Gleich zu Beginn der Sitzung ging es ums Geld, und es gab gute Nachrichten: Der Haushalt des ZDF für das kommende Jahr ist ausgeglichen. Das geplante Minus von 123 Mio. Euro wird aus einer zu diesem Zweck gebildeten Rücklage planmäßig gedeckt. Damit schließt das ZDF die laufende Beitragsperiode 2021-2024 der Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) mit einem ausgeglichenen Ergebnis ab.
In seiner Haushaltsrede ging Intendant Norbert Himmler auf die Besonderheiten des zurückliegenden Haushaltsjahres ein – er erwähnte die Herausforderungen der Corona-Krise wie auch die weggebrochenen Werbeeinahmen durch die schwache Konjunktur, und arbeitete gleichzeitig die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz heraus. Der Einsatz von KI habe massive Auswirkungen auf Gesellschaft, Politik und Wirtschaft und besonders auf den Bereich von Kommunikation und Medien. Man wolle, so Himmler, mit der journalistischen Berichterstattung und ihren Recherchen Manipulationen und Fake News aufdecken. Das ZDF werde daher in seine Redaktionen, aber auch in Technologie investieren, die dabei helfen könne, Fakten zu prüfen und Fälschungen zu erkennen – ohne hierfür zusätzliche Mittel in den Haushalt 2024 einzuplanen.
Schwieriges Marktumfeld
Zu Beginn der anschließenden Berichte erläuterte der Vorsitzende des Finanzausschusses des Verwaltungsrates Michael Sommer den am 01.12.2023 getroffenen Beschluss des Verwaltungsrates zum Haushalt und bestätigte, dass die Situation auf dem Werbemarkt aufgrund der konjunkturellen Lage sehr angespannt sei. In seinem Gremium habe man den Ansatz im Haushaltsplan-Entwurf mitgetragen, da man mit steigenden Sponsoring- und Werbeeinnahmen im Sportjahr 2024 rechne. Zudem habe der Verwaltungsrat eine Erhöhung des Budgets für Gutachter- und Beraterkosten der Gremien vorgesehen.
Nach Sommers Ausführungen berichtete Olaf Joachim zu den Vorberatungen des Fernsehrats-Ausschusses für Finanzen, Investitionen und Technik und den einzelnen Positionen des Haushalts. In den Beratungen habe ebenfalls die angespannte konjunkturelle Situation eine große Rolle gespielt. Die Instrumente des Umbau- und Strategieprozesses beim ZDF würden auch im Jahr 2024 berücksichtigt werden. Die hierzu notwendigen Umschichtungen seien im Haushalt hinterlegt.
Zuletzt berichtete dann Achim Dercks aus den Vorberatungen im Ausschuss für Strategie und Koordinierung. In der anschließenden Aussprache des Fernsehrates war es Hans-Günter Henneke wichtig zu erwähnen, dass es in keinem der Ausschüsse „Harmonieveranstaltungen“ gegeben habe. Vielmehr habe es im zeitlichen Umfeld aller Diskussionen kritische Debatten und einen „munteren Diskussionsprozess“ gegeben. Henneke beendete seine Bewertung mit dem Satz: „Das ist ein überzeugender Haushalt eines letzten Jahres einer Beitragsperiode, der sich im Vollzug des Jahres 2023 und im Ansatz für das Jahr 2024 sehen lassen kann.“ Im Ergebnis der Aussprache bestätigte der ZDF-Fernsehrat den Haushaltsplan bei einer Enthaltung.
Strategische Positionierung von ZDFneo
Nach mehreren weiteren Tagesordnungspunkten befasste sich der Fernsehrat mit dem Stand und der Entwicklung von ZDFneo. Das Digitalprogramm erreicht in der ZDFmediathek in diesem Jahr eine nie dagewesene Nutzung, hieß es in dem zunächst vorgestellten Bericht. Das Sehvolumen von ZDFneo-Inhalten in der ZDFmediathek konnte im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um fast 27 Prozent gesteigert werden. Dies unterstütze die Bindung junger Zuschauergruppen an die non-linearen Ausspielwege der Senderfamilie.
