Gipfel in Indien: Das steht in der G20-Abschlusserklärung
Gipfel in Indien:G20: Das steht in der Abschlusserklärung
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Die G20 haben sich auf eine gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt - trotz großer Meinungsunterschiede. ZDF-Korrespondent Andreas Kynast sprach von einem "traurigen Kompromiss".
Nur wenige Stunden nach Beginn des G20-Gipfels in Indien haben sich die Teilnehmer auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt. Es bestehe Konsens über die Gipfel-Erklärung. Diese sei bereits verabschiedet worden, sagte der indische Premierminister Narendra Modi am Samstag in Neu Delhi.
Russischer Angriffskrieg nicht mehr ausdrücklich verurteilt
Die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer verurteilen in der Erklärung den "Einsatz von Gewalt" zur Erzielung von "Geländegewinnen" in der Ukraine. Russland erreichte mit dem Kompromiss, dass der Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht mehr - wie noch im Vorjahr - ausdrücklich verurteilt wird. Stattdessen wird nur noch auf entsprechende Resolutionen der Vereinten Nationen verwiesen.
Der Westen handelte diesmal lediglich eine Formulierung heraus, nach der alle Staaten von Angriffen auf die territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit anderer Staaten Abstand nehmen müssen. Zudem werden - zumindest indirekt - wieder die Atomwaffendrohungen Russlands kritisiert: "Der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Kernwaffen ist unzulässig."
Getreidedeal: Entgegenkommen gegenüber Russland
Besonders wichtig dürfte für Moskau sein, dass auf russische Forderungen nach einer Lockerung der westlichen Sanktionen eingegangen wird. So heißt es, man rufe dazu auf, die "unverzügliche und ungehinderte Lieferung von Getreide, Lebensmitteln und Düngemitteln/Zusätzen von der Russischen Föderation und der Ukraine" zu gewährleisten. Dies sei notwendig, um den Bedarf in Entwicklungsländern besonders in Afrika zu befriedigen.
Putin hatte unter Verweis auf die westlichen Sanktionen ein Abkommen für den Transport von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer aufgekündigt.
Beim G20-Gipfel in Indien diskutieren die ZDF-Korrespondenten Elmar Theveßen, Andreas Kynast, Normen Odenthal und Ulf Röller über neue Machtblöcke und ihre Interessen.06.09.2023 | 29:42 min
Das haben die G20 zum Thema Klimaschutz festgehalten
Die Passagen der Abschlusserklärung zum Klimaschutz werden von Experten als wenig ehrgeizig eingestuft. Nicht aufgegriffen wird insbesondere die Forderung von Umweltorganisationen, die G20 sollten sich angesichts der eskalierenden Klimakrise klar zu einem zügigen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bekennen.
Stattdessen erklärten die G20 in dem Text ihre Unterstützung für "Bemühungen zur Verdreifachung der weltweiten Kapazität für erneuerbare Energien". "Wir verpflichten uns, dringend unser Handeln in der Bewältigung ökologischer Krisen und Herausforderungen zu beschleunigen, einschließlich dem Klimawandel", hieß es weiter. Ein Ende der Nutzung fossiler Energien wird in der Erklärung nicht gefordert.
ZDF-Korrespondent: Erklärung ist "trauriger Kompromiss"
Auch ZDF-Korrespondent Andreas Kynast, live vor Ort in Neu Delhi, bewertet die Erklärung als "traurigen Kompromiss".
Damals, in Bali, habe die Staatengemeinschaft den russischen Angriff noch verurteilt. "Heute, in Indien, kann sie sich nur mit Ach und Krach auf eine Selbstverständlichkeit einigen: dass Grenzen unantastbar sind", so Kynast. Obwohl die Präsidenten Russlands und Chinas gar nicht anwesend seien, hätten sie die Macht, die G20 zu spalten.
Scholz: "Sehr erfolgreiche Sitzung der G20"
Gipfelorganisator Amitabh Kant hingegen bewertet den Gipfel positiv. Er erklärte, der diesjährige Gipfel sei der "ehrgeizigste" in der Geschichte der G20. "Wir haben die substanzielle Arbeit im Vergleich zu vorherigen Vorsitzen mehr als verdoppelt", schrieb Kant im Online-Dienst X, ehemals Twitter.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bewertete den Gipfelauftakt als "sehr erfolgreich". Die Aussagen unter anderem zu den globalen Klimazielen und zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gingen weiter, als viele im Vorfeld befürchtet hätten, sagte Scholz zum Abschluss des ersten Tages.
Gipfel dauert noch bis Sonntag an
Der G20-Gipfel in Neu-Delhi hatte am Samstag mit der Aufnahme der Afrikanischen Union begonnen und geht noch bis zum Sonntag. Deutschland wird in Indien durch Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner (FDP) vertreten.
Einigungen zwischen den G20-Mitgliedern zu erreichen, war in den vergangenen Jahren zunehmend schwieriger geworden. Der Krieg in der Ukraine hat die Spaltungen noch vertieft. Ein weiteres Streitthema ist die Erderwärmung und wer für die dadurch entstehenden Kosten zu zahlen hat.