Wie China die US-Wahl durch Desinformation beeinflussen will

Dass die chinesische Volksrepublik versucht, die kommenden US-Präsidentschaftswahlen zu beeinflussen, daran haben Experten wie James Lewis vom Center for Strategic and International Studies keinen Zweifel. Die Frage ist, wie genau sie es anstellen.

Das Office of the Director of National Intelligence stellte in einem Report im vergangenen Februar fest, dass China seine Desinformationskampagne ausgeweitet hätte, mit dem Ziel, "Zweifel an der US-Führung zu sähen und die Demokratie zu untergraben." Zuvor hatte das US-Justizministerium im April 2023 Anklage gegen Mitarbeiter einer Elite-Taskforce des chinesischen Ministeriums für öffentliche Sicherheit erhoben. Sie stehen unter dem Verdacht, Teil einer breit angelegten chinesischen Desinformationskampagne zu sein. Diese sei, der Anklageschrift zufolge, von Peking aus koordiniert.

Unter Experten als "Spamouflage-Kampagne" bekannt, soll diese seit mindestens 2017 aktiv sein mit "dem Ziel, auf sozialen Plattformen Desinformationen zu streuen und die Spaltung in der amerikanischen Gesellschaft zu stärken", sagt Elise Thomas vom Institute for Strategic Dialogue. Sie beobachtet seit einiger Zeit intensiv Social-Media-Konten, die im Verdacht sind, im Zusammenhang mit der chinesischen Partei KPC zu stehen. Spamouflage soll auf über 50 Plattformen aktiv sein. Bisher galt die Kampagne unter Experten als breit aufgestellt, aber wenig effektiv, da die Posts von anderen Usern kaum geteilt wurden.

Thomas beobachtet seit einiger Zeit einen neuen Trend. X-Accounts, die vermehrt zu kontroversen Themen in den USA, wie Homosexualität und Einwanderung posten, erwecken auf den ersten Blick den Anschein, echte Nutzer zu sein. Thomas nennt diese Taktik "MAGAflage", weil es sich um Accounts handelt, die Ex-Präsident Trump unterstützen.

In ihren Augen haben solche Konten das Potential, deutlich effektiver zu sein, denn sie verwenden meist echte Videos und Bilder für ihre Posts. Das erweckt Glaubwürdigkeit und wird geteilt, sagt Thomas.

Paul Barrett und sein Team vom NYU Stern Center for Business und Human Rights warnten in ihrem jüngsten Bericht "Elections 2024 Report" davor, dass Künstliche Intelligenz und KI-generierte Deepfakes eine immer größere Rolle spielen, wenn es darum geht, Desinformationen zu verbreiten.

FBI-Direktor Christopher Wray bestätigte in einer Anhörung im vergangenen März, dass China seine Desinformationskampagne ausgebaut habe. Bereits während der Zwischenwahlen im Jahr 2022 seien TikTok-Konten identifiziert worden, die von einem Propaganda-Arm der Volksrepublik China betrieben worden seien. Ihren Erkenntnissen zufolge würde China diese Taktik ausbauen und dazu Künstliche Intelligenz nutzen. Dass die chinesische Regierung TikTok nutzen würde, um die Wahlen 2024 zu beeinflussen, könne nicht ausgeschlossen werden, fügt Avril Haines, Direktorin der nationalen Nachrichtendienste, hinzu.

Ein TikTok-Verbot, wie es derzeit in den USA erneut diskutiert wird, sei aber nicht die richtige Lösung, sagt Lewis gegenüber ZDFheute: "Wenn die chinesische Regierung denkt, dass sie auf TikTok Userdaten mit nachrichtendienstlichem Wert findet, sind sie in einer verzweifelten Lage."

Die chinesische Regierung weist derweil jegliche Vorwürfe zurück. Liu Pengyu, der Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington, sagte in einer Erklärung, dass die Präsidentschaftswahlen "eine innere Angelegenheit der Vereinigten Staaten" seien und dass "China dem Grundsatz der Nichteinmischung verpflichtet ist."

Ein Problem mit Blick auf die Wahlen im November bleibt, sagt Barrett gegenüber ZDFheute.