Ostdeutschland: Warum die AfD die Wirtschaft gefährdet
Wahlen in Ostdeutschland:Warum die AfD die Wirtschaft gefährdet
von Dennis Berger
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Populismus als Gefahr für den Wohlstand? Ökonom Michael Hüther und Familienunternehmer in Thüringen schlagen Alarm: Die AfD könnte Milliarden kosten.
Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft könnten bei einem Austritt aus der EU 2,5 Millionen Jobs in Deutschland verloren gehen. (Archivbild)
Quelle: dpa
Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), findet klare Worte: "Die AfD ist Gift für die deutsche Wirtschaft." Ihre europakritische Haltung bedrohe den wirtschaftlichen Erfolg, der auf Offenheit und Toleranz basiert. Auch Unternehmer und Unternehmerinnen warnen eindringlich vor den Folgen eines AfD-Wahlsiegs.
Hüther: Wahlen in Ostdeutschland richtungsweisend
Michael Hüther zählt zu den bekanntesten Ökonomen Deutschlands und leitet das wirtschaftsnahe IW in Köln. In einem IW-Artikel hebt der Wirtschaftswissenschaftler hervor, dass die Landtagswahlen in Ostdeutschland richtungsweisend für die gesamte Republik seien. Seine Zahlen verdeutlichen die potenziellen negativen Auswirkungen der Politik der AfD auf die deutsche Wirtschaft:
Die AfD fordert den Austritt Deutschlands aus der EU. Hüther warnt, dass dieser sogenannte "Dexit" zu einem Verlust von 690 Milliarden Euro an Wirtschaftskraft führen könnte. Laut IW könnten bei einem "Dexit" 2,5 Millionen Jobs in Deutschland verloren gehen. Diese Zahl verdeutlicht, wie gefährlich ein EU-Austritt wäre.
Besonders im Osten Deutschlands seien Unternehmen auf den Binnenmarkt angewiesen. Doch die AfD ignoriere diese Fakten.
Laut Umfragen könnte die AfD in Sachsen und Thüringen stärkste Kraft werden, will dort regieren. Doch viele Unternehmen bezeichnen die Partei als Standortrisiko.19.08.2024 | 43:34 min
Unternehmer kritisieren Höcke-Aussagen
In Thüringen wird AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke dafür kritisiert, dass er Unternehmen, die sich politisch gegen die AfD äußern, wirtschaftliche Schwierigkeiten wünscht. Die Familienunternehmer sehen darin einen Angriff auf die Meinungsfreiheit und betrachten die Äußerungen als wirtschaftsfeindlich.
Sie betonen, dass die wirtschaftlichen Turbulenzen, die Höcke diesen Unternehmen wünscht, auch die Beschäftigten hart treffen würden. Die Landesvorsitzende der Thüringer Familienunternehmer wird deutlich:
Die Wirtschaft im Osten Deutschlands erholt sich schneller von der Krise als im Westen. Grund dafür sind auch Großinvestitionen und die gestiegene Kaufkraft durch Lohnerhöhungen.03.07.2024 | 2:43 min
Migration als Chance für ostdeutsche Wirtschaft
AfD-Politiker fordern einen Zuwanderungsstopp. Die Familienunternehmer mahnen: Die Partei verschärfe die Situation um die drohende Abwanderung von Arbeitskräften. Thüringen werde in den nächsten zehn Jahren über 385.000 Erwerbstätige verlieren, sagt Boos-John.
Dabei ist Migration eine Überlebenschance für die ostdeutsche Wirtschaft: Der Anteil der ausländischen Beschäftigten an der Bruttowertschöpfung in den ostdeutschen Bundesländern im Jahr 2023 entspricht einem wirtschaftlichen Beitrag von 24,6 Milliarden Euro. Die Zahl des IW unterstreicht die Bedeutung der Zuwanderung.
Ob in Arztpraxen oder in der Gastronomie, der Fachkräftemangel belastet Verbraucher und Wirtschaft. Es fehlt an Nachwuchs. Die Parteien in Thüringen haben dazu kurz vor der Landtagswahl unterschiedliche Positionen.09.07.2024 | 1:52 min
IW-Experte: Populisten wie AfD schüren Ängste
In Sachsen und Thüringen hat sich die Wirtschaft in den letzten Jahren besser entwickelt als im Bundesschnitt. Dennoch glaubt jeder fünfte Ostdeutsche, in einer abgehängten Region zu leben. Hüther erklärt, dass Populisten wie die AfD diesen Unterschied zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit ausnutzen. Sie schürten Ängste und Unsicherheit, anstatt die Fakten zu benennen, sagt er im ZDF-Interview.
Das schaffe keine Grundlage für den öffentlichen Austausch, der in Zeiten multipler Krisen essentiell sei.
Am 1. September wird in Sachsen und Thüringen gewählt. In Sachsen liegt die CDU vor der AfD, während in Thüringen die AfD vorne liegt. Das zeigt das aktuelle Politbarometer Extra.09.08.2024 | 1:22 min
Innenpolitische Probleme, die Frage, wie der Westen in einer Welt mit weniger globalem Handel bestehen kann, und die grüne Transformation: Auf all diese Herausforderungen hätten Populisten keine Antworten. Boos-John befürchtet Schlimmes:
Thüringen vereint ländliche Regionen und moderne Städte. Vieles hat sich seit der Wende verändert. Hier sind einige Eckdaten zur Bevölkerung und zur wirtschaftlichen Situation. 21.08.2024 | 0:57 min
Widerstand gegen Ausbau erneuerbarer Energien
Ein weiteres Beispiel für die offenbar gefährliche Politik der AfD ist der Widerstand gegen den Ausbau erneuerbarer Energien. Dabei sorgten gerade diese für günstige und zukunftssichere Energie, ist Hüther überzeugt.
Die grüne Transformation in Ostdeutschland begünstige auch die Standortentscheidung für innovative Unternehmen wie Tesla oder die Chip-Produzenten Intel oder TSMC. Der Erfolg der deutschen Energiewende werde maßgeblich im Osten mitentschieden, sagt Hüther.
Familienunternehmerin: "Gegen den Mittelstand"
Die AfD-Wirtschaftspolitik sei im Wesentlichen gegen die Interessen der Familienunternehmen und des Mittelstands gerichtet, erklärt Boos-John. Der IW-Chef fordert die Parteien der Mitte auf, die Erfolge der Wirtschaft nicht kleinzureden. "Offenheit gegenüber anderen Kulturen und neuen Technologien ist der Schlüssel zum Erfolg", so Hüther.
Welche Auswirkungen könnte die Wirtschaftspolitik der AfD auf Fachkräftezuwanderung, Löhne und die Transformationsbemühungen im Osten haben? Experten geben Antworten.