Der Krieg Russlands gegen die
Ukraine hat in Europa im vergangenen Jahr zu einem drastischen Anstieg der Großhandelspreise für
Erdgas geführt. Die Wiederholung einer solchen Situation soll von Mittwoch an ein dynamischer EU-Preisdeckel verhindern.
Ziel: Schutz vor erhöhten Preisen
Der sogenannte Marktkorrekturmechanismus soll Bürger und Wirtschaft vor
überhöhten Preisen schützen. Konkret geht es darum, zu verhindern, dass die Großhandelspreise für Gas in der
EU über längere Zeit deutlich über den Weltmarktpreisen liegen.
Das EU-Preislimit setzt nicht bei den Verbrauchern an. Sondern beim Groß- und Börsenhandel, also bei Gashändlern und Versorgern. Diese dürfen keine Verträge abschließen zu Preisen jenseits des Limits.
Die bewegliche Obergrenze wird aktiviert, sobald der Preis drei Tage in Folge 180 Euro je Megawattstunde übersteigt und gleichzeitig 35 Euro über dem internationalen Durchschnittspreis für flüssiges Erdgas liegt. Die Obergrenze soll auf diese Weise verhindern, dass Förderländer in der EU deutlich mehr verlangen als etwa von asiatischen Kunden.
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Mechanismus greift nicht sofort
Da der relevante europäische Gaspreis zuletzt zwischen 50 und 60 Euro und damit sehr deutlich unter dem Grenzwert liegt, greift das Limit erstmal nicht. Damals erreichten die europäischen Erdgaspreise nach Angaben der EU-Kommission ein Niveau, das 1.000 Prozent über den bis dato verzeichneten Durchschnittspreisen lag.
Bewegten sich die Preise in den vergangenen zehn Jahren zwischen fünf und 35 Euro pro Megawattstunde, klettern sie im vergangenen Sommer auf Rekordstände von über 300 Euro pro Megawattstunde.
Russische Gaslieferungen als Waffe
Laut EU-Kommission sind die Preise vor allem gestiegen, weil Russland seine Gaslieferungen als Waffe einsetzte und durch vorsätzliche Unterbrechungen den Markt manipulierte.
Wegen des Ukraine-Krieges steigen die Energiepreise. Besonders Erdgas wird teurer, weil Deutschland viel aus Russland bezieht. Was können die Verbraucher tun? Tipps gibt's hier.
Zudem spielte der Analyse zufolge die Angst vor weiteren
Lieferunterbrechungen und Marktmanipulationen durch Russland eine Rolle. Auch der europäische Preisbildungsmechanismus versagte beim Schutz der Unternehmen und Verbraucher.
Nach Einschätzung von Gasmarktexperten dürfte die Preisentwicklung in erster Linie vom Wetter im Rest der Heizsaison abhängen. Wenn es die Temperaturen zulassen, könnte es ein Sommerloch bei den Preisen geben. Auch dann wäre der EU-Gaspreisdeckel irrelevant für Unternehmen und Verbraucher.
Lieferstopps durch Preislimit?
Die
Bundesregierung war lange gegen den Gaspreisdeckel. Sie befürchtete Versorgungsprobleme: Lieferanten könnten den Preisdeckel nicht akzeptieren und einfach kein Gas mehr nach Europa liefern.
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Im Dezember stimmte
Bundeskanzler Olaf Scholz (
SPD) dann aber doch zu. Hintergrund waren vor allem strenge Sicherheitsregeln. Dazu zählt die Regel, dass hohe Preise an den Handelsplätzen mehrere Tage lang herrschen müssen.
Schlupfloch für höhere Gewinne?
Die wichtigste Gasbörse in Europa bereitet sich auf den EU-Gaspreisdeckel vor, indem sie einen Parallelmarkt außerhalb der EU aufbaut. Der US-Börsenbetreiber Intercontinental Exchange (ICE) teilte Ende Januar mit, vom 20. Februar an Geschäfte mit TTF-Wertpapieren für künftige Gaslieferungen auch in London anzubieten. TTF steht für "Title Transfer Facility" und ist der Name der bedeutendsten Gasbörse in der EU mit Sitz in Amsterdam.
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Der Schritt sei eine Reaktion auf die Wünsche der Investoren, teilte ICE mit. Der Handel in London solle "eine Versicherung sein für Kunden", falls der Preisdeckel ihnen verbietet, in der EU Abschlüsse zu tätigen.
In der Europäischen Union gilt ab Mittwoch ein Gaspreisdeckel. Damit sollen die horrenden Energiepreise bekämpft werden. Die Obergrenze greift allerdings nur unter hohen Auflagen.