Nordkoreaner: Putins Söldnerarmee nicht unterschätzen
Interview
Nordkoreas Krieger für Russland:Geflüchteter: Söldnerarmee nicht unterschätzen
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Lee Chul-eun arbeitete für die Staatssicherheit in Nordkorea, heute lebt er in Südkorea. Er warnt davor, Pjöngjangs Söldnerarmee im Dienste Russlands zu unterschätzen.
Ein aus Nordkorea nach Südkorea geflüchteter Mann erklärt seine Sicht auf den Ukraine-Krieg und ist überzeugt, dass nordkoreanische Soldaten nicht den Sold aus Russland erhalten.13.01.2025 | 2:33 min
Lee Chul-eun floh vor acht Jahren von Nord- nach Südkorea. Lee ist nicht sein echter Name, er will seine Identität und vor allem die seiner Mutter schützen. Sie lebt nach wie vor in Nordkorea. Die Familie des 38-Jährigen arbeitet dort für die Staatssicherheit. Lee zählte damit zur Elite. Doch er konnte nie reisen oder sein Land verlassen. Deshalb beschloss er 2016, nach Südkorea zu fliehen. Anders ist, dass er nun in den Medien lesen und sehen kann, was mit seinen nordkoreanischen Landsleuten passiert, die jetzt als russische Söldner gegen die Ukraine kämpfen.
Die Grenze Nordkoreas wird streng vom Militär überwacht. Trotzdem riskierte der ehemaligen Mitarbeiter der Staatssicherheit 2016 die Flucht über den Seeweg.
Quelle: dpa
ZDFheute: Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie davon gehört haben?
Lee Chul-eun: Als jemand, der in Nordkorea gelebt hat, hätte ich nicht mal im Traum daran gedacht, dass unsere Truppen nach Russland verlegt werden, auch nicht sonst wohin ins Ausland. Unter Kim Jong-un hat sich vieles verändert. Unter allen drei Kims - Kim Il-sung, Kim Jong-il, Kim Jong-un - gab es bislang immer die gleiche Linie: die Selbstverteidigungsfähigkeit Nordkoreas stärken. Von Auslandseinsätzen war nie die Rede.
ZDFheute: Was bringt es Nordkorea, für Russland zu kämpfen?
Lee Chul-eun: Die Fähigkeiten mit konventionellen Waffen soll verbessert werden. Kann gut sein, dass sie deshalb einen Deal mit Putin gemacht haben. Es heißt, dass jeder Soldat 2.000 Dollar pro Monat bekommt. Werden die ausgezahlt? Nein. Sie gehen direkt in die Staatskasse von Nordkorea. Unsere Leute wussten gar nicht, warum sie nach Russland gehen und sterben mussten. Nur, weil sie die falsche Staatsführung haben, sterben sie umsonst. Es bricht mir das Herz, wenn ich das sehe!
... zählt mit etwa 1,2 Millionen Soldaten zu den größten stehenden Heeren weltweit. Immer wieder droht Alleinherrscher Kim Jong-un mit Atomwaffen-Schlägen. Seit dem Koreakrieg vor mehr als 70 Jahren haben seine Soldaten allerdings kaum Kampferfahrung. Die sollen sie jetzt offenbar im Ukraine-Krieg trainieren. 300 Soldaten aus Pjöngjang sind laut südkoreanischem Geheimdienst bereits gefallen.
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat einen Gefangenenaustausch mit Nordkorea vorgeschlagen. Bei einer Übergabe soll Russland ukrainische Kriegsgefangene freilassen.13.01.2025 | 0:26 min
ZDFheute: Auch Sie mussten Militärdienst leisten in Nordkorea, bekamen also direkte Einblicke. Wie stark ist Kims Armee?
Lee Chul-eun: Nordkoreaner mögen klein aussehen, weil sie nicht gut ernährt werden. Aber sie sind widerstandsfähig. Sie haben ein hartes Leben, sie müssen um Nahrung kämpfen, deshalb sind sie zäh. Man sollte sie nicht unterschätzen.
... gelang es, im Herbst 2016 mit einem Freund die Grenze von Nord- nach Südkorea auf dem Seeweg zu überqueren. Sie schwammen nachts im Dunklen etwa sechs Kilometer über das Gelbe Meer. Seine Riskante Flucht bereut er bis heute nicht.
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ZDFheute: Was gab damals den Anstoß für Ihre Flucht? Sie lebten damals im Süden Nordkoreas.
Lee Chul-eun: Ich konnte dort südkoreanisches Fernsehen empfangen. Am 15. August 2016 hielt die damalige Präsidentin Park eine Rede. Sie sagte "Menschen aus Nordkorea, kommt nach Südkorea, ins Land der Freiheit und der Demokratie! Ein neuer Weg steht Euch offen!" Das war ein Wendepunkt in meinem Leben. Aber der Moment, an dem ich wirklich wusste, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte, war tatsächlich etwas später, als die Südkoreaner ihre Präsidentin des Amtes enthoben. In Nordkorea hätten sie vermutlich alle umgebracht. Die Tatsache, dass die Südkoreaner die Staatsführung zum Abtreten bringen konnten, war so ein Schock für mich. Da änderte sich meine komplette Denkweise. Das ist Demokratie, dachte ich.
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ZDFheute: Ihre neue Heimat Südkorea diskutiert jetzt, Waffen an Kiew zu liefern. Was halten Sie davon?
Lee Chul-eun: Sie mögen den Weltfrieden im Sinn haben, aber es kann zu neuen Spannungen zwischen Süd- und Nordkorea führen. Und nicht nur das, es würde Auswirkungen auf die Sicherheit und den Frieden der ganzen Welt haben. Ich wünsche mir wirklich, dass der Krieg zwischen Russland und der Ukraine endlich endet.
Das Interview führteElisabeth Schmidt, Korrespondentin im ZDF-Studio Peking.
Russland hat offenbar den ukrainischen Vorstoß in Kursk gestoppt - doch die Rückeroberung könnte noch dauern. Gleichzeitig mehren sich Berichte über hohe nordkoreanische Verluste.
von Christian Mölling, András Rácz
Analyse
Quelle: ZDF
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