Volkswagen-Chef Blume: "Schließen Kapazitätsabbau nicht aus"
Interview
Volkswagen-Chef vor Autogipfel:Blume kündigt "zügig" Einsparungen bei VW an
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Die Situation sei so herausfordernd wie nie: Im ZDFheute-Interview erklärt VW-Chef Oliver Blume kurz vor dem Autogipfel, was es braucht, um künftig konkurrenzfähig zu bleiben.
Volkswagen-Chef Oliver Blume muss den Konzern durch die schwierige Zeit manövrieren.
Quelle: dpa
Eine verschlafene Umstellung auf E-Mobilität, ein Einbruch der Verkaufszahlen und Produktionsbedingungen, die im internationalen Vergleich wenig konkurrenzfähig wirken: Zehntausende Mitarbeiter könnten in der Autobranche ihre Jobs verlieren, Werke schließen - auch beim Branchenriesen Volkswagen.
Einer, der einen Weg aus der Krise finden muss, ist Volkswagen-Chef Oliver Blume, der kurz vor dem Autogipfel im Interview mit ZDFheute über die Herausforderungen für die deutsche Autoindustrie, den Zeitrahmen für Maßnahmen und die Erwartungen an den anstehenden Autogipfel spricht.
Die Automobilbranche hat mit sinkenden Absätzen bei E-Autos zu kämpfen - nun grassiert Angst wegen bald geltenden CO2-Grenzwerten. Wie kann das Geschäft wieder angekurbelt werden?20.09.2024 | 31:55 min
ZDFheute: Längst hat der Standort Deutschland gegenüber der internationalen Konkurrenz eingebüßt: Hat der Automobilstandort noch eine große Zukunft?
Oliver Blume: Die Situation der deutschen Industrie ist heute so herausfordernd wie noch nie zuvor im internationalen Wettbewerb.
Die Industrie mit den richtigen Strategien, mit den richtigen Produkten, aber auch mit der richtigen Kostenbasis. Die Politik mit verlässlichen Rahmenbedingungen, mit kurzen Entscheidungswegen, geringer Regulierung, aber natürlich auch den richtigen Förderungsmodellen für die Industrie.
Und wenn wir da alle gemeinsam anpacken, dann werden wir das auch hinbekommen.
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ZDFheute: Die Konkurrenz aus Asien und die billigere Produktion von E-Autos kommt nicht aus heiterem Himmel. Welche Fehler wurden zuletzt gemacht - und was braucht es, um in Deutschland wieder erfolgreich zu produzieren?
Blume: Wir müssen uns wieder auf das Wesentliche konzentrieren, gute Produkte anbieten. Im Volkswagen-Konzern gelingt das mit den neuen Produkten.
Insbesondere, und das ist der große Ansatzpunkt, müssen wir uns in eine deutlich bessere Kostensituation bringen. Und da geht es über alle Kostenarten - und damit befassen wir uns insbesondere bei Volkswagen.
Volkswagen hat mehrere Tarifverträge mit der IG Metall gekündigt. Damit hat der angeschlagene Autobauer den Weg für betriebsbedingte Kündigungen frei gemacht. 10.09.2024 | 1:28 min
ZDFheute: Volkswagen steht unter Druck - man hat jetzt sogar an einem Tabu gerüttelt: Betriebsbedingten Kündigungen stehen wieder im Raum. Wie viele Jobs werden denn wegfallen - 30.000, wie man hört?
Blume: Die aktuelle Renditesituation ist nicht besser und nicht schlechter als in vergangenen Jahrzehnten. Nur wir haben andere Rahmenbedingungen.
Die Volkswagen-Werke
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Wir haben die umfangreichen Zahlungen und Erträge aus China, die nicht mehr sichergestellt sind. Der europäische Markt ist nachhaltig um zwei Millionen Fahrzeuge zurückgegangen.
ZDFheute: Braucht es jetzt aber nicht Ehrlichkeit? Sollte man nicht sagen, wir produzieren lieber in Tschechien, dort wo es billiger ist - und fährt hier die Produktion herunter?
