Unbekannte Tote in der Ukraine: DNA-Test als letzte Hoffnung

    Unbekannte Tote im Ukraine-Krieg:DNA-Test als letzte Hoffnung

    von Dara Hassanzadeh
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    Durch den russischen Angriffskrieg werden Zehntausende Menschen in der Ukraine vermisst, Leichname nicht identifiziert. Moderne DNA-Technik ermöglicht eine schnellere Suche.

    Charkiw. Kommissar Andrij Sharmin steht vor dem Polizeipräsidium der zweitgrößten Stadt in der Ukraine. Das Gebäude wurde von einem russischen Marschflugkörper zerstört. Die Fenster sind mit Holzbrettern verschlagen, die Fassaden noch immer vom Ruß der Brände gezeichnet. Es ist ein geeigneter Treffpunkt, um über seine Arbeit als Leiter der Forensik zu sprechen.
    In der Provinz Charkiw muss die Polizei noch die Identitäten von 1.903 Leichnamen ermitteln. Es handelt sich mehrheitlich um gefallene Soldaten, aber durch russische Luftangriffe steigt auch die Opferzahl unter Zivilisten, die ebenfalls nicht identifiziert sind. Besonders die 85 Fälle von noch nicht zugeordneten Kinderleichen belasten die Ermittler. "Ohne moderne DNA-Technik wären wir bei der Identifizierung von unbekannten Leichen jetzt am Ende der Ermittlungen", sagt Kommissar Sharmin.

    Gespendete High-Tech aus den USA

    Die DNA-Analyse spielt gerade bei Luftangriffen eine entscheidende Rolle. Im letzten Monat gab es einen Luftangriff mit 59 Toten in einer Kleinstadt in der Provinz Charkiw. "Vor Ort war es grausam. Dutzende Leichen waren völlig entstellt. Verbrannt. Oder durch die Sprengkraft der Explosion unkenntlich," sagt Kommissar Sharmin.

    Es gab einen menschlichen Körper, der in 127 Teile zerrissen wurde.

    Andrij Sharmin, Kommissar

    Das Zusammenführen der Körperteile gelang nur durch den Einsatz moderner Analyse-Technik aus den USA, gespendet von der Warren C. Buffet Stiftung.
    Diese Hochleistungsgeräte ähneln optisch großen Büro-Kopierern, doch sie können innerhalb von ca. 90 Minuten fünf DNA-Proben gleichzeitig analysieren. ANDA, wie das System heißt, kostet 250.000 Euro, die für eine Probe benötigte Kartusche 340 Euro. Die Stiftung übernimmt auch diese Kosten.
    Die Polizei in Charkiw verfügt inzwischen über vier Geräte, aber auch alle anderen ukrainischen Regionen haben ANDA erhalten. So werden landesweit alle Ergebnisse in die zentrale Datenbank eingespeist. Der Abgleich der Proben dauert dann nur wenige Minuten.
    Ukraine: Suche nach Vermissten per DNA-Test
    Zehntausende in der Ukraine gelten als vermisst, Tendenz steigend. Mithilfe eines mobilen DNA-Tests können die Toten identifiziert werden und so kann Gewissheit geschaffen werden.17.11.2023 | 1:59 min

    Hinterbliebenen mit Analysen helfen

    Bevor diese Technik zum Einsatz kam, dauerte eine DNA-Probe fast einen ganzen Tag im Labor der Charkiwer Polizei. Dementsprechend stapelten sich die unbearbeiteten Fälle und "dementsprechend lange mussten Angehörige von Vermissten auf die Ergebnisse des DNA-Abgleichs warten", sagt die Forensikerin Tetjana Savchuk. Und sie weiß, was diese Zeit der Ungewissheit für die Betroffenen bedeutet.

    So grausam unsere Arbeit sein kann, wir versuchen vor allem daran zu denken, wie wir mit unseren Analysen den Menschen helfen können.

    Tetjana Savchuk, Forensikerin

    Oksana Orels hat Monate voller verzweifelter Hoffnung durchlebt. Ihr Ehemann war Soldat und nach einem Kampfeinsatz mit seiner Einheit verschollen. "Ich versuchte meine Ängste und Sorgen so gut es geht von meiner Tochter zu verstecken. Sie ist erst sechs Jahre alt. Doch dann fragte sie mich, "ist Papa da oben auf der Wolke?" Da wusste ich, dass sie alles gespürt hat."
    Es war der DNA-Test der Tochter, der zum Nummern-Grab des Vaters führte. Er ist nur 40 Kilometer von ihrem Zuhause gefallen. Ihren Ehemann doch noch in Würde begraben zu haben und dieses Grab jetzt mit ihrer Tochter zu besuchen, sagt Oksana, nur so könne sie irgendwann inneren Frieden finden.
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