Bundestag: Mutterschutz bei Fehlgeburten ausgeweitet
Bundestag beschließt Reform:Mutterschutz bei Fehlgeburten ausgeweitet
von Wilhelm Terporten
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Die Änderung des Mutterschutzgesetzes ist beschlossene Sache. Künftig haben betroffene Frauen auch nach einer Fehlgeburt weitreichenden Anspruch auf Mutterschutz.
Frauen, die eine Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche erleiden, bekommen künftig mehr Unterstützung.
Quelle: imago
Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden, können bald mit einem besseren Schutz rechnen: Mutterschutz wird künftig schon bei Fehlgeburten ab der 13. Schwangerschaftswoche möglich sein.
Der Bundestag hat - in einer der letzten Sitzungstage vor der Bundestagswahl - einen längeren Mutterschutz nach Fehlgeburten einstimmig verabschiedet. SPD und Grüne hatten sich im Vorfeld dem Vorschlag von CDU/CSU angeschlossen.
Die Regelungen sollen am 1. Juni in Kraft treten - einer Zustimmung des Bundesrats bedarf das Gesetz nicht.
Die Änderung hat weitreichende Auswirkungen auf den Mutterschutz und sorgt für mehr Schutz und Unterstützung für Frauen. So erlebt etwa jede dritte Frau eine Fehlgeburt in ihrem Leben. Diese hat für betroffene Frauen oftmals körperliche oder seelische Folgen. Künftig besteht ein Anspruch auf abgestuften Mutterschutz nach einer Fehlgeburt.
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Gestaffelter Mutterschutz
Künftig soll schon ab der 13. Schwangerschaftswoche eine Schutzzeit von zwei Wochen beginnen, um den Frauen eine bessere Regeneration zu ermöglichen. Ab der 17. Woche sollen bis zu sechs, ab der 20. Woche bis zu acht Wochen möglich sein. Je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten ist, desto länger ist die Mutterschutzfrist im Falle einer Fehlgeburt.
Damit sind Frauen nicht mehr darauf angewiesen, dass sie krankgeschrieben werden. Die Gesetzesänderung berücksichtigt dabei auch die psychischen Belastungen, die mit einer Fehlgeburt einhergehen.
Ein Beschäftigungsverbot nach der Fehlgeburt soll aber nur dann gelten, wenn sich die betroffene Frau nicht ausdrücklich zur Arbeit bereit erklärt.
Bisher nur Mutterschutz bei Totgeburten
Bislang galten die besonderen Schutzrechte erst, wenn Frauen ihr Kind ab der 24. Schwangerschaftswoche verlieren oder das Kind mehr als 500 Gramm wiegt. Dann spricht man im rechtlichen Sinne von einer Totgeburt. Als Fehlgeburt gilt aus medizinischer Sicht das vorzeitige Ende einer Schwangerschaft bis zur 24. Schwangerschaftswoche.
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Dieser Umstand führte zu einer rechtlichen Lücke, die viele betroffene Frauen in eine schwierige Lage brachte. Sie mussten in vielen Fällen weiter arbeiten oder sich krankschreiben lassen. Insoweit galten auch nicht die Regelungen über die mutterschutzrechtlichen Entgeltfortzahlungen, sondern die für den Krankheitsfall.
Durch die Änderung soll frühzeitig adäquater Schutz gewährleistet werden. Melanie Bernstein (CDU) sagte gegenüber dem zuständigen Familienausschuss:
Aktivistin stößt Gesetzesreform an
Auch durch den Einsatz der Aktivistin Natascha Sagorski und ihrer Petition "Gestaffelter Mutterschutz" kam es zu dem Gesetzesentwurf im Bundestag. Sie hatte 2022 zudem eine Verfassungsbeschwerde gegen die bestehenden Regelungen eingelegt - diese war jedoch erfolglos gewesen.
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Sagorski zeigte sich nun sehr erfreut über die Gesetzesänderung, betonte aber, "dass die Gesetzesänderung nur ein Aspekt" sei. Es sei weiter nötig, dass Aufklärungskampagnen abgehalten werden. Dies sei gerade in Skandinavien besonders fortschrittlich "durch Broschüren, aber auch Aufklärungsunterricht".
Franziska Krumwiede-Steiner (Grüne) wertet es als Zeichen einer funktionierenden Demokratie, "dass eine Petition aus der Zivilgesellschaft tatsächlich in eine Gesetzesänderung mündet.
Der Autor ist Rechtsreferendar der Redaktion Recht und Justiz.