BayWas Schieflage: Das bedeutet sie für die Landwirtschaft
Überschuldeter Agrarkonzern:Deshalb steckt BayWa in der Krise
von Frank Bethmann
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Der durch Schulden finanzierte Wachstumskurs von BayWa ist gescheitert, nun droht eine radikale Schrumpfung. Dabei ist der Agrarkonzern systemrelevant für die Landwirtschaft.
Vielen unbekannt, aber einer der größten deutschen Agrarkonzerne: BayWa.
Quelle: dpa
Die BayWa rutscht immer tiefer in die Krise. Jetzt steht fest: Das Rettungspaket für den insolvenzgefährdeten Agrarhandelskonzern muss voraussichtlich sehr viel größer ausfallen als zuvor vom Vorstand geplant. Darauf dringen offensichtlich die Gläubigerbanken des unter einem Schuldenberg von rund sechs Milliarden Euro leidenden Agrarriesen.
Riskanter Wachstumskurs: "Das billige Geld hat gelockt"
In die dramatische Schieflage geriet die an der Börse notierte BayWa durch einen riskanten Expansionskurs, weitestgehend finanziert über Bankkredite. Aus der sich einst auf den heimischen Landhandel fokussierenden "Grünen AG" ist in kurzer Zeit ein internationaler Konzern mit 27 Milliarden Euro Umsatz geworden.
Der Agrarkonzern handelt nicht nur mit Getreide, Obst, Dünger und Traktoren, er gehört inzwischen auch zu den größten Unternehmen im Geschäft mit erneuerbaren Energien. Zum Portfolio gehören mittlerweile Firmenbeteiligungen und Tochtergesellschaften im In- wie im Ausland; sogar ein neuseeländischer Apfelanbauer zählt dazu.
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"Da hatte das billige Geld gelockt", sagt Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz dem Handelsblatt. Die Führung habe wohl gedacht, dass die Zinsen immer bei null blieben, und die Expansion übertrieben.
Hohe Schulden und schlecht laufende Geschäfte
Aufgrund der hohen Finanzschulden bei zugleich gestiegenen Marktzinsen bringen die drastisch wachsenden Zinsaufwendungen die BayWa-Gruppe nun in Bedrängnis. Erschwerend kommt hinzu, dass die Geschäfte gleich in mehreren Bereichen schlecht laufen. So haben zwei aufeinanderfolgende Missernten zu großen Umsatzeinbußen im Apfelerntegeschäft geführt.
Immer weniger Kunden finden zudem den Weg in die heimischen BayWa-Baumärkte und nicht zuletzt leidet der Konzern unter dem hohen Preisverfall im Handel mit Solarpaneelen.
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BaWa stehen tiefe Einschnitte bevor
In Folge der Entwicklungen steht die BayWa nun offenbar vor den tiefsten Einschnitten in ihrer mehr als 100-jährigen Firmengeschichte. Nach dem Expansions- folgt jetzt der Schrumpfkurs. Welche Unternehmensbereiche verkauft werden, wie viele der mehr als 23.000 Beschäftigten gehen müssen, ist derzeit noch unklar.
Nur eines steht fest: Der noch zu erstellende Rettungsplan muss vor allem die Gläubigerbanken überzeugen. Wichtigste Geldgeber sind die DZ-Bank (Dachgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken), die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die Deutsche Bank, die Commerzbank und die UniCredit.
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Eine wichtige Rolle spielen zudem die beiden Ankeraktionäre, die Bayrische Raiffeisen-Beteiligungs-AG mit 33,8 Prozent, hinter der die Volks- und Raiffeisenbanken des Landes stehen und die österreichische Raiffeisen-Agrar-Invest, die 28,1 Prozent der Anteile hält. Denn, so Bergdolt:
BayWa systemrelevant für Landwirtschaft in Süddeutschland und Österreich
Und so beginnt man zu verstehen, dass die BayWa eine gewisse Systemrelevanz hat - vor allem für die Landwirtschaft in Süddeutschland und in Österreich. Spekuliert wird daher, dass sie nicht fallen gelassen wird, eben auch wegen der zentralen Rolle der Volks- und Raiffeisenbanken.
Nimmt man ihre "gelebte Solidarität" beim Wort, dann heißt es jetzt nicht nur der BayWa unter die Arme zu greifen, sondern damit auch den vielen Landwirten. Die sind nämlich meistens nicht nur BayWa-Aktionäre und -Kunden, sondern haben häufig genug selbst noch Kredite bei den Genossenschaftsbanken laufen.
Die BayWa-Aktie hat im Übrigen längst reagiert. Sie befindet sich seit Wochen auf Talfahrt und notiert inzwischen auf dem tiefsten Stand seit mehr als 15 Jahren.
Quelle: ZDF
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