Nachwuchs-Landwirte in der EU fordern mehr Unterstützung
Nachwuchs in der Landwirtschaft:Junge Landwirte: Wo die EU ansetzen muss
von Renée Severin, Groningen
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Zwischen der EU und Landwirten hakt es, wie zuletzt die Bauernproteste gezeigt haben. Ein Junglandwirt aus den Niederlanden setzt sich für eine zukunftsfähige Agrarpolitik ein.
Junge Ideen für die Landwirtschaft: Peter Meedendorp arbeitet im elterlichen Ackerbau-Betrieb. Er ist Präsident von CEJA, einem Forum junger Landwirte in Europa. 28.05.2024 | 2:34 min
Die Landwirtschaft ist eine Branche mit Zukunft. Schließlich werden Lebensmittel immer gebraucht. Doch unter Landwirten herrscht oft Unzufriedenheit, gerade der Blick in die Zukunft schafft auch Sorgen. Ein Junglandwirt aus den Niederlanden tauscht regelmäßig den Traktor gegen den Konferenztisch ein - um den Job für seine Generation zu erleichtern.
Peter Meedendorp führt einen Ackerbaubetrieb, gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder. Auf dem Hof nahe Groningen im Norden der Niederlande bauen sie etwa Kartoffeln, Zwiebeln oder Zuckerrüben an. Irgendwann möchte Peter den Betrieb übernehmen: "Ich glaube, dafür braucht man eine gewisse Menge an Optimismus", meint der 23-Jährige.
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Landwirtschaft in Europa vor Herausforderungen
Denn die Branche steht vor Herausforderungen, wie zuletzt die europaweiten Bauernproteste gezeigt haben: Importe aus Drittstaaten, Bürokratie, hohe Auflagen für mehr Tierwohl und gegen den Klimawandel - die Liste geht weiter und weiter. Jedes Land hat seine Tücken in der Agrar-Politik, gerahmt von Vorgaben der Europäischen Union.
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EU-Politik weit von Praxis entfernt
Politische Vorgaben und landwirtschaftliche Realität klaffen oft auseinander, etwa wenn es um den bürokratischen Aufwand geht. "Manche Fragen (Anm. d. Red.: auf den Formularen) sind einfach nur dumm. Und das ist eine ziemliche Belastung. Man will nicht eine Woche lang am Schreibtisch sitzen und Papierkram erledigen", sagt Peter.
Junglandwirte treffen sich mit Entscheidungsträgern
Um die Lücke zwischen Politik und Praxis zu füllen, engagiert er sich neben der Arbeit auf dem Hof für zwei Millionen junge Kollegen in Europa - als Präsident im Rat der Junglandwirte, CEJA.
Regelmäßig fährt Peter nach Brüssel, trifft dort und in ganz Europa andere junge Landwirte. Gemeinsam machen sie gegenüber EU-Entscheidungsträgern klar, was der jungen Generation wichtig ist, wobei sie Unterstützung brauchen und wie die tägliche Praxis auf den Höfen ist.
Peter Meedendorp setzt sich neben der Arbeit im Familienbetrieb für zwei Millionen andere Junglandwirte in Europa ein.
Quelle: ZDF
Bedingungen für Nachwuchs in der Landwirtschaft
Laut Europäischer Kommission werden in der EU nur zwölf Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe von Landwirten unter 40 geführt. Einen Familienbetrieb übernehmen, sich etwas Eigenes aufbauen - nicht immer einfach oder möglich. Da muss die Politik ansetzen, meint Peter: "Wie stellen wir sicher, dass Landwirte Land erwerben können? Zugang zu Investitionen?"
Grundstückspreise seien hoch. "Das steht nicht mehr in Relation zu dem, was wir durch den Anbau von Lebensmitteln verdienen", meint Peter. Bei Junglandwirten sei zudem die Wahrscheinlichkeit zwei- bis dreimal höher, dass ihnen ein Kredit von der Bank nicht gewährt würde, so Peter. Dazu kommt der Klimawandel.
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Die Europäische Union will der erste klimaneutrale Kontinent sein. Das Ziel soll bis 2050 erreicht sein. Erreicht werden soll das mit dem Green Deal, einem der wichtigsten Vorhaben der noch amtierenden EU-Kommission. Konkret sollen die 27 Mitgliedsstaaten zunächst ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 senken. Dafür soll eine Reihe an EU-Rechtsvorschriften überarbeitet werden.
Unterstützung für Erreichen der Nachhaltigkeitsziele
Dass es Nachhaltigkeitsziele gibt, kann Peter verstehen. Das Problem sei eher, dass es so viele Regeln und Vorgaben gebe, zeitgleich aber nicht genug finanzielle Hilfe seitens der Politik.
Das sieht auch Harald Grethe so. Er ist Agrarwissenschaftler. "Ja, wir müssen die Nachhaltigkeitsziele erhöhen. Das kostet aber Geld und das muss man als Staat auch honorieren, mit Klimaschutzprämien, Biodiversitätsprämien, mit Tierwohlprämien - also ganz konkret sich die Leistung einkaufen, die die Landwirte am Markt nicht entlohnt bekommen." Es passiere schon etwas, aber viel zu wenig, so Grethe.
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Europawahl 2024: Chance auf Veränderung?
Der Experte meint, die Europawahl 2024 kann eine Chance für die Landschaft sein. Vor allem, weil er eine Veränderung in der Diskussion zwischen Politik und Praxis feststellt. Die Umweltpolitik habe verstanden, dass es ohne die Landwirte nicht gehe, meint Grethe.
Es gäbe zudem mittlerweile einen stärkeren Schulterschluss, etwa zwischen Landwirten und Umweltbewegungen. Das sei vielversprechend, so Grethe.
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Wünsche für die nächste Legislaturperiode
Peter Meedendorp liebt den Job, auch wenn die Branche ihre Tücken hat. Seit er als Teenager das erste Mal auf dem Traktor saß, will er Landwirt sein - auch in Zukunft. "Es fühlt sich nie wie immer der gleiche Job an. Du kannst alles so anpassen, wie es dir gefällt", meint er. Das solle so bleiben, auch bei all den Auflagen, all der Bürokratie. Denn das Beste an dem Job, so Peter, sei die Freiheit.
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