Industrieproduktion setzt Talfahrt fort

    Längster Rückgang seit 2008:Industrieproduktion setzt Talfahrt fort

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    Die Industrieproduktion in Deutschland ist den fünften Monat in Folge gesunken. Laut Statistikamt ist es die längste Durststrecke seit 2008. Ökonomen sehen keine rasche Trendwende.

    Arbeiter in Maschinenbau-Fabrik
    Im Maschinenbau brach die Produktion im Oktober um 6,3 Prozent ein.
    Quelle: dpa

    Eine so lange Negativserie hat es seit 15 Jahren nicht mehr gegeben: Die deutschen Unternehmen drosselten ihre Produktion im Oktober bereits den fünften Monat in Folge, was eine Rezession näher rücken lässt.
    Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 0,4 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten dagegen mit einem Anstieg von 0,2 Prozent gerechnet, nachdem es im September sogar ein Minus von 1,3 Prozent gegeben hatte.
    Fünf Rückgänge in Folge gab es zuletzt im Jahr der Finanzkrise 2008, so das Statistikamt. Dadurch sei die Produktion auf den niedrigsten Stand seit der Corona-Pandemie gefallen, sagte der Konjunkturexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Jupp Zenzen.

    Nicht nur die energieintensive Industrie verzeichnet Rückgänge, auch die Baubranche wird durch das hohe Zinsniveau und den Fachkräftemangel gebremst.

    Jupp Zensen, DIHK

    Deutschland droht neue Rezession

    Damit droht Europas größer Volkswirtschaft eine neue Rezession. "Mit dem erneuten Rückgang ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass nun auch das Bruttoinlandsprodukt im Jahresabschlussquartal schrumpfen wird", sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien.
    "Nach gängiger technischer Definition einer Rezession als zwei aufeinander folgende Quartale wäre Deutschland damit derzeit wieder in einer Rezession." Im Sommer war die Wirtschaft bereits geschrumpft, wenn auch nur um 0,1 Prozent.

    Ökonomen rechnen nicht mit rascher Trendwende

    Zwar dürften im Oktober Brücken- und Ferientage eine gewisse Rolle gespielt haben, wie das Bundeswirtschaftsministerium betonte. "Aber auch ohne diese Sondereffekte zeigt sich eine schwache konjunkturelle Lage."
    Ökonomen rechnen nicht mit einer raschen Trendwende. "In den kommenden Monaten dürfte die Industrieproduktion tendenziell weiter sinken", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Die Unternehmen müssen auf den zurückliegenden Einbruch der Auftragseingänge reagieren, nachdem sie die während Corona liegengebliebenen Aufträge abgearbeitet haben." Die von der Haushaltskrise ausgehende Unsicherheit sei in diesem Zusammenhang nicht förderlich.

    Starker Einbruch beim Maschinenbau

    Die exportabhängige Industrie allein stellte im Oktober 0,5 Prozent weniger her als im Vormonat. Das ist zu einem Großteil auf den Maschinenbau zurückzuführen: Hier brach die Produktion um 6,3 Prozent ein. Dagegen meldete die Automobilindustrie ein Wachstum von 0,7 Prozent. Der exportabhängigen Industrie sind zuletzt die Aufträge weggebrochen: Von August bis Oktober fiel das Neugeschäft um 4,6 Prozent niedriger aus als in den drei Monaten zuvor.
    Michael Vassiliadis | Vorsitzender Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
    "Die Standortbedingungen für die Industrie in Deutschland haben sich insgesamt verschlechtert", sagt Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie.29.11.2023 | 5:01 min
    "Die im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gestiegenen Energiekosten sind für Deutschland eine schwere Bürde", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Nicht nur private Haushalte werden belastet, sondern vor allem auch die Industrie."
    Die Energieerzeugung wuchs diesmal um 7,1 Prozent. Die Bauproduktion schrumpfte dagegen um 2,2 Prozent. Der Baubranche machen steigende Zinskosten zu schaffen, die bei privaten und professionellen Investoren für Zurückhaltung sorgen.
    Quelle: Reuters

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