mit Video
Analyse
Plus bei Produktion und Export:Gute Konjunkturzahlen - aber keine Trendwende
|
Produktion und Ausfuhren wachsen im November überraschend stark, doch eine Trendwende ist nicht in Sicht. Die Aussichten bleiben trübe. Mit einer Ausnahme.
Die Zeiten für die deutsche Industrie sind trotz eines Hoffnungsschimmers weiter schwierig.
Quelle: picture alliance / Rupert Oberhäuser
Es geht doch, möchte man meinen. Im November legten sowohl die Produktion als auch die Exporte deutscher Unternehmen überraschend deutlich zu. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 1,5 Prozent mehr her als im Vormonat.
Nach Rückgängen in den beiden Vormonaten hatten Ökonomen weniger erwartet. Und auch bei den Ausfuhren ist ein Plus von 2,1 Prozent bemerkenswert. "Diese Zahlen sehen besser aus als erwartet", schätzt Jens-Oliver Niklasch, Volkswirt der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die Entwicklung ein.
Gute Exportzahlen nur eine Gegenbewegung
Allerdings gehört zur Wahrheit dazu, dass die Vormonate nicht gut waren. Insbesondere die heimischen Ausfuhren schwächelten im Oktober; vor allem jene in die USA, einem der wichtigsten Handelspartner. Sie stürzten mit minus 14 Prozent praktisch ab.
Nun im November stiegen sie wieder um 14,5 Prozent. Der Export-Zuwachs sei also nur eine Art Gegenbewegung, sagt Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei Hauck Aufhäuser Lampe:
Für das Jahresschlussquartal 2024 zeichnet sich dennoch ein klares Minus ab.
Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei Hauck Aufhäuser Lampe
Auch keine echte Produktionsbelebung
Nicht anders fällt die Bewertung für das Verarbeitende Gewerbe aus. Das erfreuliche Plus im November kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Industrieproduktion im Jahr 2024 um rund 4,5 Prozent gesunken sein dürfte.
Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) ordnet ein: Damit läge die heimische Industrieleistung inzwischen um mehr als zehn Prozent unter dem Niveau des Jahres 2018. Damals erreichte sie einen Höchststand.
Autoindustrie rutscht weiter in die Krise
Und so verhält es sich mit der deutschen Konjunktur und erfreulichen November-Zahlen ein wenig wie mit dem Autofahren. Der Blick in den Rückspiegel ist nur bedingt hilfreich. Noch wichtiger ist, was vorne auf der Straße passiert. Und da dürfte der Verkehr, um im Bild zu bleiben, auch weiterhin nur schwer voran kommen.
Die Stimmung bei den Autobauern bleibt schlecht. Zu diesem Schluss kommt das Münchner Ifo-Institut und verweist auf das entsprechende Geschäftsklima-Barometer, welches im Dezember weiter gesunken ist. Ifo-Branchenexpertin Anita Wölfl sagt:
Die Autoindustrie ist damit tiefer in die Krise gerutscht.
Anita Wölfl, Ifo-Branchenexpertin
Maßgeblich für die Einschätzung sind die pessimistischeren Erwartungen der heimischen Autobauer für die kommenden Monate. Es fehlen die Aufträge.
Deutsche Wirtschaft steht vor schwierigem Winterhalbjahr
Auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer verweist auf die schlechte Auftragslage: "Das Winterhalbjahr bleibt für die deutsche Wirtschaft schwierig."
Und das auch, weil am 20. Januar der erneut gewählte US-Präsident Donald Trump ins Weiße Haus einzieht: "Die nächsten Monate mit erwartbaren zusätzlichen Zöllen können für die deutsche Exportwirtschaft aber noch sehr unangenehm werden", warnt der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier.
Familienunternehmer: Krise erreicht den Arbeitsmarkt in ganzer Breite
Und so passt ins Bild, dass auch die deutschen Familienunternehmen mit Sorge auf 2025 schauen. Laut ihrer aktuellen Umfrage erwarten nur noch 31 Prozent der Firmen Wachstum.
Noch gravierender: Erstmals seit Beginn der Befragung im Jahr 2011 ist der Anteil der Unternehmer, die die Anzahl der Arbeitsplätze reduzieren wollen (28 Prozent) höher, als der Anteil derer, die zusätzlich Stellen schaffen wollen (19 Prozent). Die Krise erreiche den Arbeitsmarkt nun in seiner ganzen Breite, so Marie-Christine Ostermann, Präsidentin der Familienunternehmer.
Lichtblick: Digitalwirtschaft
Doch es gibt auch optimistische Töne. Die IT- und Telekommunikationsbranche bekommt von der allgemeinen Konjunkturflaute derzeit kaum etwas mit. Für das laufende Jahr erwarten die Unternehmen ein Umsatzplus von 4,6 Prozent.
Gleichzeitig würden voraussichtlich weitere 20.000 Arbeitsplätze aufgebaut werden und damit gut doppelt so viele wie im vergangenen Jahr. Der Wachstumstreiber sei die Softwarebranche und hier insbesondere das Geschäft mit Künstlicher Intelligenz (KI). Das teilte der Digitalverband Bitkom heute mit.
Frank Bethmann ist Redakteur in der ZDF-Börsenredaktion
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Mehr Wirtschafts-News
mit Video
Bankenverband :Umfrage: Deutsche bei Geldanlage vorsichtiger
von Frank Bethmann
Milliardenschwer: Ether und Co.:Was die Bitcoin-Alternativen machen
von Stefan Mey
mit Video
Erneuter Anstieg im Dezember:Ist die Inflation doch nicht besiegt?
von Klaus Weber