Cannabis im Verkehr: Warum ein THC-Grenzwert schwierig ist
Cannabis im Verkehr:Warum ein THC-Grenzwert schwierig ist
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Die Cannabis-Legalisierung soll kommen. Noch ist nicht klar, was das für Konsumenten im Straßenverkehr bedeutet - die Suche nach einem Grenzwert ist kompliziert.
Das Bundeskabinett bringt die Cannabis-Legalisierung auf den Weg. Das wirft auch Fragen der Verkehrssicherheit auf. Gesucht wird ein Grenzwert für die Konzentration des Wirkstoffs THC im Blut, unter dem Cannabis-Konsumenten wieder als fahrtüchtig gelten. Verkehrsminister Volker Wissing will klare Regeln und Grenzen für den Cannabis-Konsum am Steuer festlegen.
Stefan Tönnes, Vorsitzender der Grenzwertkommission der Bundesregierung erklärt bei ZDFheute live, warum diese Suche nicht so leicht ist und was THC bei der Bewertung für die Verkehrssicherheit von Alkohol unterscheidet.
Sehen Sie oben das ganze Interview im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Stefan Tönnes ...
... über wissenschaftliche Studien zu möglichen Grenzwerten
"Die Studienlage ist recht groß, aber so heterogen, dass sich eine klare Grenzwertableitung eigentlich nicht machen lässt", so Tönnes.
Die Grenzwerte in Ländern weltweit, die Cannabis legalisiert haben, seien sehr unterschiedlich. "Es gibt sogar Länder, die verschiedene Grenzwerte für verschiedene Bereiche haben", sagt Tönnes. Auch eine internationale Kommission habe sich im vergangenen Jahr nicht auf einen Grenzwert einigen können, der international von Experten nachvollziehbar geteilt wird.
... zur aktuellen Grenzwert-Regelung bei THC
Die aktuellen Regelungen zum Grenzwert müssten immer unter dem Aspekt betrachtet werden, dass der Cannabis-Konsum in Deutschland bisher illegal war, so Tönnes.
"Dieser Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum, der momentan gilt, wurde 1998 aufgestellt." 25 Jahre später seien die Nachweisempfindlichkeiten der meisten Test-Institute um ein Vielfaches besser und auch deutlich geringere Konzentration könnten festgestellt werden.
Wissenschaftlich werde immer von Gelegenheitskonsumenten gesprochen. Das sind Personen, die einmal pro Woche oder weniger konsumieren. Bei diesen sei nachweisbar, dass der Grenzwert durchaus sechs bis acht Stunden nach dem letzten Konsum unterschritten wird. "Gelegenheitskonsumenten waren somit eigentlich nie von Sanktionen wegen des Grenzwerts betroffen.
... zum Unterschied zwischen THC- und Alkoholgrenzwerten
Das Problem sei, dass die beiden Wirkstoffe unterschiedlich vom Körper abgebaut werden. Alkohol wird nach einer gewissen Zeit, abhängig von der Konsummenge, vollständig abgebaut.
Auch, wer nur gelegentlich Cannabis konsumiere, habe schon kurz nach dem Konsum relativ geringe Konzentrationen im Blut, so Tönnes. Bei Konsumenten, die aber häufiger konsumieren, also einmal oder mehrfach täglich, reichere sich der Wirkstoff im Körper an.
Deswegen korreliere das, was im Blut nachgewiesen wird, nicht notwendigerweise mit der Konzentration im Gehirn und den Wirkungen. Der Konzentrationswert im Blut sei daher bei THC schwieriger zu beurteilen als bei Alkohol.
... zu Vor- und Nachteilen eines höheren THC-Grenzwerts
"Wenn Cannabis legalisiert wird, werden die Leute nach meiner Erwartung mehr oder häufiger konsumieren", sagt Tönnes. Setze man dann einen niedrigen Grenzwert an, würden voraussichtlich auch Leute sanktioniert, die nicht berauscht sind, aber eine Wirkstoff-Anreicherung im Blut haben.
Das wirke sich letztlich direkt auf die Verkehrssicherheit aus.
Das Kabinett hat die Legalisierung von Cannabis beschlossen. Künftig dürfen Volljährige bis zu 25 Gramm kaufen und drei Pflanzen selbst anbauen. Eine gute Idee? Pro und Kontra.