Blume: Der Standort Deutschland hat für uns eine große Bedeutung und wir werden hier in Deutschland auch um jeden Arbeitsplatz kämpfen, das ist ganz klar. Aber dafür ist die Grundlage, dass wir auf der Kostenseite über alle Bereiche deutlich nach unten kommen, um dann eben auch mehr Möglichkeiten zu haben in der Preisflexibilität, um dann im internationalen Wettbewerb standzuhalten.
ZDFheute: Die Gewerkschaften haben erbitterten Widerstand angekündigt. Was sagen Sie denen: Müssen die Arbeiter jetzt auch zurückstecken, damit Volkswagen wieder gut da steht?
Blume: Wir schließen auf der einen Seite einen Kapazitätsabbau nicht aus. Das hängt damit zusammen, dass der europäische Markt um zwei Millionen Fahrzeuge nachhaltig zurückgegangen ist. Der Volkswagen-Konzern hat 25 Prozent Marktanteil - daraus kann man ableiten, wie die Kapazitätssituation ist.
Die Autoindustrie als deutsche Schlüsselbranche steckt in einer Krise. Auf einem digitalen „Autogipfel“ suchen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Autohersteller, Verbände und Gewerkschaften nach Auswegen. 23.09.2024 | 2:09 min
ZDFheute: Können Sie eine konkrete Maßnahme nennen, um Kosten zu senken?
Blume: Wir gehen über alle Kostenarten. Das beginnt bei den Entwicklungskosten. Das sind die Markt-Realkosten, die eine Rolle spielen. Das sind die Fixkosten. Aber natürlich auch die Herstellkosten, wo die Arbeitskosten eine große Rolle spielen werden - aber auch die Vertriebskosten. Und so gehen wir durch alle Ecken und werden das gemeinsam mit allen Parteien dann dort vereinbaren.
ZDFheute: Wann kann man dort mit Entscheidungen rechnen?
Blume: Wir werden das in den nächsten Wochen sehr zügig angehen.
Neuzulassungen nach Antriebsart im August 2024
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ZDFheute: Heute steht ein "Auto-Krisengipfel" an. Die SPD hat eine Abwrackprämie 2.0 ins Spiel gebracht, was halten Sie davon?
Blume: Ich finde die Initiative der Bundesregierung erst mal sehr positiv, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen.
Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) und die Autoindustrie beraten heute bei einem "Autogipfel" über die Krise der Branche. Bei dem Treffen "gehe es um ein Abtasten, um zu hören, was potenziell möglich sei", so ZDF-Wirtschaftsexperte Florian Neuhann. 23.09.2024 | 3:00 min
Wir müssen prüfen, was kurzfristig wirkt. Wir werden uns jeden Hebel anschauen, was der in Summe bringt. Es geht dort beispielsweise auch um Steuermodelle für betrieblich genutzte Fahrzeuge. Es geht um Steuern für die Zulassung von Fahrzeugen. Es geht gerade bei Elektrofahrzeugen darum, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen - den Ladestrompreis in die richtige Richtung zu bewegen.
Am Nachmittag soll es soweit sein: Dann schalten sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und verschiedene Akteure der deutschen Autoindustrie zusammen, um über die aktuelle Krise zu diskutieren. Vor dem Treffen, das oftmals als Autogipfel betitelt wird, wurden viele Forderungen erhoben, um die eingebrochene Nachfrage vor allem nach Elektroautos wieder anzukurbeln. Die SPD bringt etwa eine Art Abwrackprämie ins Spiel. Wiederum andere sprechen von einem staatlichen Zuschlag zum E-Auto-Leasing für Menschen mit kleinen oder mittleren Einkommen. Ob bei dem Autogipfel konkrete Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, ist offen. An der Videokonferenz nehmen unter anderem teil:
Branchenverband VDA
Gewerkschaft IG Metall
Volkswagen
BMW
Mercedes
Mit Material von dpa
ZDFheute: Was erwarten Sie darüber hinaus? Wären die zehn Milliarden Euro, die erstmal nicht direkt für Intel gebraucht werden, etwas für Sie?
Blume: Ganz entscheidend ist es für Deutschland, einen Masterplan zu haben - dass wir uns auf die richtigen Themen konzentrieren.
Das Interview führt Jan-Frederik Fischer, Reporter im ZDF-Landesstudio Baden-Württemberg.