Interview
Irans Präsident in Moskau:Putins neue Freunde?
von Armin Coerper
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Irans neuer Präsident reist nach Moskau und soll dort ein historisches Abkommen mit Präsident Putin unterzeichnen. Wie ernst muss das der Westen nehmen?
Kein Zweifel am Bündnis zwischen Russland und dem Iran: Die beiden Präsidenten trafen sich schon in Turkmenistan. (Archivbild)
Quelle: dpa
Es war am letzten Tag des vergangenen Jahres, als der iranische Brigadegeneral Behruz Esbati in einer Teheraner Moschee ungewohnt klare Worte fand. Esbati war zuvor in Syrien stationiert, vermutlich in einer leitenden Funktion bei der dortigen Operation seines Landes. Bis die ein plötzliches Ende fand. Jetzt benennt er den Schuldigen dafür, dass das Assad Regime dort gefallen war - und sowohl Teheran als auch Moskau ziemlich alt aussehen ließ.
Von "Verrat" ist die Rede in einem Mitschnitt, den eine oppositionelle Gruppe im Ausland prompt veröffentlicht hat. Ein Verrat, den Russland an Syrien und dem Iran begangen habe. Weil Unterstützung für Baschar al-Assad aus Moskau ausblieb. Weil der Kreml den gemeinsamen Schützling bereits abgeschrieben hatte.
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Abkommen soll Bündnis stärken
Nun kommt der neue Präsident des Iran, Massud Peseschkian, nach Moskau, ins Zentrum von Wladimir Putins Reich. Und es soll alles nach eitel Sonnenschein aussehen. Monatelang hatte der Kreml diesen Besuch angekündigt, jahrelang sei angeblich ein Abkommen verhandelt worden, das jetzt zur Unterschrift vorliegt. Ein Abkommen, das quasi am Vorabend der Amtsübernahme von Donald Trump in Washington demonstrativ die Reihen schließen soll. Und keinen Zweifel lassen am Bündnis eben jener beiden Länder, auf die Trump den Druck vielleicht erhöhen, zumindest aber neu justieren wird.
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"Wenn es jetzt erhöhten Druck auf den Iran gibt durch eine neue Trump-Regierung, würde ich vermuten, dass Russland den Iran mindestens in Schutz nimmt, um diesen Druck abzufedern." sagt Hanna Notte im ZDF-Interview. Sie beschäftigt sich beim Center for Strategic and International Studies in Washington DC mit den Beziehungen zwischen Russland und dem Iran.
Das iranische Atomprogramm könnte also in dem Abkommen eine Rolle spielen, das insgesamt 47 Punkte enthält, die bislang unter Verschluss sind. Offiziell soll es neben wirtschaftlicher auch um militärische Zusammenarbeit gehen. Die besteht bereits und ist vor allem im Ukraine-Krieg zum Tragen gekommen.
Denn schon seit Herbst 2022 liefert der Iran bewaffnete Shahed-Drohnen an Russland und hat Moskau nach Einschätzung westlicher Geheimdienste auch befähigt, diese selbst zu bauen. Der Westen vermutet, dass Iran auch ballistische Kurzstreckenraketen an Russland liefert.
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Parallele zu Nordkorea?
All das ist weitestgehend bekannt. Für Beunruhigung im Westen sorgt allerdings vor allem eine Parallele, mit der der Kreml gerne kokettiert. Immer wieder wird nämlich auf das bereits geschlossene Abkommen mit Nordkorea verwiesen, das eine militärische Beistandsklausel enthält. Und deren Konsequenz die Welt in Form von nordkoreanischen Soldaten erlebt, die für Russland und gegen die Ukraine kämpfen.
Ist also eine solche Klausel auch im Abkommen mit dem Iran vorstellbar? Eher nicht, sagt Expertin Hanna Notte. "Ich halte es für unwahrscheinlich, dass wir eine dementsprechende russische Verpflichtung gegenüber dem Iran sehen. Russland hat große Sorge, dass es im Nahen Osten zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen Israel oder womöglich den USA und dem Iran kommen könnte und Russland wird sich hier kaum verpflichten, dem Iran militärisch zur Seite stehen zu müssen."
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So ist auch Symbolik im Reisegepäck, wenn der iranische Präsident in Moskau das erste Abkommen der beiden Länder seit über zwanzig Jahren unterzeichnet. Zwei Länder, die der Westen zu isolieren versucht und die sich einer neuen Weltordnung verpflichtet sehen, in der für die Vormachtstellung der USA kein Platz mehr sein soll.
Und die unmittelbar vor der Amtseinführung Donald Trumps der Welt eine Freundschaft vorführen werden, die in Wahrheit nicht ganz so eng ist, wie es auf den Hochglanzbildern des Kreml scheinen soll.
Armin Coerper ist Leiter des ZDF-Studios Moskau.
Quelle: ZDF
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