Österreich: DNA-Test als Standard für Beantragung von Asyl
Migration: Debatte um DNA-Tests:Österreich verschärft Familiennachzug
von Christian von Rechenberg, Wien
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Wer in Österreich Asyl erhält, darf seine Familie nachholen. Nun, so die regierende ÖVP, kämen zu viele. Mehr DNA-Tests sollen das Problem lösen - das könnte aber teuer werden.
Österreichs Kanzler Nehammer will den Einsatz von Gen-Tests verstärken, um den Zuzug Angehöriger von Geflüchteten zu beschränken.13.05.2024 | 2:13 min
Kaum hatte Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer von der konservativen ÖVP (Österreichische Volkspartei) seine Pläne verkündet, hagelte es Spott von der Opposition. Als "absolute Nebelgranate" tadelte die SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs) die Pläne. Die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) nannte das gesagte "einen Schmäh" - sprich: einen Schwindel. Trotzdem setzt der Innenminister Nehammers Pläne nun in die Tat um.
Kaum ein Thema spaltet Europa so sehr wie die Migration. 2015 herrschte Willkommenskultur, seitdem schwenkt die EU zu einem härteren Umgang mit Geflüchteten.16.05.2024 | 45:19 min
Österreich: Soziale Systeme unter Druck
Der Schwindel, der dem Kanzler zur Last gelegt wird, betrifft den Nachzug von Familien schutzsuchender Menschen. Laut Gesetz darf jede Person, deren Asylantrag bewilligt wurde, innerhalb von drei Monaten seine Familie nachholen, also Kinder und Ehepartner. Davon haben zuletzt sehr viele Flüchtende Gebrauch gemacht, insbesondere Menschen aus Syrien. In der Folge gerieten vor allem in der Hauptstadt Wien die sozialen Systeme unter Druck. Die Schulen etwa, mussten in einem Monat bis zu 350 Schülerinnen und Schüler zusätzlich aufnehmen.
Dieser Druck kommt zur Unzeit, zumindest für Flüchtende und ihre Anliegen: Am 9. Juni sind Europawahlen und die bürgerlichen Parteien stehen in Umfragen deutlich hinter der rechtspopulistischen FPÖ. Und so bot der ÖVP-Kanzler Nehammer letzte Woche eine erwartbare Lösung für das Problem mit dem Familiennachzug an:
Zwischen dem 6. und dem 9. Juni 2024 finden die Wahlen zum neuen EU-Parlament statt. 720 Abgeordnete werden die Interessen der europäischen Bürger vertreten.17.04.2024 | 0:49 min
DNA-Test: Regel statt Ausnahme
Mit anderen Worten: die ÖVP will den Familiennachzug dadurch drosseln, dass sie die Regeln für den Nachweis der Verwandtschaft beim Familiennachzug verschärft. Der DNA-Test, der bisher Ultima Ratio war, soll zur Regel werden.
Experten reiben sich die Augen. Denn den Test gibt es schon längst, inklusive eines funktionierenden Verfahrens: Grundsätzlich dienen Dokumente, wie etwa Geburts- oder Heiratsurkunden, als ausreichende Nachweise für die Verwandtschaft.
Ein genetischer Test ist erst dann notwendig, wenn die Behörde Zweifel an der Echtheit der Dokumente hat. Den Test, der rund 270 Euro kostet, muss der Asylsuchende zunächst selbst zahlen. Liegt ein Verwandtschaftsverhältnis vor, zahlt der Staat auf Antrag das Geld zurück. Asyl-Experte Christoph Riedl von der Diakonie Österreich sieht keine Spielräume für eine weitere Verschärfung dieses Verfahrens.
Welche Wahlkampfthemen wichtig sind (bei der Europawahl)
ZDFheute Infografik
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In der Vergangenheit waren die Unterlagen fast immer ausreichend. Nur in knapp einem Prozent der Fälle war überhaupt ein DNA-Test nötig, sagt das Rote Kreuz, das in Österreich die Familienzusammenführung koordiniert.
Trotzdem will die Regierung den DNA-Test künftig bei jedem zweiten Fall anwenden. Also in 50 Prozent aller Fälle, statt bisher in nur einem Prozent. Der Innenminister begründet das zusätzlich mit angeblich gehäuften Fällen von manipulierten Urkunden und Dokumenten.
Frankreichs Präsident Macron liebt große Gesten, Bundeskanzler Scholz bedachte Worte. Krieg, Rechtsruck und Inflation spalten Europa. Können diese Männer die EU retten?07.05.2024 | 15:36 min
Künstlich gemachte Probleme in Österreich?
Einen Akt, der teuer werden könne. Und zwar für den Steuerzahler. Der Staat muss positive DNA-Tests erstatten. Also bisher beinahe alle. Das Problem, so die Kritiker, sei ein künstlich aufgeblähtes: Der Familiennachzug stieg zuletzt auch deshalb an, weil Behörden begannen, viele liegen gebliebene Akten zu bearbeiten. Die Welle ebbe also irgendwann von allein ab. Zudem ginge in Österreich ohnehin die Zahl der Asylanträge stark zurück, im Vergleich zu 2023 um fast 50 Prozent. Wie gesagt: am 9. Juni ist Europawahl.
Christian von Rechenberg ist Korrespondent im Studio Wien.
Das Europäische Parlament ist das einzige Organ der EU, das direkt von den EU-Bürgern gewählt wird. Welche Aufgaben hat das Parlament und welche Fraktionen gibt es?