EM und Konjunktur:In der Wirtschaft eher ein 0:0 zur Halbzeit
von Frank Bethmann
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Nicht nur das Wirtschaftsjahr startet in die zweite Halbzeit, auch bei der Fußball-EM befinden wir uns bereits in der zweiten Turnierhälfte. Eine ökonomische Zwischenbilanz.
Tausende Fans der Niederlande feiern das Team Oranje in München. Wirtschaftlich zündet die EM in Deutschland allerdings nicht so recht.
Quelle: dpa
Fragt man Clemens Fuest, den Präsidenten des Ifo-Instituts, wo es derzeit besser läuft - bei der Europameisterschaft oder in der deutschen Wirtschaft - dann bekommt man eine klare Antwort:
Nach einem kurzen Zwischenhoch ist der Ifo-Geschäftsklimaindex, der die Stimmungslage in den Vorstandsetagen abfragt, wieder gefallen.
"Die Bundesregierung bräuchte eine Art Wachstumspaket", denn Unternehmen verlören immer mehr Interesse am Standort Deutschland, so Prof. Clemens Fuest, Präsident ifo-Institut.
16.05.2024 | 5:09 min
"Was uns Sorgen macht", sagt Fuest, "ist, dass die Aufträge zurückgehen, vor allem in der Investitionsgüterindustrie." Und ergänzt: "Wir sehen auch keinen Anstieg der Konsumausgaben, der der Konjunktur jetzt helfen würde."
Einzelne Branchen profitieren nur kurzzeitig
Wenn überhaupt, so Fuest weiter, würden einzelne Branchen nur kurzzeitig profitieren können. Beispielsweise der Einzelhandel.
Ähnlich sieht es bei den Hotelbuchungen aus. Stimmen aus den EM-Städten Berlin und Düsseldorf deuten darauf hin, dass man mehr erwartet hätte. Das Zwischenfazit der meisten Hoteliers lautet: Gute Auslastung an Spieltagen, an anderen Tagen zahlreiche freie Betten. Im Ergebnis also eher ein "plus minus Null", zumal der Fußball während der vier Wochen alle anderen Veranstaltungen wie Tagungen und Kongresse verdränge, so die Branchenkenner.
Auch Fernseher kein EM-Verkaufsschlager
Bei früheren Sportevents waren Fernseher ein Konsumklassiker. Doch auch hier bricht die Branche in diesen Wochen nicht in Jubelstürme aus.
Das sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst bei der Vorstellung der Konjunkturprognose seines Verbandes. Immerhin läuft es bei der Informationstechnik besser, was allerdings weniger der Europameisterschaft geschuldet sein dürfte als vielmehr der Künstlichen Intelligenz. Insbesondere Software für dieses Segment treibt die Umsätze, so Wintergerst.
Virtuelle Bandenwerbung - Erstmals setzt die UEFA KI ein
Ohne Künstliche Intelligenz geht es indes auch bei der Europameisterschaft nicht mehr. Erstmals setzt die UEFA in diesem Jahr virtuelle Bandenwerbung ein. In den drei verschiedenen Märkten - den USA, China und Deutschland sehen die Zuschauer während der TV-Übertragung andere Werbung als die Zuschauer im Stadion.
Zu Gast: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang, CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi und Gabor Steingart02.05.2024 | 63:18 min
Für die TV-Übertragung überblendet Künstliche Intelligenz die LED-Banden in den Stadien mit virtuellen Anzeigen. Auffallend, dass zu den Hauptsponsoren des Turniers inzwischen fünf chinesische Konzerne gehören und mit Adidas nur noch ein deutsches Unternehmen UEFA-Top-Werbepartner und Geldgeber ist. Ergänzt wird der Sponsorenpool um die Telekom und die Bahn, die für den deutschen Markt zusätzliche Rechte erworben haben.
Sponsor Bahn verpasst Chance, Werbung für sich zu machen
Apropos Bahn. Die Europameisterschaft als Werbeplattform für das Verkehrsunternehmen zu nutzen - wenn gerade Millionen Fußballanhänger im Land sind -, hat nicht geklappt. Im Gegenteil. Einmal mehr kam es zu zahlreichen Verspätungen und enttäuschten Fans, die teilweise zu spät zu den Stadien gelangten oder von dort nicht mehr wegkamen.
Die EM 2024 ein Sommermärchen 2.0? Nicht, was die Organisation betrifft, berichten Fans und Journalisten. Zu wenige und zu volle Züge, einsprachige Hinweisschilder, heißt es.22.06.2024 | 3:05 min
entschuldigt sich die Deutsche Bahn. Und so zeigt die EM eher ungewollt, wie schlecht es inzwischen um die Infrastruktur des Landes wirklich bestellt ist.
Team Schweiz und Team Rumänien fahren mit der Bahn
Ungeachtet aller Probleme sollen nach Angaben der Bahn seit Turnierbeginn fünf Millionen Reisende mit den ICE und IC gefahren sein. Nicht nur Fans auch einige Mannschaften selbst nutzen die Schiene. "Reise-Europameister" ist bislang das Team der Schweiz. Während der Vorrunde fuhr die Mannschaft fünf Mal mit dem ICE zum und vom Spiel. Dahinter folgt Rumänien mit vier Fahrten.
Frank Bethmann ist Redakteur in der der ZDF-Börsenredaktion
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