohne diese beiden Themen kommt kein österreichisches Wahlprogramm vor der Nationalratswahl am 29. September aus, unterschiedlich ist nur der Umgang: Migration - das geht von "Festung Österreich" bei der FPÖ bis hin zu "Menschlichkeit und Ordnung" bei der SPÖ - und Teuerung.

    Österreich von Krisen geprägt

    Österreich ist geprägt von den Krisen der letzten Jahre: Corona, Kriege, allgemeine Preisanstiege und die Folgen des Klimawandels. Die schwarz-grüne Regierung hat die ganze Legislaturperiode durchgehalten - und das, obwohl sie sich von ÖVP-Ex-Kanzler Sebastian Kurz skandalbedingt verabschieden musste.
    Der österreichische Bundeskanzler und Vorsitzende der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) Karl Nehammer und der Vorsitzende und Spitzenkandidat der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) Herbert Kickl während ihrer Fernsehdebatte vor der Wahl.
    Vor der Wahl in Österreich lieferten sich Kanzler Nehammer von der ÖVP und sein Herausforderer, FPÖ-Chef Kickl, ein TV-Duell. Nach dem Hochwasser ging es besonders um Klimaschutz.26.09.2024 | 0:18 min

    Österreich wählt am 29. September einen neuen Nationalrat, die Abgeordnetenkammer des österreichischen Parlaments. Das politische System funktioniert ähnlich wie in Deutschland und der Bundespräsident ernennt nach der Wahl den Bundeskanzler. Seit der letzten Nationalratswahl 2019 regierte eine Koalition der konservativen ÖVP und der Grünen. Vorwahlumfragen zufolge wird es für diese Koalition rechnerisch nicht mehr reichen.

    Diese Legislaturperiode ist aber auch markiert durch den Wiederaufstieg der FPÖ nach der - ebenfalls skandalträchtigen - Ibiza-Affäre im Jahr 2019. An dieser Affäre war die letzte österreichische Bundesregierung zerbrochen. Unter der Führung von Herbert Kickl liegt die rechtspopulistische FPÖ seit Monaten in den Umfragen vorn. Spitzenkandidat Kickl stemmte sich gegen die Impfpflicht und treibt die schwarz-grüne Koalition in der Migrationsdebatte vor sich her.

    Migration: Debatte um DNA-Tests
    :Österreich verschärft Familiennachzug

    Wer in Österreich Asyl erhält, darf seine Familie nachholen. Nun, so die regierende ÖVP, kämen zu viele. Mehr DNA-Tests sollen das Problem lösen - das könnte aber teuer werden.
    Christian von Rechenberg, Wien
    Ein Laborant überprüft mehrere DNA-Proben.
    mit Video

    Inflation und Migration bestimmen Wahlkampf

    Die Inflation betrifft die Österreicherinnen und Österreicher mittlerweile seit Jahren. Sowohl die Preise im Supermarkt als auch die Mieten sind seit der Corona-Krise massiv angestiegen und für Teile der Bevölkerung problematisch hoch. Galt vor allem Wien lange als Hochburg für bezahlbare Mieten, ist es mittlerweile auch in Österreichs Hauptstadt zunehmend schwieriger eine Wohnung zu einem bezahlbaren Preis zu finden.
    Laut Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle habe auch das Thema Sicherheit den Wahlkampf dominiert. Dieses rückte auch durch die Absage der Konzerte von Popstar Taylor Swift vermehrt in die Öffentlichkeit, nachdem Terrorpläne bekannt wurden. Insgesamt sei der Wahlkampf sehr polarisiert, so die Expertin.

    Die Unzufriedenheit mit der Regierung ist sehr groß.

