Kernenergie wird teurer: Strompreis in Frankreich steigt
Kernenergie wird teurer:Warum der Strompreis in Frankreich steigt
von Lukas Nickel
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Frankreich war lange bekannt für billigen Strom, doch die Kosten für den bisher günstigen Atomstrom sind explodiert. Für Haushalte bedeutet das künftig höhere Stromrechnungen.
Der Preis für Atomstrom in Frankreich ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Nun könnten die Stromrechnungen für Privatpersonen bald um etwa 10 Prozent teurer werden.
Quelle: dpa
Haushalte in Frankreich müssen für Atomstrom künftig tiefer in die Tasche greifen. Der staatliche Atomkonzern EDF hat Schulden, fast 65 Milliarden. Ein Grund: Bisher musste er einen Teil seines Atomstroms zu einem festgelegten Preis verkaufen - bisher für 42 Euro pro Megawattstunde, deutlich unter den Produktionskosten. Mit diesem Preisdeckel ist bald Schluss.
Haushalte werden bei Preisspitzen geschützt
Ab 2026 verkauft Électricité de France (EDF) seinen gesamten Atomstrom für rund 70 Euro die Megawattstunde. Darauf haben EDF und die französische Regierung sich geeinigt. Die 70 Euro werden auf dem Weg vom Kernkraftwerk über die Stromanbieter zum Endkunden verrechnet - kommen also nicht eins zu eins dort an. Für Privatpersonen könnten die Stromrechnungen insgesamt aber um etwa 10 Prozent teurer werden, schätzen Expert*innen. Um Haushalte zu schützen, will der Staat Preisspitzen über die 70 Euro hinaus ausgleichen.
Die Regierung verspricht Planungssicherheit. "Der Inflationsschock hat gezeigt, dass wir zu sehr den Schwankungen des Marktpreises ausgesetzt waren. Das war untragbar für Haushalte und ein Risiko für die Unternehmen", so Wirtschaftsminister Bruno Le Maire bei der Vorstellung des Plans.
In der ersten Fassung dieses Beitrages war von einem festgelegten Preis von bisher 42 Cent pro Kilowattstunde die Rede und dass EDF den Atomstrom ab 2026 für 70 Cent die Kilowattstunde verkaufen wolle. Richtig ist aber, dass EDF bisher für 42 Euro die Megawattstunde verkauft und ab 2026 für 70 Euro die Megawattstunde verkaufen will. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.
Die EU-Staaten sind sich über die künftige Rolle der Atomenergie uneinig. Deutschland steigt aus der Atomkraft aus. Doch 11 Staaten wollen die Kernkraft-Kooperation weiter ausbauen14.04.2023 | 5:18 min
Frankreich ist abhängig vom Atomstrom
Fast zwei Drittel des französischen Stroms kommen aus Atomkraftwerken. In den vergangenen Jahren ist er stetig teurer geworden, die Produktionskosten durch die Inflation gestiegen. Außerdem werden bestehende Atomkraftwerke derzeit teuer renoviert, weil viele Zentralen Sicherheitsrisiken aufweisen.
Zwischenzeitlich war etwa die Hälfte der gesamten französischen Anlagen nicht funktionsfähig. Um seinen Bedarf zu decken, musste das Land sogar Strom aus Deutschland importieren.
Frankreich sei abhängig von Kernenergie, kritisiert Pauline Boyer von Greenpeace. "Wir sollten aufhören, Atomenergie zu produzieren. Aber wir haben andere Energieformen nicht genug ausgebaut, vor allem erneuerbare Energien. Jetzt stehen wir mit dem Rücken zur Wand", so Boyer. Nur knapp ein Viertel des Stroms in Frankreich kommt aus den günstigeren erneuerbaren Energien, auch wenn das Land diese weiter ausbaut. Zum Vergleich: Deutschland produziert rund die Hälfte des Stroms grün.
Neue Atomkraftwerke im Bau
Künftig will Frankreich wieder energieunabhängig werden - mit neuen Atomkraftwerken. Der Bau mehrerer Anlagen ist geplant, doch das komme nicht voran, meint Boyer. Allein im nordfranzösischen Flamanville sind die Baukosten für ein neues Kraftwerk explodiert, von rund drei auf dreizehn Milliarden Euro. Mit einer Verspätung von gut 12 Jahren.
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Doch Frankreich hält fest an der Atomenergie, setzt sich zudem auf EU-Ebene dafür ein. Im Dezember hatte die EU sich auf eine Reform des europäischen Strommarkts geeinigt. Diese sieht einen garantierten Mindestpreis für Strom aus erneuerbaren Energien vor - und einen Schutzmechanismus für Verbraucher*innen, wenn Preise steigen. Deutschland wollte diesen nur für erneuerbare Energien. Weil Frankreich darauf gedrängt hat, gilt diese Regelung auch für Atomkraft. Doch dass die französische Regierung an der Atomenergie festhält, wird der Verbraucher künftig zahlen.
Auf der UN-Klimakonferenz haben rund 20 Staaten den Ausbau der Atomkraft gefordert - darunter Frankreich, Japan und die USA. Sonst sei Klimaneutralität bis 2050 nicht zu erreichen.