Mit der Veröffentlichung der geplanten Selbstverpflichtung „können alle Zuschauerinnen und Zuschauer überprüfen, ob die Arbeit des ZDF tatsächlich dieser Selbstverpflichtung entspricht“, sagt ZDF-Fernsehrätin Katrin Kroemer. Die Journalistin und Schatzmeisterin im Bundesvorstand des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV) befürwortet auch die Inhalte des Papiers.
#Fernsehrat: Das ZDF hat seine Selbstverpflichtungserklärung erstmals unter ein Motto gestellt (Gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern) und ihr zentrale Ziele vorangestellt. Wie bewerten Sie diese Schwerpunktsetzung?
Katrin Kroemer: Mir gefällt das Projekt insgesamt sehr gut. Denn vorab muss man sagen, die Selbstverpflichtung formuliert die Ziele für die Arbeit im ZDF. Das Schöne daran ist die Transparenz, denn die Selbstverpflichtung wird, wenn sie einmal vom Fernsehrat verabschiedet ist, im Internet abrufbar sein. So können alle Zuschauerinnen und Zuschauer überprüfen, ob die Arbeit des ZDF tatsächlich dieser Selbstverpflichtung entspricht.
Diese Zielbeschreibung wird alle zwei Jahre erneuert. Wir reden jetzt also über die Ziele für die Jahre 2021/2022. „Gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern“ hat noch den Zusatz „Die Chancen des Wandels ergreifen“. Das gefällt mir sehr gut.
Die Kernziele dienen auch dazu, die Selbstverpflichtung zu gliedern. Ich möchte folgende hervorheben: „Das ZDF bietet Qualitätsinhalte für alle auf allen Plattformen“.
Dafür muss ein breiteres Publikum erreicht werden. Wir alle wissen, dass die öffentlich-rechtlichen Sender in den höheren Altersgruppen mehr Publikum haben. Die Jüngeren müssen verstärkt angesprochen werden. Wir müssen bei der Verbreiterung des Publikums außerdem an Barrierefreiheit denken.
Ein zweiter Punkt weist auf den wesentlichen, Demokratie-tragenden Punkt hin: „Das ZDF informiert, ordnet ein und liefert Hintergründe.“ Ebenso fundamental erscheint mir die Prämisse: „Das ZDF gibt Einblicke in vielfältige Lebenswelten“. Auch damit wird man dem vorangestellten Motto gerecht.
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#Fernsehrat: Jüngeres Publikum soll besser erreicht werden. Auf welchen Wegen kann dies Ihrer Meinung nach gelingen?
Kroemer: Das muss auf allen Wegen gelingen. Einerseits müssen Formate entwickelt werden, die eine jüngere Zielgruppe heutzutage durch den Umgang mit Sozialen Netzwerken gewohnt ist. Und diese Formate muss das ZDF natürlich auch dort anbieten, wo sich das jüngere Publikum aufhält; eben auf den Plattformen der sogenannten „Sozialen Medien“ – von Facebook über Instagram bis YouTube. Mit dem Jugendkanal funk gibt es bereits ein erfolgreiches Projekt mit Formaten, die junge Leute mögen und schätzen. Im Fernsehen denke ich aber auch an den Wechsel des „ZDF-Magazin Royale“ von ZDFneo ins Hauptprogramm, wo die neue Sendung ein größeres junges Publikum erreicht.
Aus meiner eigenen Erfahrung muss an der Verjüngung des Publikums übrigens permanent gearbeitet werden. Das wird zum Beispiel deutlich, wenn ich hier in NRW das Radioprogramm 1LIVE betrachte. Der Sender wurde vom WDR einst gestartet, um ein ganz junges Publikum anzusprechen, Teenager und Twens. Heute ist 1LIVE ein Sender für Mittdreißiger, das Publikum ist einfach mit seinem Sender gewachsen. Das heißt, das Bemühen um immer neue Wege zu jungem Publikum wird nie enden. Dessen muss man sich bewusst sein.
#Fernsehrat: Das ZDF will mehr digitale Kontaktpunkte bieten. Wie viel Kraft sollte der Sender aus Ihrer Sicht in diese investieren?
Kroemer: Jede erdenkliche. Es ist ja nicht nur so, dass sich die Konsumgewohnheiten des jüngeren Publikums vom linearen Fernsehen weg entwickelt haben. Auch Ältere nutzen das Programm zeitunabhängig auf den neuen Wegen. Dadurch werden die Mediatheken relevant, aber auch alle Plattformen, auf denen Menschen sich aufhalten. Das zu verkennen wäre ein fataler Fehler.
#Fernsehrat: Das ZDF will bereichernde Unterhaltung liefern und ein verlässlicher Partner der deutschen Kreativwirtschaft sein. Wie wichtig sind diese Punkte aus Ihrer Sicht?
Kroemer: Das sind immens wichtige Vorhaben. Wir dürfen Unterhaltung nicht als seichte Ablenkung missverstehen. Auch Fiktion transportiert Informationen und Einblicke in Lebenswelten. Es ist relevant, ob solche Formate stets gutsituierte Familien mit einem arbeitenden Familienvater, einer Hausfrau, zwei Kindern und einem Hund in einer Villa zeigen; oder ob sie die Lebenswirklichkeit in ihrer Vielfalt abbilden – etwa mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und mit Problemen des Alltags in all seiner Vielfalt. So entsteht bereichernde Unterhaltung, die unter gar keinen Umständen wegfallen darf.
Selbstverständlich müssen das ZDF und der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt dabei ein verlässlicher Partner der Kreativwirtschaft sein. Dafür kommen die Gelder aus den Rundfunkbeiträgen herein. Mit denen muss die gesamte kreative Landschaft gestärkt und gestützt werden. Dafür tragen der öffentlich-rechtliche Rundfunk und das ZDF eine Verantwortung.
Zur Person: Katrin Kroemer ist seit 2016 Mitglied im ZDF-Fernsehrat, entsandt vom Deutschen Journalisten Verband (DJV). In ihrem Berufsleben verantwortet sie als freie Chefredakteurin ein Magazin im Ruhrgebiet, arbeitet außerdem als Dozentin und Moderatorin. Ehrenamtlich ist sie Schatzmeisterin im Bundesvorstand des DJV. Im Fernsehrat ist sie Mitglied im Programmausschuss Chefredaktion sowie im Ausschuss für Finanzen, Investitionen und Technik und gehört seit 2020 dem Präsidium an.