Chancen für die Wirtschaft:Wie Brasilien vom Ukraine-Krieg profitiert
von Tobias Käufer und Ramona Samuel
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Das südamerikanische Land profitiert von der weltweit veränderten geopolitischen Lage. Das Land kann zum wichtigen wirtschaftlichen Stabilitätsanker werden.
Brasilien will auch in Zukunft weiter auf fossile Brennstoffe setzen.
Quelle: AP
Nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine haben sich nicht nur die geopolitischen Kräfte verschoben, auch wirtschaftspolitisch sucht der Westen nach neuen Partnern, die sichere Lieferketten garantieren und Produktionsstandorte sichern.
Hier gerät Brasilien zunehmend in den Blickwinkel der europäischen Staaten.
Basierend auf neuesten Prognosen wird für Brasilien im Jahr 2023 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent, für 2024 mit einem Wachstum von 1,3 Prozent gerechnet. Das liegt zwar hinter dem Ergebnis in 2022 (2,9 Prozent), als noch die Regierung des rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro die Geschicke bestimmte, ist aber deutlich besser als noch zu Jahresbeginn vermutet.
Brasiliens neuer Wirtschaftsplan sieht zur Enttäuschung vieler Umweltschützer hohe Investitionen in die Exploration fossiler Brennstoffe vor. Wirtschaftsexperten sehen in dem Land dagegen vor allem einen zuverlässigen Stabilitätsanker. Ablesbar ist das in der vergleichsweise stabilen Währung Real sowie zuletzt zulegenden Kursen der brasilianischen Börse.
Entgegen der Wahlkampf-Ankündigungen des aktuellen linksgerichteten Präsidenten Lula da Silva will Brasilien die Förderung der klimafeindlichen Energieträger Öl und Gas ausbauen und so in eine Lücke stoßen, die beispielsweise das Embargo einiger westlicher Staaten gegen russisches Öl erzeugt hat.
Brasilien verhinderte zuletzt sogar auf dem Amazonas-Gipfel, dass eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet wird, die vorsah, dass sich die Amazonas-Staaten verpflichten wollen, auf Erdölförderung im für das Weltklima so wichtigen Ökosystem zu verzichten.
Agrar-Industrie fährt Milliardengewinne ein
Das zweite wichtige Standbein der brasilianischen Wirtschaft, die Agrar-Industrie, fährt auch unter Lula weiter Milliardengewinne ein. Laut Portal "Infomoney" könnte die Agrarindustrie bis 2023 um bis 35,9 Prozent wachsen.
Allein die Weizenerzeugung könnte ein Allzeithoch von 9 Millionen Tonnen erreichen, das ist immerhin ein Viertel des Produktionsumfangs der Ukraine. Auch hier bietet sich Brasilien als dringend benötigter Lückenfüller an.
Brasilianische Regierung rührt die Werbetrommel
Brasiliens Vizepräsident Geraldo Alckmin weiß um die große Chance, die sich seinem Land bietet. Brasilien könne zu einer "großen Alternative" für einen Markt werden, der nach Qualität, guten Preisen und umweltgerechten Produkten suche.
Brasilien ist eines der Schlüssel-Länder mit denen Deutschland künftig enger zusammenarbeiten will. Vor allem bei der Wasserstoffproduktion setzt Berlin große Hoffnung auf das größte lateinamerikanische Land. Die Kommissionspräsidentin der EU, Ursula von der Leyen, gab jüngst eine Zusage für Investitionen in Höhe von zwei Milliarden Euro für die Produktion von grünem Wasserstoff.
Auch die Autoindustrie in Brasilien wächst: Das Portal "Automotivebusiness" vermeldete jüngst: "Automobilhersteller wollen bis 2025 mehr als 50 Milliarden Real (etwa 10 Milliarden Euro) in Brasilien investieren".
Grüner Wasserstoff brennt sauber. Das Öko-Gas soll die Welt vor der Erderwärmung retten. 25.04.2021 | 28:35 min
Wasserstoff - ein Kick für den Klimaschutz oder ein milliardenteurer Irrweg?
Aufwärtstrend begann bereits im vergangenen Jahr
Der Aufwärtstrend begann bereits 2022, als sich die Weltwirtschaft von den Folgen der Corona-Pandemie erholte. Der Rest der Welt setzt zunehmend Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Brasilien.
Noch unter Bolsonaro gelang es fast die Hälfte aller ausländischen Direktinvestitionen in Lateinamerika (224,58 Milliarden US Dollar) nach Brasilien zu ziehen. Der Trend hält auch nach dem Regierungswechsel weiter an.
Im brasilianischen Amazonas-Gebiet ist ein Fluss nun per Gesetz als lebendiges Wesen anerkannt worden. Ein indigenes Volk hat darum gekämpft, um das Gewässer zu retten.