China: Konflikt mit Philippinen um südchinesisches Meer
Südchinesisches Meer:Chinas "Küstenwache" will Fakten schaffen
von Miriam Steimer, Masinloc (Philippinen)
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Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen zwischen chinesischen und philippinischen Schiffen. Es geht um Gebietsstreitigkeiten, Kommunikationsstrategie und sorgfältig gewählte Namen.
Wer das Haus von Rolando Fuentes betritt, stößt sich als erstes den Kopf: an einem ausgestopften Fisch, der an einer Schnur von der Decke hängt. Der Fisch ist ein Erinnerungsstück. An das letzte Mal, als Rolando Fuentes von seinem Dorf Masinloc an der Westküste der Philippinen zum Fischen am Scarborough-Riff war. Noch auf dem Meer fasste er den Entschluss, dort nicht hin zurückzukehren, das war 2018.
"'Aufwachen', riefen sie. Wir waren geschockt, als die Chinesen uns weckten. Wir wurden wach, weil sie uns mit ihren Waffen stießen", erinnert er sich. "Sie wühlten in unserem Fang, nahmen die besten Fische mit. Sie hatten sogar einen Korb dabei. Wir waren echt hoffnungslos: Den ganzen Tag und die ganze Nacht hatten wir dafür hart gearbeitet."
Chinesische Küstenwache verbietet Zutritt zum Riff
In einer anderen Nacht waren sie 15 Seemeilen vor dem Eingang zum Riff, als ein chinesisches Schiff sie blockierte. "Der Kapitän sagte: Kein Zutritt für Philippiner, ihr dürft hier nicht fischen", sagt Rolando Fuentes. Seit er denken kann, bestimmt die Fischerei das Leben des 51-Jährigen. In seinem Dorf nennen sie das Scarborough-Riff "Jackpot", weil der Fang dort immer so gut ist. Er finanzierte damit die Ausbildung seiner Kinder, doch das ist jetzt vorbei.
Quelle: ZDF
Scarborough Shoal ist ein unbewohntes Riff gut 200 Kilometer vor der philippinischen Küste. 2012 hatte China die Kontrolle über das Scarborough-Riff an sich gerissen. Seitdem schickt Peking Patrouillenboote in das Gebiet, die philippinische Fischerboote nach Angaben aus Manila daran hindern, in fischreiche Gewässer in der Lagune einzufahren.
2016 bestätigte der Ständige Schiedshof in Den Haag, dass die Philippiner hier traditionelle Fischereirechte haben. Peking erkennt das Urteil nicht an. Auf seiner sogenannten neuen "Standard-Seekarte" beansprucht China praktisch das gesamte Südchinesische Meer für sich. Auch Brunei, Indonesien, Malaysia, die Philippinen und Vietnam erheben Anspruch auf Teile des Seegebiets, das für die Anrainerstaaten strategisch und wirtschaftlich enorm wichtig ist.
Die Philippinen betreiben Außenposten auf mehreren Riffen und Inseln der Spratly-Inseln. Das Gebiet liegt etwa 200 Kilometer von der philippinischen Insel Palawan und mehr als 1.000 Kilometer von Chinas nächstgelegener Landmasse, der Insel Hainan, entfernt.
Chinas Aufrüstung der Küstenwache
Dass die Zusammenstöße im Südchinesischen Meer international immer mehr Aufmerksamkeit bekommen, liegt einerseits an der Aufrüstung von chinesischer Seite. In einem Jahrzehnt hat China die größte Küstenwachen-Flotte der Welt aufgebaut - mit Patrouillenschiffen, die aussehen und ausgestattet sind wie Kriegsschiffe.
Andererseits liegt es an der Kommunikationsstrategie der Philippinen, die Videos von jedem Vorfall veröffentlichen. Denn Pekings Vorgehen ist so dosiert, dass die rote Linie, die Kriegsschwelle, nicht überschritten wird, die Spannung aber dauerhaft hoch ist. "Sie haben den Status Quo im gesamten west-philippinischen Meer verändert, ohne einen einzigen Schuss abzufeuern", sagt Jay Tarriela, Sprecher der philippinischen Küstenwache.
Das ist Chinas Grauzonen-Strategie.
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Jay Tarriela, Sprecher der philippinischen Küstenwache
West-philippinisches Meer, diesen Begriff hören wir immer wieder. West-philippinisches Meer, süd-chinesisches Meer. Mit Begriffen versuchen beide Seiten, Fakten zu schaffen.
Nur wenige trauen sich zum Scarborough-Riff
Zurück nach Masinloc. Am Hafen kommt nur noch etwa einmal in der Woche ein Schiff vom Scarborough-Riff an. "Die Mutigen" werden die Fischer hier genannt, die sich trotz allem noch dorthin trauen. Das Schiff, das gerade anlegt, war fünf Tage lang unterwegs, dieses Mal zum Glück ohne Zwischenfall. Das ist nicht immer so, denn die 16-stündige Fahrt zum Riff ist gefährlicher geworden - die Nächte dort unruhiger: Die Chinesen lassen andere Boote nicht mehr ins Innere des Riffs, wo sie vor Wellen und Wind geschützt sind.
Rolando Fuentes fährt deshalb nicht mehr zum Riff, sondern fischt nur noch in Küstennähe. Auch er kommt gerade am Hafen an. Die ganze Nacht hat er zusammen mit seinem Nachbarn etwa zwei Stunden vor der Küste auf offener See verbracht. Sehr erfolgreich waren sie nicht. Delfine hätten die Tintenfische vertrieben. Etwa 400 Pesos bekommen sie für ihren Fang. Davon haben sie 300 bereits für Benzin bezahlt. Bleiben etwa 1,60 Euro für eine ganze Nacht auf dem Meer. "In Scarborough ist es viel besser. Wenn Du dort nur eine Nacht lang fischst, verdienst Du schon 5.000 bis 6.000 Pesos", sagt er.
Hoffnung auf Einsicht Chinas
Nach ein paar Stunden Schlaf wollen die beiden am Nachmittag wieder rausfahren. Doch was sich Rolando Fuentes eigentlich wünscht: endlich wieder im Scarborough-Riff zu fischen. Gibt es Hoffnung, dass sein Wunsch bald in Erfüllung geht? Jay Tarriela von der philippinischen Küstenwache überlegt kurz, dann sagt er: "Wenn Chinas Präsident Xi Jinping eines Morgens aufwachen und sagen würde: 'Ab sofort halten wir uns an das internationale Recht.' Das wäre gut für die ganze Welt, oder?"
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Miriam Steimer, Peking
Analyse
Miriam Steimer ist Korrespondentin und Studioleiterin des ZDF-Studios Ost-Asien in Peking.
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