Fernsehrat Olaf Tschimpke findet es wichtig, „dass das ZDF sich auf den Weg gemacht hat, die Entsprechenserklärung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex zu unterzeichnen und damit konkrete Maßnahmen zur Nachhaltigkeit für den Sender zu definieren.“ Der Vertreter des NABU sagt aber auch, was noch zu tun bleibt.
#Fernsehrat: Starten wir mit einer ganz persönlichen Frage – inwieweit spielt das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Umfeld eine Rolle und was bedeutet „Nachhaltigkeit“ für Sie?
Olaf Tschimpke: Das Thema Nachhaltigkeit bestimmt seit Jahren mein berufliches, aber auch privates Leben. Als jemand, der über viele Jahre für den NABU im Natur- und Umweltschutz gearbeitet hat und zudem stellv. Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung war, ist das Thema Nachhaltigkeit das zentrale politische und gesellschaftliche Aufgabenfeld, da es über unsere Zukunft auf diesem Planeten entscheidet. Klimakrise, Biodiversitätskrise, Hunger und Kriege sind alles Elemente, die diametral einer nachhaltigen Entwicklung entgegen stehen und den von der Weltgemeinschaft verabschiedeten 17 Nachhaltigkeitszielen (SDGs) widersprechen.
#Fernsehrat: In seiner Entsprechenserklärung zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex berichtet das ZDF über Maßnahmen, Erfolge und Herausforderungen. So bezieht man etwa bereits seit 2019 Ökostrom und betreibt den innerbetrieblichen Fuhrpark elektrisch. Wie weit ist das ZDF auf dem Weg zur Nachhaltigkeit schon heute?
Tschimpke: Erst einmal ist es wichtig, dass das ZDF sich bereits vor sechs Jahren auf den Weg gemacht hat, die Entsprechenserklärung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex zu unterzeichnen und damit konkrete Maßnahmen zur Nachhaltigkeit für den Sender zu definieren. Ökostrom, elektrischer Fuhrpark sind erste bedeutende Schritte, aber es bleibt noch viel zu tun. Um nur ein Beispiel zu nennen, so bleibt die komplexe Aufgabe, wie man den Gebäudebestand klimaneutral bekommt.
#Fernsehrat: Das ZDF ist Mitglied des branchenweiten Arbeitskreises “Green Shooting” und will seine Produktionen ressourcen- und umweltschonend umstellen realisieren. Bis 2023 sollen die Hälfte der fiktionalen Auftragsproduktionen nach ökologischen Mindeststandards produziert werden. Wie ambitioniert sind die diesbezüglichen Vorhaben aus Ihrer Sicht?
Tschimpke: Ich denke, dies ist ein sehr mutiger, wegweisender Schritt in dem doch sehr kurzen Zeitrahmen. Er könnte Motivation sein für andere, hier schnell zu folgen.
#Fernsehrat: Nachhaltigkeit wird in der Entsprechenserklärung auch in seiner sozialen und ökonomischen Dimension betrachtet. Wie bewerten Sie die Zielsetzungen des ZDF bezüglich des Umgangs mit Zulieferern und Partner-Unternehmen?
Tschimpke: Nachhaltigkeit kann nur erfolgreich sein, wenn man die komplette „Lieferkette“ mit einbezieht. Als öffentlich-rechtliche Institution hat das ZDF auch eine soziale und ökonomische Verantwortung, sowohl gegenüber den Mitarbeitern wie auch den Produzenten, die aber stets die ökologische Komponente mit einbezieht.
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#Fernsehrat: Der Entwurf des neuen Medienstaatsvertrags sieht die deutschen Rundfunkunternehmen in einer Verantwortung. Sehen Sie darin auch eine Verpflichtung, Nachhaltigkeit mehr Raum im Programm zu geben?
Tschimpke: Selbstverständlich muss Nachhaltigkeit als das zentrale Zukunftsthema eine bedeutende Rolle im Programm spielen. Hier sollten neben der Problembeschreibung aber auch die möglichen, häufig auch schon existierenden Lösungsmöglichkeiten mehr in den Mittelpunkt gestellt werde. Hier fehlt aus meiner Sicht noch ein schlüssiges Magazinformat.
Zur Person: Olaf Tschimpke, Jahrgang 1955, ist Geograph und war von 2003 bis 2019 Präsident des größten deutschen Naturschutzverbandes, des Naturschutzbundes Deutschland (NABU). Er ist Vorsitzender der NABU International Naturschutzstiftung sowie für weitere Stiftungen aktiv. Im Fernsehrat ist er als Vertreter des NABU und Mitglied im Programmausschuss Programmdirektion. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.