Baerbock auf Abschiedstournee in der Ukraine

Scheidende Außenministerin:Baerbock auf Abschiedstournee in der Ukraine

SGS Patricia Wiedemeyer
von Patricia Wiedemeyer
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Annalena Baerbock wird bald keine Außenministerin mehr sein. Sie war es sehr gerne. Beim Abschiedsbesuch in Kiew reiste auch Wehmut mit.

Außenministerin Annalena Baerbock und ukrainischer Außenminister Andrii Sybiha
Außenministerin Baerbock und ihr ukrainischer Kollege Sybiha verstehen sich gut.
Quelle: EPA/SERGEY DOLZHENKO

In kaum ein Land ist sie so oft gereist wie in die Ukraine, neunmal seit Kriegsbeginn, zweimal vorher, insgesamt also elf mal in drei Jahren. Kein Wunder, dass Annalena Baerbock beim Besteigen des Nachtzuges von der polnischen Grenze nach Kiew von der Schaffnerin persönlich begrüßt wird, ausgesprochen herzlich. So schön, sie wieder hier zu sehen, nicht jeder kämpft so für uns, sagt sie, der ukrainische Botschafter übersetzt.

Viel Dank für die Ministerin

Es ist das voraussichtlich letzte Mal, dass sie als deutsche Außenministerin hierher reist, die Menschen in Kiew danken ihr, immer wieder. Egal, ob der ukrainische Amtskollege Sybiha sie schon morgens früh am Bahnhof begrüßt und ihr später eine Medaille, einen Orden für besondere diplomatische Verdienste überreicht, oder die Organisation vom Rückkehrzentrum "Save Ukraine", die von den Russen verschleppte Kinder zurückholt zu ihren Familien.
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), geschäftsführende Bundesaußenministerin, bei der Begrüßung nach der Ankunft durch Andrij Sybiha (hinten), Außenminister der Ukraine, und
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Baerbock wird diesmal besonders willkommen geheißen, da sie gute Nachrichten mitbringen kann. Drei Milliarden Euro Soforthilfe sind endlich bewilligt worden, für den Kauf neuer Waffen, Munition. Und dank der Grundgesetzänderung wird auch die neue Regierung die Ukraine weiter unterstützen können, sieben Milliarden sind es alleine für dieses Jahr, das ist ihre wichtigste Botschaft, die sie immer wieder formuliert: Deutschland lässt Euch nicht im Stich, wir stehen weiter fest an Eurer Seite!

Auf einer Ebene mit dem Präsidenten

Das war nicht immer so. Während der letzten drei Jahre musste sie oft vor Ort erklären, warum die Deutschen nicht liefern. Warum der Bundeskanzler so zögert bei den Panzerlieferungen, bei Iris T, Taurus gar nicht geliefert hat - sie selber war da immer ganz anderer Meinung.
Selbst der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj empfängt sie heute und stellt sich anschließend gemeinsam mit ihr vor die Presse, beantwortet lange die Fragen. Auch dies eine besondere Form der Anerkennung, nicht in jedem Land stellt sich der Präsident auf eine Ebene mit dem Außenminister oder der Außenministerin. Beide stellen klar, dass es keinen Frieden geben wird ohne eigene Stärke, Baerbock verlangt von Putin, dass er all die vielen verschleppten ukrainischen Kinder zurückgibt, das sei ein Vertrauensbeweis, dass die Angriffe auf die Energiestruktur aufhören, und natürlich jegliche Bombenangriffe. Auch der in den letzten Tagen oft geforderten Inbetriebnahme von Nord Stream 2 erteilt Baerbock eine Absage.
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Selenskyj hat Hoffnung

Selenskyj stimmt mit allem überein, beim Thema Rohstoffdeal werde man derzeit das vorliegende Papier prüfen, aber klar sei, es dürfe den Interessen der EU nicht widersprechen. Und, auf seine Erwartungen an den voraussichtlich neuen Kanzler angesprochen , sagt Selenskyj: Ich habe die Hoffnung, , dass der Taurus geliefert wird, mehr als das Wort fällt mir gerade nicht ein, also mehr als "Hoffnung".
Die Botschaft heute aus Kiew an die neue Regierung ist klar: Bitte unterstützt uns weiter wie bisher und vielleicht doch noch ein bisschen mehr.

Vielleicht etwas Wehmut im Gepäck

Annalena Baerbock kann da nichts mehr tun, sie besteigt am Abend den Nachtzug zurück nach Polen, vielleicht mit ein bisschen Wehmut, dass die Ampel sich nicht auf die drei Milliarden einigen konnte, sie oft mit leeren Händen kam, das sieht jetzt bei der neuen Regierung und wer auch immer ihr Nachfolger wird, anders aus, so wie sie es immer gefordert hatte.
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Nächste Station bei ihr: Moldau - auch einer dieser kleinen Staaten, die sie oft besucht hat, für die sie gekämpft hat. Danach zur Nato nach Brüssel, eine Woche lang Abschied nehmen von einem Job, den sie mit Herzblut gemacht hat, für den sie im Inland oft Kritik einstecken musste. Anders als im Ausland, anders als vor allem in der Ukraine.

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Quelle: dpa

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