    Kathrin Stainer-Hämmerle, Politikwissenschaftlerin

    Migration spielte im Wahlkampf auch eine große Rolle. Insbesondere die FPÖ habe das Thema immer wieder eingebracht. Das sei laut der Politikwissenschaftlerin Stainer-Hämmerle ohnehin das Thema, mit dem die Parteien jegliches Thema verknüpfen.
    Pass-egal-Wahl Plakat
    Die „Pass egal“-Wahl in Österreich gilt als Zeichen für Mitbestimmung. Rund 1,5 Millionen Menschen sind wegen ihrem fehlenden Pass von der diesjährigen Wahl ausgeschlossen. 23.09.2024 | 2:01 min

    Unterschiedliche Schwerpunkte in Wahlprogrammen

    Ein Blick in die Wahlprogramme zeigt: Zu diesen Themen haben sich die Parteistrategen Gedanken gemacht. Insbesondere die FPÖ und die ÖVP werben mit einer strikteren Migrations- und Sicherheitspolitik.
    Die Sozialdemokraten (SPÖ) setzen in ihrem Wahlkampf auf Maßnahmen gegen die Teuerung, ebenso die Grünen, die zusätzlich auch ihre Kernthemen Natur- und Klimaschutz in den Fokus rücken. Die liberalen NEOs setzen ihren Schwerpunkt auf Bildung und Transparenz, die Bierpartei richtet ihren Blick vor allem auf soziale Fragen.

    Vor Nationalratswahl: Hochwasser könnte entscheiden

    Doch nun hat das Hochwasser Themen hochgespült, das bisher nur die Grünen und die liberalen NEOs auf den Plakaten hatten: Klimaschutz und Klimawandel. Jetzt sprechen die politischen Entscheidungsträger*innen vor allem über nötige Nothilfen. Der Kanzler versprach Millionen an unkomplizierter Hochwasserhilfe. Deshalb profitiere die Regierungspartei ÖVP noch mehr als die Grünen von der Situation.

    Der Kanzler ist im Krisenstab, kann einen Milliardenfonds Gelder verteilen. Das kommt schon einmal gut an.

    Kathrin Stainer-Hämmerle, Politikwissenschaftlerin

    AUSTRIA-WEATHER-FEATURE
    Bei Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser werden die Schäden sichtbar. Und die sind groß. Die Regierung hat nun den Katastrophenfond auf eine Milliarde Euro aufgestockt. 19.09.2024 | 2:01 min
    Wegen der Hochwasserereignisse in vielen Teilen des Landes habe sich nun die Stimmung innerhalb des Landes geändert, sagt Stainer-Hämmerle. Die Erzählung der FPÖ, dass die Regierung die Bevölkerung im Stich lasse, könne nicht mehr erzählt werden. Insbesondere für die ÖVP sei deshalb wieder alles offen.

    Dem aktuellen Wahltrend der österreichischen Nachrichtenagentur APA (Stand 22.09.2024) zufolge wird die rechtspopulistische FPÖ mit rund 27,2 Prozent als stärkste Kraft aus den Parlamentswahlen hervorgehen. Der konservativen ÖVP, die derzeit den Kanzler stellt, drohen massive Verluste im Vergleich zu 2019 und sie erreicht der Umfrage zufolge derzeit mit rund 24,7 Prozent Platz zwei. Auf Platz drei folgen mit rund 20,6 Prozent die Sozialdemokraten (SPÖ), gefolgt von den liberalen NEOs mit 9,8 Prozent. Die Grünen als bisheriger kleiner Koalitionspartner in der österreichischen Bundesregierung verlieren ebenso wie die ÖVP an Stimmen und liegen mit 8,3 Prozent auf Rang fünf. Die Bierpartei, die bisher nicht im Parlament vertreten ist, kommt auf 3,8 Prozent in den Vorwahlumfragen und ist damit knapp unter der 4-Prozent-Hürde.

    Vorwahlumfragen bestätigen, dass der Abstand zwischen FPÖ und ÖVP nach den Hochwassermeldungen geringer wurde. Expertin Stainer-Hämmerle schließt nicht aus, dass am Ende das Hochwasser für die ÖVP den entscheidenden Unterschied machen wird.

    Live-Ticker
    :Aktuelle News zu Unwetter und Hochwasser

    Mehrere europäische Länder haben wegen Überschwemmungen große Schäden und Tote zu beklagen. In Deutschland bangen vor allem Sachsen, Bayern und Brandenburg. Die Entwicklungen live.
    Hochwasser in Polen
    Liveblog

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

    Sie wollen stets auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie bei unserem ZDFheute-WhatsApp-Channel genau richtig. Egal ob morgens zum Kaffee, mittags zum Lunch oder zum Feierabend - erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Mini-Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Melden Sie sich hier ganz einfach für unseren WhatsApp-Channel an: ZDFheute-WhatsApp-Channel.

    Mehr zum Thema Hochwasser