Die inhaltliche Umsetzung und Distribution für junge Zielgruppen zu schärfen, bleibe eine Herausforderung, hieß es weiter in dem vorgestellten Bericht. ZDFneo verfolge weiter das Ziel, durch die Bindung eines jungen Publikums die Verjüngung der Senderfamilie voranzutreiben. Fernsehrätin Karin Haug lobte ausdrücklich die 8-teilige dänisch-deutsche Crime-Serie „Elvira“, wunderte sich aber auch darüber, dass unter einer so „coolen“ TV-Marke wie ZDFneo die Trödel-Sendung „Bares für Rares“ ausgestrahlt werde. Sendungen wie „Bares für Rares“ würden auch gern von einer jüngeren Zielgruppe gesehen, hieß es als Antwort.
ARTE mit guter Publikumsresonanz
Im Anschluss befasste sich der Fernsehrat mit ARTE als europäischer Plattform mit deutsch-französischem Markenkern. Beim europäischen Publikum war ARTE zuletzt sehr erfolgreich. 24 Prozent der Gesamtvideoabrufe, rund 38 Millionen pro Monat, verzeichnete der Sender im laufenden Jahr außerhalb von Deutschland und Frankreich. Für die Programme in den vier weiteren Sprachen Englisch, Spanisch, Polnisch und Italienisch wurden monatlich mehr als acht Millionen Abrufe generiert. Ein journalistisches Flaggschiff von ARTE war zuletzt „Tracks East". Kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine vom ZDF für ARTE entwickelt, begleitet das Format über kulturelle Identitäten im post-sozialistischen Raum vor allem das Verarbeiten von Erfahrungen des Kriegs und des Terrors.
Für den Programmausschuss Partnerprogramme erklärte Claudia Conen, der Ausschuss habe besonders honoriert, dass das ZDF sein Engagement in Europa verstärkt habe und mit ARTE neue Partnerschaften mit öffentlich-rechtlichen Sendern im Baltikum eingegangen sei.
Angela Spizig berichtete aus dem Programmbeirat von ARTE G.E.I.E., einem Gremium mit deutschen und französischen Mitgliedern, von „großartiger Arbeit“. Insbesondere lobte sie die Sensibilität und strategische Kraft im Umgang mit kulturellen Unterschieden. In Frankreich habe die Finanzierung des Senders in Frage gestanden, das sei auch nach Intervention der Fernsehratsvorsitzenden gelöst worden, und nun stehe ARTE besser da als zuvor. Richard Meng berichtete aus einem weiteren ARTE-Programmbeirat über die verschiedenen Sichtweisen, etwa auf den Nahostkonflikt. Genau diese Europäisierung benötige man.
„Leuchtfeuer-Funktion für die Demokratie“
Michael Jörg bezeichnete die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich als Anker, an den sich „andere dranhängen können“. Angesichts von Autokratismus und Einschränkungen bei der Pressefreiheit in einzelnen EU-Mitgliedstaaten habe ARTE eine „Leuchtfeuer-Funktion für die Demokratie“. Maria Böhmer sprach von den Bemühungen im Programmbeirat von ARTE G.E.I.E. um die finanzielle Unterstützung von der EU-Kommission. Sie betonte, dass ARTE inzwischen in sechs Sprachen ausgestrahlt werde und der Dreiklang aus Geopolitik, Digitalisierung und Kultur ARTE besonders auszeichnen würde. Die Programmbeiräte dankten dem scheidenden ARTE-Vizepräsidenten Peter Weber für seine hervorragende Arbeit. Sie freuten sich auf die künftige Zusammenarbeit mit seiner Nachfolgerin Heike Hempel.
Außerdem befasste sich der Fernsehrat mit weiteren Themen wie dem Inhalte-Netzwerk funk, dem Streaming-Netzwerk von ARD und ZDF und dem Sport im ZDF vor der Fußball-Heim-EM der Männer sowie den Olympischen Spielen im kommenden Jahr. Zum Ende seiner Sitzung hatte der Fernsehrat noch über mehrere Programmbeschwerden zu beraten. Zwei Programmbeschwerden gegen einen Beitrag um vermeintliche „rituelle Gewalt“ im „ZDF Magazin Royale“ mit Jan Böhmermann hatte der Fernsehrat nach kontroverser Diskussion mit knapper Mehrheit angenommen. Zu den Beschwerdeführern gehörte die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs. Das ZDF hat den Beitrag daraufhin aus der Mediathek entfernt.