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Redaktionen werden der Komplexität und Unübersichtlichkeit gerecht

Welche Themen bei der Berichterstattung zum Krieg in der Ukraine aber noch besser beleuchtet werden könnten

„Mit der beeindruckenden und vielfältigen Hintergrundberichterstattung wird dem Publikum die Möglichkeit gegeben, sich umfassend zu informieren, unterschiedliche Sichtweisen einzuordnen“, sagt Fernsehrat Reiner Hoffmann. Der Ex-DGB-Chef hat auch einen Blick auf die Arbeitnehmerrechte dort.

#Fernsehrat: Der Ukraine-Krieg spielt in den journalistischen Formaten und in der täglichen Berichterstattung beim ZDF eine große Rolle. Es gab umfangreiche Hintergrund-Berichterstattung in Dokus, Reportagen, ausführlichen Interviews – wie werden die Redaktionen dem komplexen Thema aus Ihrer Sicht gerecht?

DGB-Chef Reiner Hoffmann.
Fernsehratsmitglied Reiner Hoffmann.
Quelle: Britta Pedersen/ZB/dpa

Reiner Hoffmann: Mit der beeindruckenden und vielfältigen Hintergrundberichterstattung wird dem Publikum die Möglichkeit gegeben, sich umfassend zu informieren, unterschiedliche Sichtweisen einzuordnen, um somit die eigene Beurteilungskompetenz zu stärken. Im Rahmen der täglichen Berichterstattung werden zu kontroversen Themen wie z.B. Lieferung schwerer Waffen oder die Nichtinbetriebnahme von Nordstream 2 unterschiedliche politische Positionen dargestellt und ausgewogen informiert.

Der Länderspiegel hat beispielsweise regelmäßig über die Situation der ukrainischen Flüchtlinge sowie über das zivilgesellschaftliche Engagement vieler Menschen vor Ort berichtet und somit einen positiven Resonanzboden für ehrenamtliches Engagement gefördert. Insgesamt werden die Redaktionen der Komplexität und Unübersichtlichkeit des Krieges und seiner Folgen durchaus gerecht. Unterbelichtet scheint mir angesichts der möglichen Beitrittsperspektive der Ukraine in die EU und den geplanten milliardenschweren Wirtschaftshilfen nach dem Krieg die Berichterstattung über die rechtsstaatliche Verfassung der Ukraine. So ist seit Ausbruch des Krieges massiv in Arbeitnehmerrechte eingegriffen worden, über die man in der Berichterstattung bislang wenig bis gar nichts erfährt.

#Fernsehrat: Über die digitalen Ausspielwege haben die Produktionen erhebliche Reichweiten erzielt – wie schätzen Sie die Präsenz des Themas dort ein?

Hoffmann: Die Präsenz über digitale Ausspielwege hat erfreulicherweise zugenommen. Gleichwohl sollte sie weiter erhöht werden. Positiv zu bewerten ist, dass exklusive Recherchen des ZDF von Drittplattformen immer stärker aufgegriffen werden.

#Fernsehrat: Krieg ist stets auch geprägt von Propaganda von allen Seiten. Wie geht das ZDF nach Ihrem Eindruck mit der Problematik des ungleichen Zugangs zu Informationsquellen aus Russland einerseits und der Ukraine andererseits um? Und wie gut wird das ZDF mit seinen Faktenchecks, Recherchen und Analysen der Herausforderung einer ausgewogenen Berichterstattung gerecht?

Hoffmann: Der Zugang zu Informationsquellen in Kriegsgebieten ist hoch sensibel und gerade für Mitarbeiter*innen mit erheblichen Risiken verbunden. Die vorübergehende Schließung des Studios in Moskau ist nur ein Beispiel von vielen Risikozonen. Die redaktionsübergreifende Zusammenarbeit ist wesentlich, um Fakten von Fakes zu unterscheiden. Redaktionsübergreifende Teams und die Kooperation mit der Abteilung Archiv-Information-Dokumentation im ZDF sind eine gute Voraussetzung für die ausgewogene Berichterstattung.

#Fernsehrat: Die Korrespondenten vor Ort arbeiten unter erheblichen Sicherheitsrisiken und hohen psychischen Belastungen. Bietet hier der „Arbeitgeber ZDF“ seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entsprechende Vorbereitung und angemessene Unterstützung?

Hoffmann: Die Vorbereitung von Korrespondenten in Kriegs- und Krisengebieten ist durch spezifische Trainingsseminare (zum Beispiel Hostile-Environment-Awareness-Training) wichtig und sollte weiter ausgebaut werden. Auch die psychosozialen Unterstützungsangebote für im Ausland tätige Mitarbeiter sind angemessen. Sie sollten auch den Ortskräften der Auslandsstudios zur Verfügung gestellt werden.

Zur Person: Reiner Hoffmann, Jahrgang 1955, ist studierter Diplom-Ökonom der Wirtschaftswissenschaften. Zwischen Mai 2014 und Mai 2022 war er Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Im ZDF-Fernsehrat, in dem er seit 2017 den DGB vertritt, ist er Mitglied im Ausschuss für Finanzen, Investitionen und Technik. Reiner Hoffmann ist außerdem Mitglied im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) in Brüssel.

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