Neuer iranischer Präsident: Was kann Peseschkian verändern?
Reformer gewinnt Präsidentenwahl:Iran: Was kann Peseschkian verändern?
von Phoebe Gaa
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Der als Reformer geltende Peseschkian wird Nachfolger des verstorbenen Hardliners Raisi. Er verspricht viele Veränderungen. Unklar bleibt, wie viele er davon umsetzen kann.
Der Reform-Kandidat Massud Peseschkian gewinnt die iranische Präsidentschaftswahl. Mit 53,7 Prozent setzt er sich gegen den ultrakonservativen Said Dschalili durch.06.07.2024 | 0:59 min
"Das Wahlergebnis ist großartig", sagt ein Geschäftsmann, der früher für den Staat gearbeitet hat. "Das Volk wollte der Regierung eine Nachricht überbringen. Sie sollten die Augen und Ohren öffnen, und den neuen Präsidenten jetzt im Sinne des Volkes arbeiten lassen. Seit 46 Jahren opfern Iraner ihr Leben, und ihren Besitz, jetzt erwarten sie, dass die Regierung endlich effizient handelt."
Peseschkian legt politischen Spagat hin
Massud Peseschkian war der breiten Masse zu Beginn des Wahlkampfs noch relativ unbekannt. Anfang der 2000er sammelte er in einer Reformer-Regierung als Gesundheitsminister Regierungserfahrung. Danach vertrat er seine Heimatstadt Täbris im Parlament. Der ehemalige Herzchirurg hat drei Kinder, die er alleine großzog, nachdem seine Frau und eine Tochter bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren.
Dass der islamische Wächterrat seine Kandidatur zugelassen hat, hat bei vielen Skepsis ausgelöst. In den letzten Wochen hat Peseschkian einen Spagat hingelegt: Dem Obersten Führer die Treue geschworen, und gleichzeitig das Vorgehen der Sittenwächter gegen Frauen und Mädchen kritisiert. Neue Gespräche mit dem Westen, zum Beispiel über Irans Atomprogramm gefordert, um die Sanktionen loszuwerden - und gleichzeitig klargemacht, dass auch er sich mit Israel keine freundlichen Beziehungen vorstellen kann.
Der Präsident im Iran könne keine "Richtungswechsel einläuten, aber er kann Akzente setzen", so ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa. Dies könne in den nächsten Jahren wichtig werden. 28.06.2024 | 1:42 min
Als er während einer Fernsehdebatte seinen Gegenkandidaten, Hardliner Dschalili, attackiert, zeigt Peseschkian, wie tief auch er im iranischen System verwurzelt ist. Androhung der Todesstrafe inklusive. "Wenn er hier acht Prozent Wirtschaftswachstum verspricht, werde ich meine Kandidatur zurückziehen. Aber wenn er scheitert, sollte er hingerichtet werden."
Irans Machthaber bemühen sich um Bild der Geschlossenheit
Nach der Wahl schlägt Peseschkian nun wieder versöhnlichere Töne an. Er wolle allen Iranerinnen und Iranern die Hand reichen:
Ajatollah Ali Khamenei gratuliert Massud Peseschkian zur Wahl. "Ich rufe alle zur Zusammenarbeit auf", zitiert die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna den Religionsführer. Die politische Rivalität im Wahlkampf solle nun in Freundschaft umgewandelt werden, ließ Khamenei verlauten.
Und auch der Kommandeur der Revolutionsgarden, Irans Elitestreitkräften, Hussein Salami, gratulierte dem neugewählten Präsidenten und sicherte eine gute Zusammenarbeit zu.
Die "wirkliche Macht" sei beim Revolutionsführer konzentriert, so Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Die Frage nach dieser Nachfolge ist noch unklar.29.06.2024 | 4:17 min
Klingt nach viel Harmonie. Irans Machthaber wirken bemüht, nach außen ein geschlossenes Bild abzugeben. Ob das so bleibt, wird auch davon abhängen, wie kraftvoll Peseschkian die von ihm versprochenen Veränderungen vorantreibt. Und ob am Ende die Optimisten oder die Skeptiker unter Peseschkians Beobachtern Recht behalten werden.
Phoebe Gaa leitet das ZDF-Studio in Istanbul, das auch für den Iran zuständig ist.