Ampel-Spitzen beraten zu 17-Milliarden-Loch
Wie sieht der Weg aus – raus aus dem Milliardenloch im Bundeshaushalt 2024? Finanzminister Christian Lindner (FDP) beziffert es auf 17 Milliarden Euro. Im Kanzleramt beraten sie heute, wo und wie das Geld eingespart werden könnte. Kanzler Scholz (SPD), Vizekanzler Habeck (Bündnis90/Grünen) und Finanzminister Lindner sind unter Zeitdruck.
Am liebsten würde die Ampel den Haushalt noch vor Jahresende unter Dach und Fach bringen: Der Haushalt könnte auch noch 2024 vom Parlament verabschiedet werden, aber die Weichen sollen vor der Kabinettssitzung am 6. Dezember gestellt werden. Ohne politische Grundsatzeinigung droht eine veritable Regierungskrise.
Schuldenbremse: SPD und Grüne gegen FDP
Die Positionen der Ampel-Parteien gehen weit auseinander. In der Diskussion über die Schuldenbremse erhält Bundeswirtschaftsminister Habeck Unterstützung durch den bei seinem Ministerium angesiedelten Wissenschaftlichen Beirat. Der spricht sich nach einem Bericht im "Handelsblatt" für eine Reform der Schuldenbremse aus.
SPD und Grüne setzen sich sogar für das Aussetzen der Schuldenbremse im kommenden Jahr ein, dagegen: die FDP. Bundesfinanzminister Lindner bezeichnet die Einhaltung der Schuldenbremse und den Verzicht auf Steuererhöhungen als rote Linien für eine weitere Regierungsbeteiligung seiner Partei.
Streitpunkt Bürgergeld-Erhöhung
Und schlägt vor, die Erhöhung beim umstrittenen Bürgergeld zu stoppen. Die Grünen hingegen wollen das wie die SPD nicht. Habeck will stattdessen an die klimaschädlichen Subventionen ran und dort sparen.
Ebenso befürwortet das Umweltbundesamt – von Robert Habeck geführt – Kürzungen bei der Pendlerpauschale und beim Dienstwagenprivileg vor. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert "für wichtige Generationenaufgaben wie Klimaschutz und Infrastruktur" Ausnahmen von der Schuldenbremse.
Wirtschaftsweise Grimm bei ZDFheute live
Wofür kann noch Geld ausgegeben werden? Wo lässt sich im Haushalt am besten einsparen? Wen betrifft die aktuelle Haushaltskrise konkret?
Darüber spricht ZDFheute live mit der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm und ZDF-Hauptstadtkorrespondent Daniel Pontzen.
Ampel-Verhandlungen unter Zeitdruck
Die Verhandlungen zum Haushalt 2024 gelten insbesondere aufgrund der Differenzen zwischen SPD, Grünen und FDP als äußerst kompliziert. Sollte am heutigen Dienstag keine Einigung gelingen, wird eine Verabschiedung des kommenden Haushalts noch in diesem Jahr immer unwahrscheinlicher.
Ein Ergebnis vor der morgigen Kabinettssitzung ließe der Regierung zufolge noch genug Zeit für das parlamentarische Verfahren in Bundestag und Bundesrat.
FDP zieht rote Linien
Dazu kommt: Vor allem die SPD steht wegen des am Freitag beginnenden Bundesparteitags unter Druck, eine Lösung im Haushaltsstreit zu präsentieren. Scholz zeigt sich am Montag jedoch zuversichtlich:
Die Freien Demokraten wollen sich allerdings nicht drängen lassen und ziehen vor den möglicherweise entscheidenden Gesprächen heute rote Linien:
Wirtschaftsexperten für Änderungen bei Schuldenbremse
Vor allem die Schuldenbremse könnte demnach das Zünglein an der Waage sein, um den Knoten zwischen den drei Regierungsparteien zu zerschlagen.
Gegen ein dogmatisches Festhalten an der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse regt sich neben SPD und Grünen auch Widerstand unter Wirtschaftsexperten.
Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer, die auch die Bundesregierung berät, spricht sich im ZDF-Morgenmagazin für eine Reformierung der Schuldenbremse aus zugunsten von mehr staatlichen Investitionen, beispielsweise Erneuerbare Energien auszubauen.
Auch Christian Kastrop, einer der Väter und Architekten der Schuldenbremse, verteidigt im Interview mit dem ZDF-heute journal, die Notwendigkeit der Schuldenbremse.
Ist genug Geld für Klimainvestitionen da?
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert von der Bundesregierung Ausnahmen von der Schuldenbremse zuzulassen. Vor allem für die kommunale Wärmeplanung, Gebäudesanierungen oder den Ausbau der Ladeinfrastruktur würden Gelder benötigt:
Klimaaktivistin Luisa Neubauer rief die Ampel-Koalitionäre in einem RTL-Interview zur Aufnahme neuer Schulden auf, um den Klimaschutz zu stärken. Deutschland verschulde sich ohnehin bereits an den Lebensgrundlagen, an der jungen Generation sowie an den Menschen im globalen Süden.
Eines scheint klar: Sollte eine Ampel-Einigung in diesem Jahr ausbleiben, könnte die Regierungskoalition nach nur zwei Jahren im Amt gehörig ins Wanken geraten.
Mit Material von dpa, AFP und Reuters.