Gershkovich: Prozess gegen US-Journalisten gestartet

    US-Reporter in Russland :Auftakt im Prozess gegen Gershkovich

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    In Russland hat das Verfahren gegen den US-Reporter Gershkovich begonnen. Washington spricht von einem "Scheinprozess", Moskau deutet "Signale" zu einer möglichen Vereinbarung an.

    Evan Gershkovich
    Der US Reporter Evan Gershkovich sitzt seit mehr als 450 Tagen in russischer Haft. Ihm wird Spionage im Auftrag der CIA vorgeworfen. Heute beginnt der Prozess gegen ihn.26.06.2024 | 2:14 min
    Evan Gershkovich lächelte, als er im Glaskäfig für Angeklagte erschien. In Russland hat der Prozess gegen den US-Journalisten wegen angeblicher Spionage begonnen. Zum Auftakt des Verfahrens wurde der Reporter des "Wall Street Journal" in das Regionalgericht in Jekaterinburg gebracht und kurz den wartenden Journalisten präsentiert. Gershkovich trug ein dunkel kariertes Hemd, sein Kopf war kahl rasiert.
    Später wurde Gershkovich abgeführt. Wie die meisten Prozesse wegen Spionage findet das Verfahren hinter verschlossenen Türen statt. Wo der Reporter bis zur nächsten Anhörung, die für den 13. August angesetzt ist, festgehalten wird, teilte die russische Strafvollzugsbehörde nicht mit.
    Evan Gershkovich in Glaskasten in russischem Gericht.
    Der US-Amerikaner weist alle Vorwürfe zurück. 26.06.2024 | 1:29 min

    Gershkovich drohen bis zu 20 Jahre Haft

    Seit März 2023 sitzt Gershkovich in Untersuchungshaft in Moskaus Lefortowo-Gefängnis. Er ist der erste westliche Journalist, der seit Ende des Kalten Krieges in Russland wegen Spionagevorwürfen festgenommen wurde.
    Zum Zeitpunkt seiner Festnahme war der Reporter auf einer Recherchereise in der östlich des Uralgebirges gelegenen Stadt Jekaterinburg, wo nun auch sein Prozess stattfindet.
    Bei einer Verurteilung drohen dem US-Bürger bis zu 20 Jahre Haft in einer Strafkolonie. Der 32-Jährige weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück - ebenso wie die US-Regierung und sein Arbeitgeber, das "Wall Street Journal".
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    "Wall Street Journal" spricht von "Scheinprozess"

    Dieser bezeichnete das Verfahren gegen seinen Mitarbeiter am Mittwoch als einen "Scheinprozess". Herausgeber Almar Latour und Chefredakteurin Emma Tucker erklärten:

    Es ist erschütternd, ihn in einem weiteren Gerichtssaal für einen Scheinprozess zu sehen, der im Geheimen abgehalten wird und auf konstruierten Anschuldigungen beruht.

    Almar Latour und Emma Tucker, "Wall Street Journal"

    Der Prozess sei ein "unfassbarer Angriff auf die Pressefreiheit".

    USA: Kreml nutzt Gershkovich als Druckmittel

    Auch die US-Regierung bezeichnete das Verfahren einmal mehr als "nichts anderes als ein Scheinprozess". Der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, John Kirby, sagte in Washington:

    Evan (Gershkovich) war nie für die US-Regierung beschäftigt. Evan ist kein Spion. Journalismus ist kein Verbrechen, und Evan hätte von vornherein nicht inhaftiert werden dürfen.

    John Kirby, Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses

    Es gebe keine Rechtfertigung für Gershkovichs Inhaftierung. Russland benutze ihn lediglich als Druckmittel.
    Gershkovichs Familie forderte die US-Behörden auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um eine Freilassung zu erwirken. "Evan ist Journalist, und Journalismus ist kein Verbrechen", hieß es in einer Erklärung.
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    Russland: USA "Signale" gesendet

    Zu einer eventuellen Vereinbarung über einen Gefangenenaustausch mit Gershkovich wollte sich der Kreml in Moskau zunächst nicht äußern. Doch nur Stunden nach Eröffnung des Verfahrens sagte der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow, dass Russland den USA "Signale" zu einer möglichen Vereinbarung gesendet habe.
    Die US-Regierung solle "die Signale, die sie in Washington über die entsprechenden Kanäle erhalten hat, weiterhin ernsthaft in Betracht ziehen", sagte er russischen Nachrichtenagenturen.
    Der russische Präsident Wladimir Putin hatte in der Vergangenheit angedeutet, dass Gershkovich im Zuge einer solchen Vereinbarung freikommen könnte - und dabei die gewünschte Freilassung eines in Deutschland inhaftierten Russen erwähnt.
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    Quelle: AFP, dpa

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